Söhne der Erde 08 - Sucher der Zukunft
müssen schon eine lange Geschichte hinter sich gehabt haben, bevor die beiden Monde zu ihrer Zulucht wurden. Eine uralte Kultur...Vielleicht hätte ihr Weg nicht in eine Katastrophe geführt. Obwohl sie den Erdenmenschen ähnlicher waren, als ihr es heute seid.«
Kerr antwortete nicht.
Sie hatten das Ende der Treppe erreicht. Vor ihnen öffnete sich die gigantische Halle. Der Marsianer sah sich um, und das unerklärliche Ausmaß des leeren Raums ließ ihn leicht zusammenschauern.
»Und hier existiert etwas?« fragte er leise. »Etwas, das uns in ein paar Sekunden in der Zukunft voraus ist?«
»Ja...«
Charru nickte. Er holte Atem und wollte Ktaramons Namen rufen. Doch das erwies sich schon im nächsten Moment als überflüssig.
Wieder das plötzliche Flimmern der Luft.
Kerrs Muskeln verkrampften sich, scharf pfiff der Atem über seine Lippen. Charru legte ihm die Hand auf den Arm.
»Ruhig! Es geschieht Ihnen nichts! Nur eine kurze Dunkelheit und dann eine veränderte Umgebung.«
Der Marsianer antwortete nicht.
Seine Augen flackerten. Als sich der schwarze Schleier herabsenkte, schwankte er sekundenlang und wagte nicht zu atmen.
Die dunklen Schatten verblaßten.
In dem kühlen indirekten Licht leuchteten wieder die Wände aus Silber und Kristall. Mit gleichmäßigem Pulsen flossen die fadendünnen rötlichen Lichtströme durch die gläsernen Säulen. Die Tür, hinter der sich die kleine Kabine mit dem Sitz und dem unheimlichen Helm verbarg, war geschlossen. Farbige Tasten glommen, auf den fremdartigen Instrumenten bewegten sich Zeiger und blinkende Lichtpunkte in gespenstischer Lautlosigkeit.
Helder Kerr stand wie versteinert, überwältigt vor Staunen.
Langsam atmete er die angehaltene Luft aus. Bis zu dieser Sekunde hatte er nicht wirklich geglaubt, daß eine Zeitverschiebung möglich sei. Jetzt wußte er: sie war möglich. Es gab keine andere Erklärung für die Verwandlung, die sich ringsum vollzogen hatte. Kerr glaubte keinen Moment daran, er könne einer Halluzination erlegen sein, und in seinen Augen lag kein Schrecken mehr, sondern die Faszination des Wissenschaftlers.
»Phantastisch«, flüsterte er. »Aber warum können wir ihn nicht sehen?«
»Weil er durch eine Zeitverschiebung von ein paar weiteren Sekunden von der Gegenwart dieses Raumes getrennt ist.« Charru atmete tief durch. Auch ihm fiel es immer noch schwer, dies alles als selbstverständliche Realität zu betrachten. »Ktaramon?« rief er leise.
»Willkommen, Sohn der Erde! Und auch du, Sohn des Neuen Mars. Du bist gekommen, um die Wahrheit zu prüfen. Bist du auch bereit, dich selbst einer Prüfung zu unterwerfen, bevor wir entscheiden, ob du es wert bist, das Geheimnis zu teilen?«
»Habt ihr auch Zai-Caroc - geprüft?« fragte Charru rasch. »Den, der sich Priester nannte?«
»Ja.«
»Wir prüften ihn. Er kam und rief uns, und wir holten ihn hierher. Sein Geist ist wirr und sein Herz voller Furcht und Haß. Er ist der Sklave seines Herrn und für seinen Herrn suchte er unsere Hilfe. Um uns zu Göttern zu machen und in unserem Namen die Menschen zu beherrschen! Er war der Wahrheit nicht würdig. Seinen Geist mußten wir für kurze Zeit verwirren. « '
»So wie Dayels Geist?«
»Ein Kind ohne Verstand. Aber keine Angst, sie werden sich beide vollständig erholen. - Und nun, Marsianer? Bist du bereit?«
»Ich bin bereit«, murmelte Helder Kerr.
Die Tür glitt auseinander.
Kerr schluckte erschrocken: die Einrichtung der Kabine erinnerte ihn an gewisse Verhörpraktiken des Vollzugs. Dann gab sich einen Ruck, straffte die Schultern und ging langsam auf den silbernen Schalensitz zu.
Sein Gesicht war blaß und angespannt, als der Helm über seinen Kopf glitt.
Die Tür schloß sich wieder. Charru nahm ein feines Summen und Vibrieren wahr, das seinen Ausgangspunkt in der Kabine hatte. Schweigend verschränkte er die Arme über der Brust und wartete.
Nur wenige Minuten vergingen.
Kerr kam langsam und eigentümlich benommen aus der Kabine, erschöpft wie nach einer körperlichen Anstrengung. Mit dem Handrücken wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Sein Blick suchte Charru.
»Jetzt kann ich verstehen, was der Priester empfunden hat. Dieses Gefühl, daß etwas in ihm gewesen sei! Aber das ist doch unmöglich! Sie können nicht in meine Gedanken eindringen, sie...«
Er stockte. Denn im gleichen Augenblick erhob sich wieder Ktaramons körperlose Stimme.
»Wir haben dich geprüft, Helder Kerr! Deine Gedanken sind voller
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