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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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würden, in der die Barbaren ihre Geisel freigaben. Nord atmete tief durch. Er verstand sich selbst nicht. Vielleicht war es nur die Erschöpfung, die dieses Gewirr unklarer Gefühle auslöste. Aber Gefühle waren gefährliche Schwächen, der Mensch hatte die Pflicht, sich nach den Erfordernissen der Vernunft zu richten, dem einzigen Mittel gegen das Chaos, das schon einmal den Untergang eines Planeten heraufbeschworen hatte.
    »Sie denken an Ihren Bruder, nicht wahr?« fragte der Präsident unvermittelt.
    Nord fuhr zusammen.
    Er hatte nicht damit gerechnet, daß sich noch jemand an die alte Geschichte erinnerte. Aber vermutlich gab es im ganzen System der Vereinigten Planeten nichts, über das Simon Jessardin nicht genau informiert gewesen wäre. Das Gesicht unter dem kurz geschnittenen Silberhaar wirkte angespannt. Sein Blick verriet, daß er nicht sicher war, ob er nicht zu weit ging. Conal Nord lächelte matt.
    »Sie haben recht«, sagte er. »Charru von Mornag erinnert mich an meinen Bruder. Sie hätten sich auf Anhieb verstanden. Aber das ist vorbei.«
    »Zwanzig Jahre, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Die Möglichkeit einer Begnadigung... «
    Nord schüttelte den Kopf.
    »Ich wünsche keine Privilegien für meine Familie, Präsident«, sagte er entschieden. »Wir unterliegen alle dem gleichen Gesetz. Oder glauben Sie, daß der Justizausschuß des Rats seine Zustimmung dazu geben würde, alle ehemaligen Merkur-Siedler wieder auf die Vereinigten Planeten loszulassen?«
    »Natürlich nicht. Es war ein Denkfehler meinerseits, ich hoffte, die Dinge ein wenig entwirren zu können. Der Vergleich liegt so nahe: Dieser Barbarenhäuptling mit dem Schwert als einziger Waffe - und Mark mit seinen Siedlern, die ein paar lächerliche Schock-Strahler gegen die halbe marsianische Raumflotte in Stellung brachten... Verzeihen Sie! Ich wollte Sie nicht verletzen.«
    Conal Nord zuckte die Achseln.
    Seit ein paar Minuten irrte sein Blick immer wieder zu den Kontroll-Leuchten der Kommunikatoren ab. Er fragte sich, ob Simon Jessardin tatsächlich bereit gewesen wäre, aus persönlicher Freundschaft das unantastbare Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz zu verletzen.
    Aber nein, dachte er. Es ging gar nicht um Freundschaft. Für den Präsidenten der Vereinigten Planeten ging es um die Lösung eines rein sachlichen Problems. Der Rat traf seine Entscheidungen fast immer einstimmig und in striktem Konsens mit den Vertretern der einzelnen Planeten. Jetzt hatte sich der Generalgouverneur der Venus aus Gründen, die niemand recht begriff, vor dem Parlament gegen die geplante Ausweitung des Projekts Mondstein ausgesprochen. Simon Jessardin hatte versucht, seine Motive zu verstehen und den Konflikt auszuräumen. Wenn es dazu nötig war, seinen persönlichen Einfluß für die Begnadigung eines Gefangenen einzusetzen, würde er es tun. Nicht aus Freundschaft, sondern aus der Erkenntnis, daß die Einigkeit des Rats gewahrt bleiben mußte. So einfach war das.
    »Ich bin es, der sich zu entschuldigen hat«, sagte Nord ausdruckslos. »Die Ereignisse haben mich etwas verwirrt, scheint mir. Wenn es Sie beruhigt: Ich billige Ihre Entscheidung.«
    »Das freut mich zu hören...«
    Jessardin unterbrach sich, weil die rote Lampe des Kommunikators blinkte.
    Ein Druck auf die Sensortaste schaltete den Monitor ein. Auf dem Bildschirm erschien das blasse, nichtssagende Gesicht von Jom Kirrands Stellvertreter.
    »Nachrichten, Lane?« fragte Jessardin knapp.
    »Verzeihen Sie die Störung, mein Präsident. Es gibt Schwierigkeiten. Die Flottille hat das Objekt noch im Bereich Kadnos Umland aufgespürt.«
    »Das ging ja schnell. Und wo liegen die Schwierigkeiten?«
    »Die Flottille hat den Landeplatz in zu großer Entfernung gewählt. Das Gelände ist dort etwas unübersichtlich. Offenbar versuchen die Barbaren, von der Ostseite her in die Liquidations-Zentrale einzudringen.«
    »Das Haus des Schlafs?« Jessardins Brauen zogen sich zusammen.
    »Ja, Präsident. Die Lage ist ziemlich verworren. Im Augenblick weiß ich nur, daß ein Gefangener gemacht wurde.«
    »Lassen Sie ihn in die Klinik bringen. Falls die Terraner tatsächlich ins LZ Gebäude eindringen sollten, brauchen Sie nichts weiter zu unternehmen. Das heißt, doch! Lassen Sie die Ausgänge bewachen, bis Sie gegenteilige Anweisungen bekommen.«
    »Sehr wohl, Präsident.«
    Das Bild auf dem Monitor erlosch.
    Simon Jessardin lehnte sich zurück. In dem hageren Gesicht unter dem silbernen Haar regte sich kein

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