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Söhne der Erde 13 - Der Tod Am Meer

Söhne der Erde 13 - Der Tod Am Meer

Titel: Söhne der Erde 13 - Der Tod Am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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erweisen.
    Charru verstand ihn, weil er manchmal ähnlich fühlte: immer dann, wenn er an die vielen Toten dachte, die unter den Trümmern des Mondsteins gestorben waren, und er sich fragte, ob er die Schuld an der Katastrophe trug. Er hatte sie nicht gewollt, er hätte sie niemals in Kauf genommen, aber ohne ihn wäre sie nicht geschehen.
    Einmal mehr mußte er sich zwingen, die quälenden Erinnerungen abzuschütteln.
    Lara, Hunon und Karstein blieben dicht hinter ihm, als er sich dem Felsengrat näherte. Sehr fern hörte er das Geschrei erregter Stimmen. War das Beiboot doch gesehen worden? Er glaubte nicht daran. Aber er hatte das Gefühl, daß sich irgend etwas Ungewöhnliches abspielte, und im nächsten Moment bekam er die Bestätigung.
    Vom Rand der grünen Oase näherte sich eine Staubwolke.
    Das Geschrei wirkte schrill, eigentümlich unmenschlich, ein Kriegsruf, der in den Ohren gellte. Charru blieb stehen und spähte durch die Lücke zwischen zwei hochragenden Felsenzacken. Neben und hinter ihm verharrten die anderen und blickten ebenfalls zu dem Pulk hinüber, der quer durch die Ausläufer der Wüste stob. Berittene! Aber keine Menschen zu Pferde, wie es sie in der Welt unter dem Mondstein gegeben hatte. Weder die Tiere noch die Reiter glichen irgend etwas, das die Terraner kannten. Charru beobachtete aufmerksam die Gestalten, deren Umrisse sich jetzt deutlicher im wirbelnden Staub abzeichneten.
    Menschenähnliche Gestalten.
    Klein und schlank, unbekleidet, über und über von einem dichten, hellen, seidig schimmernden Pelz bedeckt. Aufrechte Gestalten mit glatten Gesichtern und langem, im Wind flatterndem Kopfhaar. Geduckt kauerten sie auf grauen, monströsen Reittieren mit spitzen Schnauzen und Ohren. Fremdartige Kreaturen, die ebenso fremdartiges Zaumzeug trugen - und vier von ihnen zerrten ein flaches, offenes Gefährt hinter sich her, das keine Räder hatte, sondern auf dünnen, gebogenen Metallkufen durch den roten Sand glitt.
    »Ratten«, flüsterte Lara Nord. »Es sind Ratten!«
    Charru wandte ruckartig den Kopf. »Ratten? Aber sie sind größer als Hunde! Das ist unmöglich!«
    »Mutierte Ratten.« Lara zuckte die Achseln. »Ich habe keine andere Erklärung. Und nach den goldenen Menschen aus den Wäldern erscheint mir nichts mehr unmöglich.«
    Charru schwieg.
    Gebannt lauschte er auf das fauchende Geschrei der fremden Wesen. Dicht an dem Felsengrat vorbei trieben sie ihre Reittiere auf die tote Stadt zu. Jetzt waren sie deutlicher zu erkennen: wild, geschmeidig, katzenhaft - aber doch menschlich.
    »Eh!« sagte Karstein verblüfft. »Das sind Frauen! Alle!«
    Er hatte recht.
    Weder das seidige Fell noch die wirbelnden Staubschleier konnten die weiblichen Formen der Wesen verbergen. Eine eigentümlich unausgeprägte, verbogene, degenerierte Weiblichkeit gleichsam überwuchert und zurückgedrängt im ständigen Widerstreit mit dem kriegerischen, raubtierhaften Gebaren. Charru wußte nicht zu sagen, was an diesen Gestalten eigentlich so unmenschlich, fast widernatürlich wirkte. Aber er hätte schwören können, daß es kaum eine Verständigungsmöglichkeit mit ihnen gab.
    Vorsichtig turnte er noch ein Stück höher in die Felsen hinauf, um besser zu sehen.
    Das fauchende Geschrei, diese wilde Jagd über Stock und Stein - das alles gemahnte unabweisbar an einen Überfall oder einen Kriegszug. Einen Oberfall auf die Oase? Möglich. Diese wilden, katzenhaften Wesen sahen nicht so aus, als ob es zu ihrer Gewohnheit gehörte, Felder anzulegen. Charru kniff die Augen zusammen, hob den Kopf, um einen Blick auf den merkwürdigen Schlitten zu werfen - und zuckte zusammen.
    Eine Gestalt lag auf der hölzernen Ladefläche.
    Ein junger Mann, nackt, braunhäutig, an Händen und Füßen mit dicken, geflochtenen Stricken gefesselt - und unbezweifelbar menschlich.
    Menschlicher als die bepelzten Katzenwesen auf ihren monströsen Reittieren. Jedenfalls menschlicher nach den Begriffen, die für die Terraner galten und die sie vielleicht würden revidieren müssen - die sie schon zu revidieren begonnen hatten, als sie die sanften goldenen Waldbewohner kennenlernten, die sich eher selbst opferten als grundlos zu töten. Sekundenlang haftete Charrus Blick an dem Gesicht des Gefesselten. Ein dunkles, ebenmäßiges Gesicht unter blauschwarzem Haar, mit Augen, die sich in panischem Entsetzen geweitet hatten. Die Augen der wilden, fellbedeckten Kriegerinnen dagegen glommen wie Raubtierlichter. Immer noch ließen ihre

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