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Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Titel: Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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eine Bogensehne. Seine hellen, eigentümlich irisierenden Augen funkelten.
    »Sie kommen!« stieß er hervor. »Sie werden Rache nehmen und ...«
    Jar-Marlod packte ihn grob beim Arm, um ihn zum Schweigen zu bringen. Der Priester fürchtete, daß im Falle eines Racheaktes zunächst einmal ihn die Rache der Tiefland-Krieger treffen würde. Cris, der mit angezogenen Knien am Boden kauerte, warf seinem Bruder einen Blick zu.
    »Rache wofür, Ciran? Niemand hat dir etwas getan, obwohl du es verdient hättest.«
    Der Junge spie aus. Chris' gelbe Augen loderten zornig auf. Charru machte eine beschwichtigende Geste.
    »Ein einzelnes Flugzeug kann nicht viel ausrichten«, stellte er fest. »Vielleicht hat der Pilot nur den Auftrag, Kontakt zu uns aufzunehmen. Er muß wissen, daß es Selbstmord wäre, die Beiboote anzugreifen.«
    »Chan oder Croi«, murmelte Cris. »Sie würden jedem Befehl Bar Nergals folgen. Vielleicht hat er ihnen die Gefahr verschwiegen.«
    »Sie kennen die Bewaffnung der marsianischen Boote. Und außerdem ist Carrisser auch noch da.«
    Bei den letzten Worten hatte sich Charru bereits abgewandt und schlug die Folie zurück, die den Eingang des provisorischen Zeltes schützte.
    Draußen wirbelten Schneeflocken in der eisigen Luft. Der Wind hatte etwas nachgelassen, das Geräusch der Triebwerke wurde lauter, obwohl es immer noch weit entfernt war. Charru ging mit langen Schritten auf das Beiboot zu, dessen Luke gerade hochschwang. Katalin von Thorn sprang heraus, dann Tanit und Jordis, Robin und ein paar andere Kinder. Katalins Gesicht war bleich, der Blick ihrer schönen bernsteinfarbenen Augen ging an Charru vorbei und suchte Chris in der Gruppe der anderen. Sie wußte, daß einer seiner Brüder das Flugzeug lenkte - und daß der Pilot sterben würde, wenn er versuchte, den Booten so nahe zu kommen, daß eine Bombe sie gefährdet hätte.
    Charru wollte hastig in das Fahrzeug klettern. Es war Camelo, der ihn am Arm zurückhielt.
    »Schau dir das an«, sagte sein Blutsbruder leise. »Da drüben ... Ich glaube nicht, daß der Pilot auch nur daran denkt, uns anzugreifen.«
    Sekunden später konnte Charru die Umrisse des Flugzeugs ebenfalls erkennen.
    Es hatte den Talrand erreicht: ein trudelnder silbriger Schatten im weißen Flockenwirbel. Instinktive Angst mußte den Piloten veranlaßt haben, die Geschwindigkeit so weit wie nur möglich herabzusetzen. Ein Fehler? Die richtige Reaktion? Charru wußte es nicht. Er begriff nur, daß er sich einfach keine Vorstellung davon gemacht hatte, was es bedeutete, durch dieses Unwetter zu fliegen. Daß der einsame Mann dort oben sogar ganz sicher nicht an einen Angriff dachte, weil er längst in einer Situation war, in der er mit allen Kräften um sein Leben kämpfen mußte.
    Einen Augenblick versetzte sich Charru in seine Lage: allein in der Kanzel, vom Wind geschüttelt, von Schneeflocken eingehüllt, aus deren wirbelnden Schleiern die Gipfel dieses gigantischen Gebirges tauchten.
    Hatte der Junge nicht gewagt umzukehren? War es schon zu spät gewesen, als er die Gefahr erkannte? Chan oder Croi ... Einer von ihnen erlebte in diesen Minuten die Hölle. Einen Alptraum, in dem ihm die weiten, glatten Schneefelder des Tals wie ein rettender Strohhalm erscheinen mußten.
    »Er versucht zu landen«, sagte Camelo gepreßt. »Wenn er diesen Kurs hält, wird er den Booten zu nahe kommen. Aber wir können ihn doch nicht ...«
    »Nein«, sagte Charru nur.
    Gebannt beobachtete er die verzweifelten Bemühungen des Piloten. Gigantenfäuste schienen das Flugzeug zu schütteln. Jetzt änderte es seinen Kurs, schwenkte etwas nach rechts ab, um das Schneefeld zu erreichen, ohne die Beiboote zu gefährden. Der Pilot konnte nicht wissen, daß die Menschen im Tal seine verzweifelte Lage erkannt hatten. Er fürchtete sich vor der verheerenden Wirkung der Schockstrahler, und deshalb drückte er seine Maschine erst tiefer herunter, als die Boote hinter ihm zurückblieben.
    »Zu spät«, sagte Camelo tonlos.
    Chris stieß einen erstickten Laut aus und preßte die Faust vor den Mund. Ciran starrte aus brennenden Augen dem Flugzeug nach, das erst in der Mitte des Schneefeldes aufsetzte. Weißes, wirbelndes Chaos verschlang die Maschine. Die Menschen konnten nichts mehr sehen. Aber sie wußten, daß das Flugzeug unaufhaltsam auf eine schwarze, senkrechte Felswand zuraste, daß der Pilot nicht die leiseste Chance hatte, es rechtzeitig zum Stehen zu bringen.
    Charru hielt den Atem an.
    Zwei

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