Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Erde 16 - Der Riß In Der Welt

Söhne der Erde 16 - Der Riß In Der Welt

Titel: Söhne der Erde 16 - Der Riß In Der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
Vom Netzwerk:
weit entfernt an der Küste die tote Stadt lag. Die beiden anderen Flugzeuge schlossen auf, und Minuten später waren die drei Metallvögel nur noch silbrige Punkte unter dem Sternenhimmel.
    Charru wischte sich ein paar feine Schweißperlen von der Stirn.
    Als er sich umwandte, streifte sein Blick die Gesichter der anderen. Blasse, ratlose Gesichter. Gerinths nebelgraue Augen schienen durch alles hindurchzugehen. Die Nordmänner bissen grimmig die Zähne zusammen. Ein paar Kinder drängten sich eingeschüchtert aneinander, und Charru suchte unwillkürlich den kleinen Robin unter ihnen.
    Der Blinde stand still da, angespannt, als lausche er immer noch. Dayel hatte beruhigend den Arm um seine Schultern gelegt. Aber diesmal spiegelten Robins Züge keine Furcht, eher ein seltsames Staunen, und Charru sah ihn gebannt an, bis Gerinths Stimme ihn unterbrach.
    »Sie werden wiederkommen,« sagte der alte Mann. »Wir müssen versuchen, eine Insel anzulaufen, irgendwo Schutz zu suchen.«
    »Und wo?« fragte Charru knapp.
    Schweigen antwortete ihm.
    Weit und breit spiegelten sich nur die verschwimmenden Flecken des Sternenlichts im Wasser. Die Insel, auf der sie den Aquarianern begegnet waren, lag bereits seit Stunden hinter ihnen, nirgends war auch nur eine Spur von Land zu sehen. Und selbst wenn es ihnen gelang, schnell genug eine andere Insel zu finden, waren sie damit noch nicht in Sicherheit. Es sei denn, sie konnten das Schiff so gut verbergen, daß es aus der Luft nicht mehr zu sehen war.
    Charru straffte sich und versuchte, das Gefühl der Hoffnungslosigkeit abzuschütteln.
    »Wir haben keine Wahl,« sagte er. »Wir segeln weiter nach Süden und gehen auf der nächsten Insel an Land, die wir finden.«
    Die anderen nickten nur.
    Schon seit Minuten lag das Schiff beigedreht in der Dünung, weil ohnehin jedes Ausweichmanöver sinnlos gewesen wäre und niemand den Nerv gehabt hatte, auf den Kurs zu achten. Jetzt entfalteten sich wieder die beiden Segel, fahl schimmernd im Mondlicht. Der Wind fiel ein, und das Fahrzeug glitt weiter über die nächtliche See.
    Yattur gab mit gepreßter Stimme seine Befehle.
    Charru stand am Bug und starrte nach vorn, als könne er durch pure Willenskraft das schützende Land herbeizwingen. Frauen und Kinder hatten sich schweigend unter Deck zurückgezogen. Nur der kleine Robin verharrte noch am Schanzkleid, beide Hände um die hölzerne Kante gelegt, und hob das Gesicht mit den blinden Augen dem Wind entgegen.
    Er fragte sich, warum er ganz plötzlich keine Angst mehr fühlte.
    Er wußte, die Flugzeuge konnten Bomben abwerfen. Sie hatten das Fischerdorf zerstört, und sie hatten ihn an jene Schreckensnacht auf dem Mars erinnert, als die Menschen, bei denen er aufgewachsen war, binnen einer einzigen Stunde brutal ermordet wurden. Als er die Flugzeuge zum erstenmal über das Fischerdorf brausen hörte, hatte er schreckliche Angst gehabt. Jetzt nicht mehr. Immer noch glaubte er, ringsum etwas Geheimnisvolles, Unsichtbares zu spüren, aber etwas, das ihm nicht mehr als Bedrohung, sondern fast wie ein Schutz erschien.
    Alles war besser als die entsetzlichen Bomben.
    Wirklich alles? Robin erschauerte, wandte sich rasch ab und tastete zum Niedergang hinüber, als könne er auf diese Weise den Bildern in seinem Innern entgehen.
    *
    Conal Nord sah sich mit zusammengekniffenen Augen in der Grotte um. In der Luft hing das ferne Brausen des unterirdischen Flusses, der das altertümliche Turbinen-Kraftwerk antrieb. Techniker waren dabei, beschädigte Geräte zu reparieren: Aggregate zur Erzeugung von Energieschirmen, wie der Venusier erkannte. Bei seinem Erscheinen hatten sie ihre Arbeit für eine Weile unterbrochen. Stumm starrten sie herüber. Feindselig, obwohl sie zu denjenigen gehörten, die erst auf Luna zu den Merkur-Siedlern gestoßen waren und eigentlich keinen Grund hatten, den Generalgouverneur der Venus zu hassen.
    Vermutlich haßten sie das, was er verkörperte. Ein zerstörerisches Gefühl, das auf dem Mars ausgereicht hätte, um sie in psychiatrische Behandlung zu bringen. Auf dem Mars und an jedem anderen Ort, wo die Gesetze der Vereinigten Planeten galten. Jessardin begriff nicht, was in diesen Menschen vorging, sonst hätte er ihnen gar nicht erst den Vorschlag gemacht, wieder in den Schoß der Föderation zurückzukehren.
    »Diesmal seid ihr besser vorbereitet als damals,« stellte Conal Nord fest.
    Sein Bruder nickte. »Diesmal wissen wir auch besser, was uns erwartet. Vor zwanzig

Weitere Kostenlose Bücher