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Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Titel: Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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dem Bericht der anderen kannten. Vor ihnen traten die Felswände zurück, und der Boden schien jäh ins Grundlose abzustürzen. Eine riesige Grotte öffnete sich, erfüllt vom Rieseln und Tropfen zahlloser Rinnsale. Charru machte noch einen Schritt und blickte nach unten, aber er sah sofort, daß es unmöglich war, die steil abfallende Wand hinabzuklettern.
    »Verdammt!« knirschte Karstein hinter ihm.
    »Warte ab! Da drüben geht es weiter.«
    Charru ließ die Fackel nach rechts wandern und beleuchtete die schmale Rampe, die sich um die Grotte herumzog. Im unruhig geisternden Licht zeichneten sich Spalten und schwarze Löcher ab. Was davon Schatten waren und was Gänge, die weiterführten, mußte sich zeigen.
    »Vorsicht«, sagte Charru halblaut. »Achtet darauf, wohin ihr tretet! Wer hier abstürzt, wird sich unweigerlich das Genick brechen.«
    Er bekam keine Antwort.
    Es war auch nicht nötig. Jeder, selbst Shaara, hatte seit seiner Kindheit Übung darin, zwischen Felsen herumzuklettern, oft genug in gefährlicher Nähe der Flammenwände. Charru machte den Anfang, schob sich, die Fackel in der Faust und die Felswand im Rücken, seitlich über die Rampe. Die anderen folgten ihm, stumm und konzentriert. Fünf Minuten vergingen, dann erreichten sie aufatmend einen niedrigen Gang, der tiefer in den Berg führte.
    Die Richtung stimmte noch, Shaara hatte ein untrügliches Gefühl dafür.
    Sie mußten sich bücken, einmal sogar auf Händen und Knien kriechen. Trotz der Kälte wirkte die Luft dumpf und erstickend. Charru atmete schwer. Er war der erste, der die kaum merkbare Änderung in der Atmosphäre wahrnahm.
    Ein frischer, belebender Hauch.
    Der Gang erweiterte sich wieder, wurde höher, so daß sie aufrecht gehen konnten. Der Boden stieg jetzt leicht an, und ein paar Minuten später mischte sich in das düstere Rot des Fackelscheins ein fahler Schimmer.
    Mondlicht!
    Auch Jarlon und Gerinth hatten es bemerkt. Die nebelgrauen Augen des alten Mannes wurden schmal.
    »Zwei Stunden sind wir unterwegs«, schätzte er. »Wir müßten es geschafft haben.«
    Charru nickte.
    Rasch löschte er die Fackel; Shaara tat es ihm nach. Sekundenlang wirkte die Dunkelheit dicht und undurchdringlich wie schwarzes Wasser. Dann traten die Felswände grau im einfallenden Mondlicht hervor, und auf dem Boden zeichneten sich verschlungene Schatten ab.
    Die Schatten von Dornengestrüpp, dessen Ranken den Höhlenausgang verdeckten, wie sich wenig später herausstellte.
    Charru lauschte angestrengt, dann schob er ein paar von den Zweigen zur Seite und glitt ins Freie. Ein rascher Rundblick zeigte ihm, daß weder ein Gebäude noch ein menschliches Wesen in der Nähe war. Mit dem Schwert hielt er den Rankenvorhang offen, und auch die anderen schlüpften aus der Dunkelheit der Höhle.
    Ein felsiger, von Geröll und Dornengestrüpp bewachsener Abhang lag vor ihnen. Zu ihren Füßen dehnte sich ein weites, langgestrecktes Tal im Licht der beiden Monde. Grüne, bepflanzte Flächen teilten es in regelmäßige Quadrate, erhoben sich terrassenförmig an den Hügelflanken, wurden von Bewässerungsgräben wie von einem silbrig glänzenden Gitter durchzogen. Irgendwo erklang ein fremdartiger Vogelruf. Am Ende des Tals gab es eine Gruppe von Gebäuden: weiße, schimmernde Würfel, die still und verlassen wirkten.
    Charru lächelte, als sein Blick nach Osten wanderte, wo sich über den sanften Linien der Hügel die ersten Schimmer des dämmernden Morgens zeigten.
    *
    Das Feuer konnte die Kälte der Wüstennacht nicht vertreiben.
    Die Priester fröstelten. Über ihnen dehnte sich der Himmel unendlich weit, glitzerten Miniaden von Sternen. Niemand war unter ihnen, der sich nicht in die schützende Enge der Höhle zurückwünschte. Sie hätten selbst das unheimliche Schiff der Nacht im Freien vorgezogen, aber Bar Nergal hatte seine eigenen Pläne.
    Mircea Shar, der Tempelhüter, lehnte dicht am Feuer, halb bewußtslos vor Fieber und Schwäche.
    Tief in ihm nagte Unruhe, die drängende Gewißheit, daß er sich diese Schwäche jetzt nicht erlauben konnte. Er wußte, daß Charru von Mornag und seine Gefährten einen unterirdischen Weg ins Gebiet der marsianischen Zuchtanstalten suchten. Er wußte auch, daß der Oberpriester Dayel und Zai-Caroc in die Höhle geschickt hatte. Warum? Was wollten sie jetzt noch dort? Mircea Shar ahnte es, doch der Gedanke entglitt ihm, sobald er ihn festzuhalten suchte.
    Eine Weile dämmerte er vor sich hin, dann hob er den Kopf, als

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