So zärtlich war das Ruhrgebiet
einer kurzen Szene konnte man ganz kurz ihre
nackten, kleinen Brüste sehen.
„Immer dieser Schweinkram!“,
sagte Mama. „Dass die sich immer alle nackend machen müssen. Überall geht es
immer nur um Sex, Sex, Sex!“, und sie sprach das Wort Sex so aus wie die Zahl 6.
Womit sie allerdings gar nicht mal so Unrecht hatte: Nackte Busen waren im
Fernsehen sehr häufig zu sehen, zum Beispiel der von Ingrid Steeger in der
Sendung „Klimbim“ – aufregende Momente, die mich abwechselnd in Verwirrung und
Verzweiflung stürzten, genauso wie der Anblick von Frau Bohmann, unserer neuen
Englischlehrerin, deren Blusen immer so weit aufgeknöpft waren, dass wir
Schüler ihren Brustansatz sahen. Im Unterricht ließ sie uns englische Liedtexte
ins Deutsche übersetzen, „Father and Son“ von Cat Stevens und „The Boxer“ von
Simon & Garfunkel. Als Volker Kind vorschlug, auch einmal „Whole Lotta
Love“ von Led Zeppelin zu übersetzen, reagierte sie sehr aufgebracht und trug
ihm einen Tadel ein. Erst sehr viel später begriff ich, warum.
Viel nackte Haut gab es auch
immer in französischen Spielfilmen und in der Show von Benny Hill zu sehen.
Der Bruder von Michael Springer lag immer nur in seinem
abgedunkelten Zimmer, in dem es seltsam roch und wo in der Lampenfassung eine
rote Glühbirne steckte. Er war bereits siebzehn und hörte Musik von Gruppen,
bei denen man schon an den Plattenhüllen sah, dass kein normaler Mensch so
etwas hörte. Die Namen dieser Bands lauteten Nektar, Gentle Giant oder Rufus.
War Michaels Bruder nicht da, schlichen wir uns manchmal in sein Zimmer und
rauchten seine kleinen selbstgedrehten Zigaretten, die er in einer kleinen
Kiste unterm Bett versteckte. Von diesen Zigaretten wurde uns immer ganz
komisch. Wir grinsten dumm herum, es ließ sich nicht abstellen, und kicherten
ununterbrochen, weil plötzlich alles irgendwie sehr witzig war. Auch die
Platten von Michaels Bruder hörten sich dann besser an.
Mit den Naturfreunden fuhren Michael Schulz, Guido
Niebecker und ich in ein Naturfreundehaus in einem Bochumer Vorort. Es lag direkt
an einem kleinen Wald und verfügte über einen großen Saal, in dem abends
Spieleabende stattfanden oder Filme gezeigt wurden: „Nordsee ist Mordsee“ oder
„Die Legende von Paul und Paula“. Das war ein Film aus der DDR, in dem es eine
lange Sexszene gab. Jungen und Mädchen – alle waren wir peinlich berührt.
Tagsüber stromerten wir durch den Wald und
rauchten. Ich hatte noch Zigaretten von Michael Springers Bruder dabei, und
Harry, unser Betreuer mit der unglaublich schief im Gesicht stehenden Nase, gab
mir für jede, die ich noch übrig hatte, zwei Mark.
Harry hörte die seltsamste Musik überhaupt, Musik von
Chick Corea, Frank Zappa, Ougenweide und Floh de Cologne. Letztere hatten einen
Song, der „Bravo-Schicksalsstory“ hieß. In dem gab es die Zeile „… und wie man
seinem Mann verheimlicht, dass man seine Tage hat“. Harry sagte mir, dass die
Band in zwei Wochen in Lünen-Brambauer auftreten werde und lud mich ein, ihn zu
begleiten. Den Eintritt zahle er, ich müsse ihm bloß noch mal welche von den
selbstgedrehten Zigaretten mitbringen.
Das Konzert von Floh de Cologne wurde von der DKP
organisiert – das waren Kommunisten, die Deutschland abschaffen wollten. Alle
sollten dasselbe besitzen, niemand mehr reich oder arm sein. Es sollte keine
Kriege mehr geben und auch keine Diktatoren.
Als wir den Kinosaal, in dem die
Veranstaltung stattfand, betraten, merkte ich auf. Noch nie hatte ich so viele
Männer mit so langen Bärten und Haaren auf einmal gesehen! Auch ein Sänger
namens Hannes Wader trat an diesem Abend auf und sang ein sehr, sehr langes
Lied, das „Der Tankerkönig“ hieß und ziemlich komisch war. Wenn ich groß wäre,
würde ich auch Kommunist! Die hatten wirklich gute Musik.
Einige Deutschrock-Bands
(inkl. Schweiz, Österreich & DDR)
A gitation
Free, Atlantis, Amon Düül, Amon Düül 2, Ash Ra Tempel, Asterix, Andromeda,
Arktis, Aignes Vives, Ainigma, Aqua, Al Capone, Air, Action, Altona, Aera,
Abacus, A.R. & Machines, Andorra, Aquarell, Annexus Quam, Association PC,
Anabis, B irth Control, Blackwater Park, Brainstorm, Brainticket,
Bullfrog, Baba Yaga, Baumstam, Babylon, Between, Blackmann Lane, Breakfast,
Brave New World, Bröselmaschine, Buttergasse, Blister Chap, Bridge, Berluc,
Blonker, Brühwarm, Bernies Autobahn Band, C an, Cluster, City Preachers,
Curly Curve, City,
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