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Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Titel: Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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mit Alkohol zu betäuben.
    »Jarlon will die halbe Erde retten«, sagte Charru. »Jedenfalls ein bestimmtes Volk.«
    »Ein ganzes Volk?« echote Mark verblüfft.
    »So ist es. Ich weiß, daß es nicht geht. Aber ich fürchte, mir wird mein Bruder in hundert Jahren nicht glauben.«
    »Ich spreche mit ihm. Am besten läßt du ihn hier, dann kann er sich mit eigenen Augen davon überzeugen, was möglich ist und was nicht.«
    »Einverstanden. Danke, Mark.«
    Charru trank einen tiefen Schluck aus seinem Glas. Marks letzte Worte hatten seine Gedanken wieder auf den bevorstehenden Start gebracht. Er fühlte ein kühles Prickeln zwischen den Schulterblättern. Dann fiel ihm plötzlich ein, wie fachmännisch einige von den Merkur-Siedlern die »Solaris« in Augenschein genommen hatten.
    »Mark«, sagte er.
    »Ja?«
    »Glaubst du, daß du unter deinen Leuten für beide Schiffe Piloten auftreiben kannst?«
    »Ja, sicher ...«
    »Auch für die »Solaris«?«
    »Ich glaube schon. Warum?«
    Charru lehnte sich zurück. Wahrscheinlich lag es an dem ungewohnten Alkohol, daß ihn das Gefühl der Erleichterung plötzlich fast schwindelig machte.
    »Weil ich nicht den geringsten Wert darauf lege, jemals in meinem Leben wieder ein Schiff zu starten«, sagte er. »Weil meiner Meinung nach jeder berufsmäßige Pilot geisteskrank sein muß und weil ich mir nichts Schöneres vorstellen kann, als beim Rückflug sonstwo, aber ganz bestimmt nicht im Piloten-Sessel zu sitzen.«
    *
    John Coradi schloß die Faust um den Griff des Dolches.
    Ein Lasergewehr oder eine Betäubungspistole wären ihm lieber gewesen, aber es gab keine Chance, eine solche Waffe in die Hand zu bekommen. Der Dolch mußte reichen. Coradi schlüpfte durch den Eingang des provisorischen Zeltes und blickte die Männer an, die im Schatten der silbrig glitzernden Schutzfolie kauerten.
    Zwei marsianische Offiziere, drei Soldaten, zwei Techniker und ein Arzt. Sie wirkten erschöpft, hatten innerlich aufgegeben. Jedenfalls war das bis vor kurzem so gewesen, und auch jetzt brachten sie Coradis Plänen mehr Skepsis als Begeisterung entgegen.
    »Nun?« fragte der stellvertretende Kommandant.
    Coradi lächelte.
    Mit Irnets Hilfe war er nach und nach in jedem der Beiboote gewesen, die am Rand der ausgetrockneten Ebene standen. Und die Wachsamkeit der Frauen, der alten Leute und Kinder, die sich darin aufhielten, hatte jedesmal verhältnismäßig schnell nachgelassen, sodaß es ihm nicht schwergefallen war, ein paar Handgriffe an den Instrumenten vorzunehmen.
    »Morgen«, sagte John Coradi entschieden. »Niemand kann uns aufhalten. Wir schaffen es.«
    Schweigen antwortete ihm.
    Keiner der anderen Marsianer war wirklich überzeugt, dass sie es schaffen würden. Aber sie wußten alle, daß sie keine Wahl hatten. Ein Prozess und eine Verurteilung zu fünf oder zehn Jahren Zwangsarbeit standen ihnen bevor. Wenn sie sich jetzt weigerten, John Coradis Verzweiflungsplan zu unterstützen, konnten sie genausogut gleich eine Überdosis von einem der Medikamente aus der »Solaris« nehmen, die man ihnen zurückgelassen hatte.
    »Sie irren sich, Coradi«, versuchte der magere Arzt einzuwenden. »Ich konnte Gespräche belauschen, aus denen hervorging, daß einige der Terraner unser Schiff im Orbit sehr wohl bemerkt haben.«
    »Und?« fragte der Kommandant.
    »Sie werden wissen, wohin wir uns wenden. Sie werden uns verfolgen und ...«
    »Ich sagte doch, daß es mir gelungen ist, sämtliche Beiboote bis auf eins zu manipulieren. Niemand wird uns verfolgen, und es wird eine ganze Weile dauern, bis es den Barbaren gelingt, ihre Fahrzeuge wieder startklar zu mache. Sonst noch Fragen?«
    Die Männer schwiegen.
    John Coradis Rechte lag immer noch am Griff des Dolches, den er in seinen Besitz gebracht hatte. Er kniff die Augen zusammen und lächelte triumphierend.
V.
    Abenddämmerung tauchte die Ruinen von New York in ein dunkles, mattes Gold.
    »Kira!« flüsterte Charilan-Chi. »Kira - kannst du mich hören?«
    Sie benutzte die kehligen, fauchenden Laute der Katzenwesen. Die Frau, die an den geborstenen Resten einer Mauer lehnte, blickte sie aus gelben Raubtieraugen an. Das spitze Gesicht war fahl, auf die Schultern hing das lange, fast menschlich wirkende Haar in dünnen Strähnen. Auch Kira spürte, daß die Hitze ihr den letzten Funken Lebenskraft aus dem Körper sog. Aber sie hatte schon vor vielen Jahren aufgehört, etwas für sich selbst zu wünschen. Sie diente dem neuen Geschlecht, das die Götter

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