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Söhne der Erde 10 - Aufbruch Ins Gestern

Söhne der Erde 10 - Aufbruch Ins Gestern

Titel: Söhne der Erde 10 - Aufbruch Ins Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Flucht zu versuchen.
    Mit gerunzelter Stirn beobachtete er die angespannten, von Zorn und Trauer verzerrten Gesichter.
    War es das, was Helder Kerr bei den Barbaren gefunden und was ihn wie ein Virus angesteckt hatte? Diese Rückhaltlosigkeit der Gefühle, die niemand hier als Schwäche auslegte? Alle die Menschen dort draußen, vielleicht mit Ausnahme der kleineren Kinder und der Priester, hatten auf die gleiche Weise reagiert. Sie hätten triumphieren sollen, jubeln - und taten es nicht wegen eines einzigen Mannes, der im Sterben lag und der nicht einmal ihrem Volk angehörte.
    Kerrs Stöhnen verebbte. Erlag jetzt ganz still. Aber er war nicht bewußtlos, sondern sah sich mit verschleierten Augen um. -
    »Charru?« murmelte er.
    »Ich bin hier, Helder. «
    »Habt... habt ihr es geschafft?«
    »Ja.«
    »Und - Jessardin?«
    »Er ist unverletzt. «
    »Ich muß - mit ihm sprechen. Er muß wissen, was uns Ktaramon gezeigt hat. Ich - werde sterben, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Charru leise.
    Nur Sekundenbruchteile hatte er gezögert. Auch er kannte jene gespenstische Vision aus der Zukunft des Mars - einer Zukunft, die veränderbar war, wenn das Ruder rechtzeitig herumgeworfen wurde. Helder Kerr wäre auf dem Mars geblieben, hätte das Todesurteil oder lebenslange Zwangsarbeit auf sich genommen, um sein Volk zu warnen. Er hatte ein Recht auf die Wahrheit.
    Schweigend trat Charru zurück.
    Simon Jessardin spürte eine seltsame Enge in der Kehle, als er neben der Schlafmulde stand und auf den Verletzten hinunterblickte. Er hatte schon Menschen sterben gesehen, aber niemals so, nicht bei vollem Bewußtsein, nicht unter Schmerzen. Helder Kerrs Augen verrieten, daß selbst das Morphium nur wenig half, daß er den Schmerz der schweren Verbrennungen immer noch spürte. Sein Blick suchte Simon Jessardins Gesicht, die Lippen zuckten.
    »Ich habe die Wahrheit gesagt«, brachte er flüsternd hervor. »Die Herren der Zeit - sie sind wirklich. Hören Sie zu! Sie dürfen - dürfen nicht erlauben, daß die Wissenschaft mit dem menschlichen Gehirn experimentiert. Es darf - keine Kyborgs geben... «
    »Kyborgs?« echote Jessardin tonlos.
    »Der Mars wird sich verändern... In zehn Jahren, in hundert Jahren - ich weiß es nicht. Wassermangel... Eine dünnere Atmosphäre... Kadnos wird unter einer Kuppel liegen... Die Menschen werden Rettung in der interstellaren Raumfahrt suchen... Aber sie dürfen sich keinen Kyborgs anvertrauen! Die Kyborgs sind das Verhängnis. Sie würden herrschen... die Menschheit vernichten. Wir dürfen es nicht so weit kommen lassen. Wir müssen aufhören, die Wissenschaft zu vergöttern. Heute! - jetzt... «
    Seine Stimme versiegte.
    Sekundenlang waren nur seine schweren, unregelmäßigen Atemzüge zu hören. Noch einmal hob er die Lider und sah Simon jessardin in die Augen.
    »Ich habe - den Mars - nicht verraten, mein Präsident«, brachte er heraus. »Ich habe nur versucht - den richtigen Weg zu gehen. Ich habe - eine Schuld bezahlt. Die Schuld unserer Wissenschaft...«
    Jessardin beugte sich vor und legte mit einer ruhigen Bewegung die Hand auf die unverletzte Schulter des Sterbenden.
    »Es ist gut, Helder«, sagte er leise. »Ich verstehe Ihre Motive.«
    »Sie - müssen mir glauben, Sie... «
    »Ja, ich glaube Ihnen. «
    Kerr atmete auf.
    Aber Charru brauchte nur einen Blick in das straffe Gesicht unter dem kurzgeschorenen silbernen Haar zu werfen, um zu wissen, daß der Präsident nicht die Wahrheit sagte. Eine barmherzige Lüge. Mitgefühl für einen Sterbenden - von einem Mann, der sich sonst überhaupt keine Gefühle gestattete.
    »Charru?« flüsterte Kerr mühsam.
    »Ja.«
    »Ich - bin froh, daß ihr es geschafft habt. Sie - sollen wissen, daß ich nichts bereue. - Nichts... «
    Seine Stimme brach.
    Fahrig zuckten seine Hände umher, klammerten sich sekundenlang mit aller Kraft um Charrus Arm, als wollten sie auf diese Weise das Leben festhalten. Ein tiefes Stöhnen kam über die Lippen des Verletzten. Noch einmal bäumte er sich auf, fiel schlaff zurück, und über seine aufgerissenen Augen schoben sich stumpfe Schleier.
    Charru blieb reglos neben dem Toten stehen.
    Erst nach endlosen Sekunden wandte er sich ab. Sein Blick bohrte sich in die grauen Augen des Präsidenten.
    »Es war die Wahrheit, Jessardin«, sagte er heiser. »Die Wahrheit, um derentwillen Helder auf dem Mars bleiben wollte. Um derentwillen er in Kauf genommen hätte, von euch umgebracht zu werden oder für den Rest seines Lebens in

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