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So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

Titel: So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohsin Hamid
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Versicherungsmaßnahme, sollte seine Anstellung ein jähes Ende nehmen. Doch harte Zeiten stehen bevor, die Lebensfähigkeit deines Unternehmens selbst steht auf dem Spiel, und obwohl gut bezahlt, hat dein Stellvertreter zu wenig angespart, hat eher wie ein Besitzer als ein Geschäftsführer gelebt, und jetzt könnte es seine letzte Chance sein, ein bedeutsameres Stück vom Kuchen abzubekommen. Der Aufkauf einer anderen Firma bietet ihm die Aussicht, eine erkleckliche Provision einzustreichen, einen inoffiziellen goldenen Fallschirm, der ihm seines Erachtens nach sehr wohl zusteht.
    Am Abend fährst du dann allein nach Hause, im Fond deiner Limousine hinter dem uniformierten Fahrer und einem Leibwächter, der ein Sturmgewehr aufrecht an den Körper gedrückt hält. An jeder Ampel klammern sich Leute flehend an dein Fenster, Bettler, einer armlos, einer zahnlos, einer ein Hermaphrodit mit weiß gepudertem Gesicht und herabgezogenen Mundwinkeln, lächelnd. Du siehst, wie ein Mann auf einem Motorrad, auf dem auch seine Frau und seine Kinder sitzen, an der Ampel den Motor abstellt. Aus vierzehn Lautsprechern und vier Subwoofern säuselt das Radio einen Bericht über eine Serie von Bombenanschlägen auf einem belebten Markt an der Küste. Du fluchst resigniert. Wenn als Protest nun Krawalle ausbrechen, könnte die Lieferung für dich im Hafen festliegen.
    Während der folgenden Monate wird dein Unternehmen quantifiziert, digitalisiert und in ein globales Finanznetzwerk gezwängt, deine Aktivitäten werden nahezu ohne Aufsehen in einem kollektiven mathematischen Pool aus ständig wechselnden gegenwärtigen und zukünftigen Cashflows eingegliedert. Ein Bankenkonsortium wird gebildet, Zusicherungen werden geleistet, Bürogebäude, Lastwagen, Ausrüstung und selbst dein Privatanwesen als zusätzliche Sicherheiten herangezogen, eine Kriegskasse für Ankäufe wird elektronisch gefüllt, ein Zielobjekt ausgemacht und die Grundmodalitäten seiner Kapitulation ausgehandelt. Der beabsichtigte Deal ist hochpreisig, aber nicht exorbitant und bietet eine reelle Chance auf Erfolg.
    Und so hätte es sein Bewenden haben können, hätte nicht das Schicksal oder eben der Erzählverlauf in Form einer koronaren Herzkrankheit eingegriffen. Du willst gerade einschlafen, als der Schmerz einsetzt, leicht, eine Taubheit, die den Arm hinabkriecht. Du schaltest die Lampe an und setzt dich auf. Und da knallt ein unsichtbarer Eisenträger gegen deine Brust, zerschmettert sie bestimmt, und du musst die Augen schließen. Du kannst nicht atmen. Der Druck ist unerträglich. Doch er lässt nach, und danach bist du schwach, und dir ist irgendwie übel, trotz der Kühle schwitzen deine dürren Gliedmaßen in dem dünnen Baumwollschlafanzug. Du schlägst die Augen auf. Dein Brustkorb ist unversehrt. Du öffnest einen Knopf und streichst dir mit den Fingern über die Rippen, die Nägel sind zu lang und etwas schmutzig, die Haare dort weiß und kraus. Eine Wunde ist nicht zu sehen, doch der Mann, den du berührst, wirkt zerbrechlich. Am Morgen, du bist noch immer wach, gehst du zu deinem Arzt.
    Die Klinik ist groß und überfüllt, dank karitativer Spenden, auch von dir, können viele bettelarme Patienten aufgenommen werden. Eine Frau aus einem Dorf liegt auf einer Bank, sie ist auf der Schwelle des Todes, ihr wirrer Blick erinnert dich an deine Mutter. Du kannst nicht mehr allein gehen und stützt dich daher auf deinen Fahrer. Du stolperst, und peinlicherweise hebt er dich vom Boden auf, mit Leichtigkeit, als wärst du ein Kind oder eine jugendliche Braut. Du sagst ihm, er soll dich auf einen Rollstuhl setzen. Deine Stimme ist heiser, und du musst dich wiederholen. Ein Mann wischt mit einem verdreckten Mopp eine lange Flüssigkeitsspur auf, offenbar Urin, und sagt den Leuten, zumeist fruchtlos, sie sollen nicht hineintreten.
    Dein Arzt ist aus seinem Behandlungszimmer herausgekommen, um dich zu begrüßen, eine nie da gewesene Ehre. Er lächelt wie üblich, verzichtet aber darauf, dir wie sonst mit dem Finger zu drohen, als wärst du unartig gewesen, und sagt stattdessen munter: »Wir gehen gleich auf die Intensivstation.« Er fährt dich eigenhändig hinein und sagt deinem Fahrer, er dürfe nicht mitkommen, solle sich aber am Eingang bereithalten, da er gebraucht werden könnte.
    Du hast Glück, dass dein zweiter Herzinfarkt auf der Intensivstation passiert. Als du wieder aufwachst, bist du zu einer Art Cyborg geworden, halb Mensch, halb Maschine. Elektroden

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