Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
Vom Netzwerk:
knapp.
    »Ja. Da unten wimmelt es von Wächtern. Wir müssen es auf der anderen Seite versuchen.«
    Wieder hasteten sie durch den Gang.
    Nichts hatte sich verändert. Stumm und erschöpft warteten die anderen und starrten zu den schmalen Luken hinauf, hinter denen sich jeden Augenblick tödliche Waffen zeigen konnten. Noch war alles ruhig - als hielten die Jäger eine weitere Verfolgung für überflüssig. Charru begriff den Grund nicht, und er hielt sich nicht damit auf, darüber nachzudenken.
    An der Nordseite des Flurs zweigten mehrere kahle, von Lichtgittern erhellte Gänge ab.
    Sie nahmen den ersten - froh, aus dem Bereich der Fenster herauszukommen. Der glatte, schimmernde Boden dämpfte ihre Schritte. Wände glitten vor ihnen auseinander, Türen führten in weitere Flure, in Räume voller rätselhafter Stellagen und Geräte, einmal in einen Trakt kleiner, leerer Zimmer, die bei aller Fremdartigkeit als Wohnräume zu erkennen waren. Hier leuchteten Wände, Decken und Fußböden weiß, hatte die Umgebung wieder jenen sanften, beruhigenden Glanz, der die ganze Stadt Kadnos erfüllte. Charru blieb auf dem Verbindungsgang stehen, wandte sich um und löste rein zufällig einen Kontakt aus, der neben ihm die beiden Hälften einer Tür auseinander gleiten ließ.
    Wieder ein Flur.
    Breiter diesmal, grau, schmucklos. Er führte eindeutig geradeaus, aber alle paar Schritte öffneten sich lautlos Türen. Ein System, das Charru vage an die Schleusen erinnerte, mit denen sie unter dem Mondstein experimentiert hatten, um die Bewässerung zu verbessern. Aber hier gab es kein Wasser. Nur Luft. Charrus Blick tastete über die kleinen quadratischen Gitter in den Wänden, doch die fadendünne Gedankenverbindung, der er nachspürte, führte zu keinem Ergebnis.
    Der Gang endete in einem größeren, völlig kahlen Raum, von dem links und rechts zwei Flure abzweigten.
    Charru blieb stehen. Er hatte mehr und mehr den Eindruck, sich in einem gespenstischen Labyrinth zu verstricken. Es war sinnlos, blindlings weiterzuirren. Er zögerte sekundenlang, dachte an das unsichtbare Netz, das sich vielleicht schon um sie zusammenzog. Aber dem konnten sie so oder so nicht entrinnen, wenn sie sich nichts einfallen ließen.
    »Wir müssen einen Ausgang finden, bevor sie uns einkreisen«, sagte er hart. »Ich schlage vor, wir teilen uns. Zwei Gruppen versuchen es in beiden Richtungen, der Rest bleibt hier.«
    »Gut«, nickte Gerinth. »Werdet ihr zurückfinden?«
    »Wir müssen. Gillon, du führst die eine Gruppe. Wen nimmst du mit?«
    »Kormak.« Er zögerte kurz. »Und Shaara.«
    Ein schmales schwarzhaariges Mädchen trat aus dem Kreis der Frauen. Sie hatte eine Brandwunde an der Schulter, und ihr glattes, in der Taille gegürtetes Gewand war versengt.
    »Ich finde jeden Weg mit geschlossenen Augen«, erklärte sie ruhig. »Es ist einfach eine Gabe so wie die Haarfarbe.«
    Charru lächelte ihr zu. »Also gut. Ihr nehmt den Flur zur Rechten. Karstein und Camelo kommen mit mir.«
    Niemand erhob Einwände.
    Gerinth hatte Atem geholt, um zu sagen, daß Charru nicht selbst gehen dürfe, doch auch der alte Mann schwieg. Er wußte, daß es keinen Sinn hatte. Charru war Erlends Sohn, das Königsgeschlecht der Mornag brachte immer wieder die gleiche Art von Männern hervor. Auch Erlend hatte sich nicht hindern lassen, während des Dürrekriegs den Angriff auf die Große Mauer selbst anzuführen. Und Jarlon war vom gleichen Schlag, er mußte nur noch die hitzköpfige Ungeduld der Jugend ablegen.
    Stumm sah der weißhaarige Alte den beiden Gruppen nach, die in den offenen Fluren verschwanden.
    Ein paar von den Verletzten ließen sich erschöpft zu Boden sinken Die meisten Frauen blieben stehen. Nicht wenige unter ihnen trugen noch die Waffen, mit denen sie in der Königshalle von Mornag schon gegen die Priesterkrieger gekämpft hatten. Tanit wiegte ihr Baby im Arm, Katalin von Thorn hielt ein kleines Mädchen aus der Tempelstadt an der Hand, das seine Familie verloren hatte. Fünf, sechs größere Kinder bildeten etwas abseits einen Kreis, steckten die Köpfe zusammen und berieten flüsternd über die Ereignisse, deren Schrecken sie erstaunlich schnell überwunden hatten.
    Die Kinder der Tiefland-Stämme waren an Schrecknisse gewöhnt. Und sie waren empfänglich für die Wunder einer neuen Welt, sie vergaßen die Furcht über das Staunen. Nur die Älteren, Jungen und Mädchen an der Schwelle des Erwachsenwerdens, hatten die Gefahr begriffen. Shaaras

Weitere Kostenlose Bücher