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Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Titel: Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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hartnäckigen Widerspruchs, der in den Augen des Jungen lag, mochte ohnehin darauf zurückzuführen sein, daß er gestern Abend versucht hatte, sich mit entschieden Zuviel an Alkohol zu betäuben. Vielleicht würde die Sache auch für ihn anders aussehen, wenn er sich wieder besser fühlte.
    Charru schüttelte Mark die Hand, klopfte Jarlon auf die Schulter und glitt rasch durch die Ausstiegsluke.
    Er schauerte, weil die Kälte wie mit Messern in seine Haut zu schneiden schien. Martell, Mikael und ein dritter Mann, der als Bordingenieur fungierte, liefen rasch zu der ehemaligen Luna-Fähre mit ihrem stumpfgrauen Tarnanstrich hinüber. Die »Solaris« dagegen strahlte wie eine silberne Vision. Dane Farr fand sich sofort in der Kanzel zurecht. Charru nahm den Co-Piloten-Sitz ein, Beryl von Schun den Platz des Bordingenieurs. Außerdem kamen vier Männer mit zurück, die notfalls die Waffensysteme bedienen konnten: Camelo, Kormak und die beiden Tarether.
    Eine knappe Stunde später waren alle notwendigen Checks abgeschlossen.
    Die »Solaris« startete als erste.
    Diesmal hatte Charru nichts anderes zu tun, als Instrumente abzulesen, seine Nerven unter Kontrolle zu halten - und sich darüber zu wundern, daß das Manöver den hageren Mann im Pilotensitz nicht einmal einen einzigen Schweißtropfen kostete.
    *
    Der Geigerzähler tickte.
    Lara betrachtete mit gerunzelter Stirn den tanzenden Zeiger auf der Skala. Die normalen Werte waren nur geringfügig überschritten. Das Flußwasser wurde immer noch regelmäßig kontrolliert. Es entsprang irgendwo im Süden, von zahllosen Gebirgsbächen gespeist - und im Himalaya, in dem unterirdischen, zerstörten Reich der Clone-Rasse, existierte ein defekter Atomreaktor.
    Lara atmete auf, als sie das Gerät verpackte.
    Sie hatte das klimatisierte Beiboot erst vor wenigen Minuten verlassen und war schon wieder in Schweiß gebadet. Weiter unten an der nächsten Flußbiegung beschäftigen sich Tanit und ein paar andere Frauen damit, Kleidungsstücke zu waschen und widerstrebende Kinder abzurubbeln. Eine Szene, die von verblüffend wenig Geschrei begleitet wurde. Die Menschen wirkten matt, schweigsam, benommen.
    Flüchtig lächelte Lara Jon Erec zu, der in der Nähe an einem Baumstamm lehnte.
    Der Blick des hageren Tempeltal-Manns ging ins Leere. Bei ihm war es etwas anderes als die Hitze, das hinter seiner Apathie steckte. Damals, als sie durch das geheimnisvolle Zeittor im Bermuda-Dreieck in die Vergangenheit versetzt wurden, hatten machtbesessene Wissenschaftler ihn einem schrecklichen Experiment unterzogen. Er war nicht mehr er selbst. Er sprach nicht, tat nichts von sich aus, folgte nur noch Befehlen - ein lebender Toter.
    Einen Augenblick tauchte Lara die Hände in das schnell strömende Wasser, das im Vergleich zur Lufttemperatur immer noch kühl wirkte. Sie benetzte Gesicht und Nacken und strich sich das feuchte Haar aus der Stirn. Ein Schatten fiel neben sie auf den Grasboden. Als sie den Kopf hob, begegnete sie dem Blick des weißhaarigen marsianischen Arztes.
    Auch er schwitzte, litt genau wie der Rest der »Solaris«-Besatzung mehr unter der Hitze als die meisten anderen, da er nur den Aufenthalt in klimatisierten Städten oder kühlen Fahrzeugen gewöhnt war. Lara runzelte die Stirn, weil sie die mühsam beherrschte Furcht in seinen Zügen erkannte. Ihre Augen wanderten zu den Beibooten hinüber. Ganz kurz glaubte sie, hinter einer offenen Einstiegluke eine schwarze Uniform zu erkennen. Ihr Herz übersprang einen Schlag.
    Erlend, durchzuckte es sie. Ihr Sohn schlief dort in einem umfunktionierten Schalensitz - allein, denn die anderen Frauen hatten draußen zu tun. Langsam richtete sich Lara auf und sah den Marsianer an.
    »Würden Sie einen Augenblick mitkommen?« fragte er. »Unser Navigationsoffizier hat eine Art Kollaps und ...«
    »Sie sind selbst Arzt«, sagte Lara mit zusammengekniffenen Augen.
    Der Marsianer schluckte. Lara spürte mit jeder Faser, daß er log. Die jähe Angst traf sie wie ein Stich.
    »Kommen Sie mit!« drängte der Weißhaarige. »Unauffällig! Und der dort auch!«
    Mit einer Kopfbewegung wies er auf Jon Erec, dessen Zustand den Marsianern natürlich nicht entgangen war.
    Geiseln, begriff Lara. Sie wollten Geiseln - und zwar solche, die sich nicht wehrten. Einen Mann, dessen Geist zerstört war! Ein zwei Monate altes Kind! Und Irnet, die in letzter Zeit so oft mit John Coradi zusammensteckte, daß sich der Kommandant der »Solaris« mittlerweile unter

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