Söhne der Erde 08 - Sucher der Zukunft
groß und schlank, gekleidet in einen grünlich irisierenden Umhang, den schmalen Kopf von langem, seidenfeinem Haar umrahmt, dessen Farbe unbestimmbar war, da sich das Licht in allen Schattierungen des Regenbogens darin spiegelte. Auf dem weißen, zeitlos schönen Antlitz lag der Widerschein eines Lächelns. Und wieder empfand Charru, daß dieses Gesicht mit den dünnen schwarzen Brauen, den tiefroten Lippen und den schrägen goldenen Augen zugleich menschlich und unendlich fremdartig war.
»Nun?« fragte Ktaramon mit seiner leisen, kühlen, gleichmäßigen Stimme.
Helder Kerr starrte. Wie ein Krampf lief es über seine Schultern.
»Du bist wirklich«, sagte er tonlos. »Du bist so wirklich und so mächtig, wie du gesagt hast.« Und nach einer langen, schweren Pause: »Du hast mir die Wahrheit gezeigt. Ich kann nur beten, daß der Mars noch nicht verloren ist...«
*
In Kadnos hatte der Präsident der Vereinigten Planeten die Erfolgsmeldung des Vollzugs am Lesegerät studiert.
Simon Jessardins Gesicht war unbewegt, als er den Monitor abschaltete. Wie viele Tote? Gleichgültig, dachte er kühl. Die Wahnsinnigen, die seit Jahren in der Nähe der alten Sonnenstadt lebten, existierten nicht mehr. Mit ihnen waren - vielleicht - auch ein paar Überlebende der Mondstein-Barbaren umgekommen. Der Vollzug hatte des Problem gelöst. Und er hatte gleichzeitig durch Experimente etwas festgestellt, das die marsianische Wissenschaft seit Jahren interessierte: daß die unbekannte Strahlung der Sonnenstadt den Einsatz von Laserkanonen, Energiegranaten und Ortungsstrahlen durchaus nicht ausschloß.
Solange das alles im äußeren Wirkungsbereich der unbekannten Strahlung geschah, verbesserte sich der Präsident in Gedanken.
Selbst Professor Girrild, eine Kapazität seines Fachs, empfahl größte Zurückhaltung, wenn es darum ging, die Strahlenquelle selbst mit Lasern zu beschießen. Jessardin lächelte leicht, als er an Girrilds Vergleich dachte, den der Vollzugschef in seinem Bericht getreulich wiedergegeben hatte. Den Vergleich mit einer Atombombe, wie sie früher auf der Erde zu den vernichtendsten Waffen gehört hatte. Sie strahlte immer Radioaktivität ab. Im Bereich dieser Strahlung war es völlig ungefährlich, Laser zu benutzen. Aber was, fragte Girrild, würde geschehen, wenn man die Laserkanonen auf die Strahlenquelle selbst, in diesem Fall also auf die Atombombe richtete?
Der Präsident schaltete das Lesegerät aus.
In Gedanken war er schon bei der Sitzung des Versorgungs-Ausschusses. Alltägliche Routine. Aber dann wurde seine Aufmerksamkeit abgelenkt, als der Monitor des allgemeinen Informators plötzlich aufflammte.
Unerklärliches Verschwinden einer Person aus dem Universitätsbereich.
Kennziffer: AX NB 77382.
Beschreibung: Studentin der Medizin und Biochemie, ausgebildete Allgemein-Ärztin.
Name: Lara Nord...
Simon Jessardin zuckte zusammen. Die Tochter von Conal Nord, dem Gouverneur der Venus und Generalbevollmächtigten der Vereinigten Planeten! Ein Mann, mit dem den Präsidenten eine langjährige Freundschaft verband. Und ein Mann, der zu den einflußreichsten politischen Persönlichkeiten der Föderation gehörte, weil der venusische Rat loyal und geschlossen hinter ihm stand.
Vor wenigen Stunden hatte Lara Nord dem Präsidenten noch gegenübergesessen. .
Er hatte versucht, den Aufenthaltsort der geflüchteten Mondstein-Barbaren von ihr zu erfahren. Sie hatte geschwiegen. Und jetzt war sie verschwunden. Hieß das...?
Natürlich, dachte Simon Jessardin.
Es hieß, daß sie einen Universitätsjet genommen hatte und zur Sonnenstadt geflogen war, um sich selbst davon zu überzeugen, ob die Barbaren bei der Aktion gegen die Geisteskranken aus dem Hügelgebiet ebenfalls den Tod gefunden hatten.
Sie war eine Nord. Er hätte es wissen müssen. Mark Nord, Laras Onkel und Conals Bruder, war der erste Rebell gewesen, des die Gesellschaft der Vereinigten Planeten gesehen hatte. E schuftete seit zwanzig Jahren in den Mondbergwerken. Weil sein Bruder ihn damals dem Gesetz ausgeliefert hatte. Weil Conal Nord keine Privilegien für sich und seine Familie in Anspruch nehmen wollte. Aber auch in ihm war eine Spur jenes zerstörerischen Rebellengeistes lebendig.
Conal Nord hatte in dem Projekt Mondstein von Anfang an ein Verbrechen gesehen, obwohl er besser als die meisten anderen wußte, wie wichtig es für die Friedensforschung war.
Conal Nord hatte diesem schwarzhaarigen Barbarenfürsten einmal zur Flucht
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