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Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Titel: Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Die Bezeichnungen auf den Schildern waren unverständlich, nur Zahlen- und Buchstaben-Kombinationen. Aber der Inhalt der Behältnisse ließ sich wenigstens teilweise erkennen.
    Zerkleinertes Gemüse, leuchtendes Obst, verschiedenfarbige Getränke - und fertig zubereitete Fleischstücke. Sie sahen einladend aus, weckten die Erinnerung an Abende am Feuer, zischend in die Glut tropfendes Fett, den aromatischen Duft von wilden Kräutern. Charru lächelte, als er Shaara tief aufseufzen hörte. Hinter ihm schnalzte Karstein leise mit der Zunge. Er haßte die faden Konzentrat-Würfel wie die Pest. Aber er wußte natürlich, daß er keine Aussicht hatte, seine Zähne in absehbarer Zeit wieder in ein saftiges Fleischstück zu schlagen. Was sie tragen konnten, würde gerade genug für die Schwachen und Kranken sein, vielleicht selbst für die zu wenig.
    Schweigend machten sie sich daran, Fleischpackungen in die aus Lederschnüren geflochtenen Netze zu verstauen, bemühten sich dabei, keine allzu auffälligen Lücken zu reißen. Sie beeilten sich. Jetzt, da sie es fast geschafft hatten, trieb die Furcht vor der Entdeckung sie an. Sie konnten sich wehren; nicht umsonst hatten sie eine der Strahlenwaffen mitgenommen. Aber wenn es hier zu einem Kampf kam, würde die Treibjagd wieder beginnen, und sie wußten nur zu gut, daß sie dann mit all den Kranken kaum eine Chance hatten.
    »Fertig«, brummte Kormak.
    Charru atmete auf - und im selben Augenblick hörte er das leise Surren, mit dem irgendwo hinter ihm eine Tür auseinanderglitt.
    Er fuhr herum.
    Gleichzeitig drang ein gedämpftes Klicken an sein Ohr. Ringsum flammten die Leuchtwände auf, und im kühlen indirekten Licht sah Charru eine schlanke Gestalt, die vor der zurückgleitenden Tür stand.
    Ein Mädchen!
    Jung, groß für eine Marsianerin, mit einer knappen Tunika in der mattroten Farbe der Universität bekleidet. Ihr Haar war kurz geschnitten und schmiegte sich wie ein glänzender goldfarbener Helm um den Kopf. In dem hellen, schönen Gesicht dominierten geschwungene Lippen, hohe Wangenknochen, braune, mit winzigen grünlichen Sprenkeln getupfte Augen. Und in diesen Augen lag keine Angst, sondern eine Mischung aus hellwacher Spannung, Neugier und Überraschung.
    Für ein paar Sekunden blieb es so still, daß man ein Sandkorn fallen gehört hätte.
    Das Mädchen legte den Kopf schräg. Ihre Augen wanderten von einem zum anderen.
    »Die Mondstein-Barbaren«, sagte sie langsam. »In voller Lebensgröße! Und das in der vorletzten Stunde meiner letzten Arbeitsschicht!«
    »Sie kennen uns also?«
    »Aber ja! Ich habe an der Universität einen Film über euren sogenannten Dürrekrieg gesehen. Sehr interessant!«
    Charru hob die Brauen.
    Der Zorn, der ihn wie ein Blitzstrahl durchzuckte, überraschte ihn selbst. Einen Augenblick vergaß er fast, daß jetzt nur die Tatsache ihrer Entdeckung zählte. Er starrte das Mädchen an, und seine Stimme klang kalt und tonlos.
    »Der Dürrekrieg«, wiederholte er. »Über hundert Gefallene, ein paar Dutzend tote Kinder, zwei Jahre Hunger. Ja, sehr interessant...«
    *
    Ayno lehnte an einer der Stahlstreben, die das Schiff stützten.
    Er ignorierte die schneidende Kälte, die jetzt bald wieder von der Hitze des Tages abgelöst werden würde. Ein paarmal hatte ihn jemand angesprochen und zu überreden versucht, ins Schiff zu kommen, doch er schüttelte jedesmal nur stumm den Kopf. Sein Blick glitt von dem Feuer, über dem Indred ihren Kräutersud bereitete, zu dem zweiten, an dem sich die Priester drängten. Im ungewissen Grau der Morgendämmerung konnte er sie nur schattenhaft sehen. Ein paar von ihnen hatten sich in den Schutz eines Felsblocks zurückgezogen. Ayno wußte, daß sie irgend etwas planten.
    Er wußte es, weil er sie kannte.
    Bar Nergal würde nicht aufgeben. Aber er, Ayno, gab genausowenig auf; ihm würde nichts entgehen. Die Wachen hielten nach Robotsonden Ausschau. Die anderen hatten genug mit den Kranken zu tun. Auch Ayno fühlte sich schwach und fiebrig, obwohl er es sich nicht eingestehen wollte. Die Gestalt, die durch die grasbewachsene Senke schlich, bemerkte er fast zu spät.
    Dayel!
    Er war in der Nähe des Schiffs gewesen; jetzt lief er zurück. Ayno spannte sich. Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete er den huschenden Schatten. Sein Herzschlag beschleunigte sich, als Dayel in der Schlucht verschwand, die zu dem Höhleneingang führte.
    Charru und die anderen würden durch die Höhle zurückkommen.
    Und sie

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