Social Netlove
Phantom Jamie Baker verlor.
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Betreff: Serious words?
18. April um 11:49
Meinst du das ernst? Dass mich dein Leben eigentlich gar nicht interessiert?
Betreff: …
18. April um 12:04
Hätte ich es sonst geschrieben?!
Betreff: AW: …
18. April um 12:25
Marie, natürlich interessierst du mich. Und zwar mehr als gut für mich wäre. Wieso um Himmels Willen glaubst du denn plötzlich, ich würde dir nicht vertrauen?
Ich starrte auf Jamies Worte und ließ meine Finger zögernd über der Tastatur schweben. Was sollte das denn heißen, er interessierte sich mehr für mich als gut für ihn wäre? Was war dann mit dieser Miss Moonflower, die am Wochenende ihr privates Fotoshooting mit ihm veranstaltet hatte?
Betreff: Klartext
18. April um 12:41
1. Wieso erzählst du mir nie von dem, was du gerade tust? Du sagst, du ‚arbeitest‘ viel, doch was sich dahinter verbirgt, behältst du für dich. Warum? Findest du es nicht traurig, dass ich mich von all deinen Nachrichten nur an eine erinnere, in der du dich wirklich geöffnet hast? Und zwar, als du von den Dingen geredet hast, die dein Leben bereichern.
2. Du schaffst es immer, das Gespräch auf mich zu lenken. Es ist okay, wenn du nicht über deine Vergangenheit reden willst, aber ich spiele nicht deine Alleinunterhalterin, an der du dich als Therapeut versuchen kannst.
Ich möchte mich hier nicht in einer einseitigen Sache verlieren. Bisher hatte ich den Eindruck, dass du mir gut tun würdest und dass wir uns auf einer Wellenlänge befänden. Aber erinnere dich an das, was du selbst gesagt hast: Ich habe lieber wenige Freunde, dafür aber auch richtige.
Marie
Betreff: AW: Klartext
18. April um 13:09
Gegenfrage: Wieso ist es wichtig für dich, was ich beruflich mache? Wen siehst DU denn in mir? Den herumhampelnden Mädchenschwarm von vor zehn Jahren, der offenbar noch immer so präsent ist, dass sich eine intelligente, hübsche Frau auf sein Profil verirrt und sich denkt: ‚Hey, ich habe ja nichts zu verlieren, es wäre doch witzig, wenn ich Jamie Baker einfach mal schreiben würde‘?
Mir ist längst klar, dass ich die wohltuenden E-Mail-Gespräche mit dir nur dem Umstand zu verdanken habe, dass Jamie Baker irgendwann einmal ein Teenie-Idol war, dem kreischende Mädchen plüschige Teddys und ihr Herz vermacht hatten. Frauen kann man anscheinend leicht beeindrucken, sofern man während theatralischer Choreografien wie ein ferngesteuerter Idiot auf einer Bühne herumhampelt, bis oben zugedröhnt mit Stimmungsaufhellern, weil man ohne sie sein konstruiertes Leben nicht mehr ertragen könnte, und Luftküsse und ein schmalziges Lächeln verteilt. Doch die Karriere ist wie ein Vampir, sie saugt sich fest und trinkt sämtliches Leben aus einem Menschen heraus, bis er nur noch eine Hülle ist, dirigiert vom Dämon namens Selbstüberschätzung. Den Jamie Baker von damals gibt es nicht mehr, Marie.
Ich wollte dich nie ‚therapieren‘. Ich wollte dir nur zuhören – so wie Freunde das eben machen. Aber auch wenn ich dir vertraue, gibt es etwas, was ich dir nicht erzählen kann – nicht jetzt. Ich bitte dich, das nicht zu hinterfragen oder auf dich zu beziehen. Wenn ich dir sage, dass ich viel arbeite, dann stimmt das. Aber bitte zwing mich nicht dazu, das alles augenblicklich vor dir auszubreiten. Ich erzähle es dir noch – und dann löse ich mein Jammerguthaben ein, versprochen!
Was mein Privatleben angeht: Ja, ich habe mich mit Details zurückgehalten. Aber nur, weil ich nicht weiß, wie ich damit umgehen soll, dass mich jede Nachricht von dir ein wenig mehr verwirrt. Du bist mir so nah und trotzdem so weit weg. Als ich vor ein paar Wochen das erste Mal dein Foto angesehen habe, wusste ich, dass ich dich kennenlernen muss. Du hattest etwas an dir, das mich sofort für dich eingenommen hat. So etwas habe ich noch niemals erlebt und ich hätte wissen müssen, dass diese Sache keinen guten Verlauf nehmen würde. Ich habe die Befürchtung, dass ich immer stärker den Bezug zur Realität verliere, je mehr ich dir von mir erzähle. Zu meinem Leben, das offline stattfindet, verstehst du? Ich konnte dieser ganzen Internet-Schreiberei nie etwas abgewinnen und doch stecke ich nun selbst ganz tief drin.
Take care,
J.
P.S. Miss Moonflower ist seit meiner Kindheit meine beste Freundin und ihr Name ist Julie. Kein Grund zur Eifersucht!
Betreff: AW: AW: Klartext
18. April um 13:22
Lieber Jamie,
du hast recht: Natürlich habe ich – wie vermutlich auch viele Fans,
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