Söhne der Erde 17 - Gefangene Der Zeit
und bemühte sich, an seine eigenen Worte zu glauben.
*
Charru preßte sich dicht an der Biegung des Flurs gegen die Wand, die in diesem Teil der Untersee-Festung mit hellem Kunststoff verkleidet war.
Weiches, elastisches Material bedeckte den Boden. Das Licht war gedämpft und vermittelte zumindest einen Hauch von Behaglichkeit. Karstein hatte sich diesen Teil des Weges eingeprägt, als die Fremden ihre Gefangenen in die stählernen Verliese schleppten. Charru und Camelo waren der Beschreibung des Nordmanns gefolgt. Ein paar Ecken noch, dann mußten sie auf den endlosen Korridor mit dem Laufband stoßen, den Charru kannte, weil er ihn zusammen mit Cris auf dem Weg in den Kliniktrakt benutzt hatte.
Leise Stimmen drangen aus einem Raum jenseits der Biegung.
»... wird uns informieren, sobald das Testobjekt wieder aus der Bewußtlosigkeit erwacht. Ich denke, wir sollten keine Zeit verlieren. Die Programme zur Behandlung der zukünftigen Drogen-Lieferanten sind in allen Einzelheiten festgelegt ...«
»Jordan Magner«, flüsterte Charru.
Camelos Kiefermuskeln spielten.
Seine Augen waren fast schwarz vor ohnmächtigem Zorn, während er dem triumphierenden, angeregten Tonfall der Stimmen lauschte. Testobjekte ... Drogenlieferanten ... Behandlungsprogramme ... In dem gleichen kühlen wissenschaftlichen Jargon sprachen die Fremden vermutlich auch von den Ratten, mit denen sie experimentiert hatten. Charru schloß sekundenlang die Augen. Jordan Magners nächsten Worte krampften ihm die Magenmuskeln zusammen.
»Also dann! Warten wir den Ausgang des Experiments ab und beginnen wir so schnell wie möglich mit der eigentlichen Arbeit ...«
»Jon Erec?« fragte Camelo tonlos.
»Vermutlich. Wir müssen weiter, schnell!«
Lautlos bogen sie in den Quergang ein, nicht nach rechts, von wo die Stimmen kamen, sondern in die entgegengesetzte Richtung.
Minuten später stießen sie auf den kahlen stählernen Flur mit dem Rollband. Es stand still, und die beiden Männer versuchten erst gar nicht, es zu benutzen. Dicht an der Wand entlang glitten sie weiter, fast lautlos bis auf das kaum wahrnehmbare Vibrieren des Bodens unter ihren Füßen. Einmal hörten sie Schritte und blieben wie angewurzelt stehen. Charru hob die fremdartige Waffe, tastete mit dem Finger nach dem Hebel, den er für den Auslöser hielt. Aber das hallende Geräusch entfernte sich von ihnen und verklang nach einer Weile.
Der Kliniktrakt!
Ein ausgedehnter Komplex, über dessen Größe sich Charru inzwischen nicht mehr wunderte, weil er die Pläne seiner Gegner kannte. Flüchtig fragte er sich, woher Jordan Magner wohl ursprünglich seine Opfer hatte nehmen wollen. Einzelne Menschen, die ihm der Zufall in die Hände spielte wie jenen Unglücklichen, den er in eine willenlose Marionette verwandelt hatte?
Die beiden Männer hatten einen kurzen Flur erreicht, der in eine kahle Halle führte, wo sich mehrere Laufbänder kreuzten. Charru wollte vorsichtig um die Ecke spähen, doch im nächsten Moment zuckte er zusammen.
Der Kristall!
Ein kühles, schon vertrautes Prickeln auf der nackten Haut, das jedesmal das Erwachen der fremdartigen Energie begleitete. Die zahllosen feinen Ringe begannen von innen her zu leuchten wie eine Perle, auf die Sonnenlicht fällt.
»Ktaramon«, flüsterte Charru.
Seine Finger zitterten leicht, als er die Kugel in der Mitte der schwarzen Scheibe drehte und leise das Code-Wort nannte.
IX.
Sie waren zu fünft. Männer in weißen Kitteln. Blasse, blutarme Gestalten, geschäftig zwischen Geräten und blitzenden Instrumenten hin und her eilend. Jon Erec spürte den Lauf der Waffe im Rücken, den Atem der anderen Fremden, die ihn hierhergebracht hatten. Er kannte ihre Waffen nicht, aber er ahnte, daß sie genauso sicher töten konnten wie ein Lasergewehr.
Jon Erec biß die Zähne zusammen.
Furcht schnürte ihm die Kehle zu. Ein paarmal während des Wegs durch die endlosen Flure war er versucht gewesen, einfach herumzuwirbeln, zu kämpfen, eine Entscheidung zu erzwingen. Aber etwas im Verhalten seiner Bewacher hinderte ihn daran.
Sie fühlten sich sicher.
So vollkommen sicher, daß Kraft und Willen ihres Opfers überwältigt wurden von der Gewißheit, keine Chance zu haben. Jon Erec begriff nicht, daß die Sicherheit seiner Gegner zum Gutteil aus Leichtsinn und blindem Vertrauen in durchaus nicht unüberwindliche Waffen herrührte. Und Jon Erec wußte nicht, was vor ihm lag, konnte nicht ahnen, daß er besser daran getan hätte, sich
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