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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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die Priester auf? Sie geben all diese unsinnigen Befehle und religiösen Vorschriften? Sie haben diesen Krieg entfesselt?«
    »Ja...«
    »Arliss«, flüsterte Jarlon erstickt. »Arliss mußte sterben, damit sich diese Fremden daran ergötzen konnten.« Und dann schrie er plötzlich: »Das ist doch nicht möglich! Sie sind Teufel! Sie sind Bestien! Begreift ihr das nicht? Begreift ihr nicht...«
    Er war von dem Felsen heruntergeglitten, Tränen der hilflosen Wut in den Augen. Charru sprang rasch auf und legte den Arm um seine Schulter.
    »Ruhig, Jarlon! Sie sind Teufel, wir wissen es. Aber wir dürfen jetzt nicht den Kopf verlieren. Nimm dich zusammen.«
    »Ich... Es tut mir leid...«
    »Schon gut! Camelo, übernimm die Wache! Wir müssen uns entscheiden. Es gibt einen Weg, aber ich weiß nicht, ob wir ihn gehen sollen.«
    »Nenne ihn!« knurrte Karstein. »Und dann möchte ich den sehen, der mich hindert, ihn zu gehen. Nenne ihn!«
    Charru nickte nur und setzte sich wieder. Seine Worte fielen in tiefe, atemlose Stille.
    »Es ist der einzige Weg, den es jetzt noch gibt, und er wird sich heute nacht öffnen. Das Tor der Götter...«
    *
    Durch die getönte Glaskuppel des Parlaments fiel Sonnenlicht.
    Die Tage auf dem Mars waren heiß, doch die Feldsteuerungen der neuzeitlichen Klimaanlagen hielten die Temperatur nicht nur in den Häusern, sondern auch auf allen Straßen innerhalb der Städte auf konstanten neunzehn Grad Celsius. Die Mitglieder des Rats der Vereinigten Planeten trugen aus Tradition die Kleidung ihrer jeweiligen Heimat: venusische Tuniken, die eng anliegenden silbernen Anzüge des Mars, die violetten des Jupiter, die verblüffenden irisierenden Gewänder des fernen Uranus, die man hier nur höchst selten zu sehen bekam. Gemeinsam war den Delegationen sonst nur die Haltung kühler, gelassener Würde. Es gab keine politischen Streitigkeiten. Die Politik der neuen Menschheit war die der Vernunft - und damit eine Politik, die sich auf die gesicherten Erkenntnisse der Wissenschaft stürzte.
    Jetzt allerdings verrieten die Gesichter eine gewisse Bestürzung. Conal Nord stützte die Hände auf das weiß schimmernde Rednerpult und lächelte.
    »Drittens«, sagte er laut und deutlich, »drittens ist das Problem auch noch unter dem Aspekt der Friedensforschung zu betrachten...«
    Sein Blick glitt über die Zuhörer. Mit »erstens« und »zweitens«, nämlich dem Aspekt der politischen Effektivität und dem Aspekt der Moral, hatte er sie schon hinreichend in Verwirrung gesetzt. Sie waren nicht daran gewöhnt, daß sich jemand anmaßte, wissenschaftliche Probleme schärfer zu sehen als die Wissenschaftler.
    Conal Nord war es selbst nicht gewohnt. Er war nicht einmal völlig sicher, ob er seine Befugnisse als Generalgouverneur und damit stellvertretender Präsident auf der Venus nicht bereits überschritten hatte.
    »Die Friedensforschung«, fuhr er fort, »hat sich von Anfang an ausschließlich auf das Studium der Welt unter dem Mondstein konzentriert, ohne sämtliche Auswirkungen, die das Projekt haben könnte, einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Das Projekt bedeutet Krieg, verehrte Kollegen, einen Krieg, der de facto von der marsianischen Wissenschaft ausgelöst wird. Ich frage hier nicht nach unserem moralischen Recht, das Projekt zu unterhalten. Ich frage nach seinen möglichen Auswirkungen. Wir dulden einen höchst realen und, das dürfen Sie mir glauben, recht blutigen Krieg mitten in Kadnos. Wir dulden ihn, weil er uns nicht berührt, aber er könnte sehr leicht zum gefährlichen Saatkorn werden. Morgen werden wir ihn vielleicht auf einem anderen, hinreichend fernen Planeten dulden. Übermorgen in unseren anderen Reihen...«
    Jemand sprang auf. Aber er setzte sich wieder, als Simon Jessardin eine beschwichtigende Geste machte. Conal Nord atmete tief.
    »Ich behaupte nicht, daß es so kommen wird. Ich behaupte nur, daß sich die Friedensforschung sehr gründlich mit dieser Frage befassen sollte. Und aus allen diesen Gründen möchte ich das Projekt Mondstein für die Venus nicht befürworten, ohne das Ergebnis zusätzlicher wissenschaftlicher Untersuchungen abzuwarten.«
    Er verbeugte sich.
    Der kurze, höfliche Beifall verlor sich unter der Glaskuppel. Der Rat ging ungewohnt schnell auseinander aber dafür würden in den nächsten Stunden wohl einige Ausschüsse tagen und protestierende - selbstverständlich maßvoll protestierende - Resolutionen der Wissenschaftler verfaßt werden.
    Conal Nord wischte

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