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Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Titel: Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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zornig mahlendem Kiefer. Die Gesichter von Camelo und Gillon blieben ausdruckslos. Charru war der letzte. Auch er schüttelte den Kopf.
    »Ich habe nichts zu sagen.«
    »Ich möchte Ihnen noch eine Frage stellen. Sie sind der Anführer der Barbaren aus der Mondstein-Welt, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Treffen die Gutachten zu, die behaupten, daß Ihr Volk Ihnen bedingungslos folgt? Daß Sie jederzeit in der Lage wären, eine neue Rebellion anzuzetteln?«
    »Ich glaube ja«, sagte Charru langsam.
    »Und Sie würden es tun, wenn Sie eine Chance dazu sähen?«
    Charru zögerte nur einen Herzschlag lang.
    »Ja«, sagte er. »Ich würde es tun.«
    Er wußte, daß er das Falsche gesagt hatte, aber er konnte es nicht ändern.
    *
    In dem fensterlosen Raum mit den schimmernden Leuchtwänden ging Bar Nergal unruhig auf und ab.
    Shamala und Zai-Caroc kauerten auf dem äußersten Rand einer weißen Kunststoff-Bank, unsicher und beklommen. Die schwarzen Augen des Oberpriesters funkelten: er war überzeugt, daß er den Mächtigen gut gedient hatte, daß die Mächtigen ihn belohnen und ihm endlich die Behandlung erweisen würden, die er verdiente.
    War nicht die Rede von einem neuen Mondstein gewesen?
    Vielleicht hatten die Mächtigen beschlossen, ihm, Bar Nergal, eine neue Welt zu schenken, in der er herrschen konnte. Vielleicht...
    Das Geräusch der Tür ließ ihn herumfahren.
    Der Anklagevertreter, noch in seiner bodenlangen Robe, blieb auf dem Gang stehen. Zwei uniformierte Wachmänner betraten den Raum. Bar Nergal schluckte.
    »Was wird geschehen?« krächzte er. »Wird die Frevler endlich die verdiente Strafe treffen?«
    »Vermutlich, ja.«
    »Und wir, Herr? Was geschieht mit uns?«
    Der Anklagevertreter hob kühl die Brauen.
    »Ihr werdet mit dem nächsten Linienschiff zum Uranus gebracht, was sonst?« sagte er. »Abführen und wieder in Tiefschlaf versetzen!«
    *
    Die Urteilsverkündung war für den nächsten. Tag festgesetzt.
    Diesmal hatte Conal Nord kein Argument mehr gefunden, um seine Tochter aus dem Gerichtssaal fernzuhalten. Die wenigen anderen Zuschauer beachteten sie nicht. Ein paar Studenten der Jurisprudenz, der stellvertretende Vollzugschef, einige Ratsmitglieder und ein Offizier in Uniform, der vermutlich General Kane Bericht erstatten sollte.
    Lara dachte an die spärlichen Meldungen, die das Bildwand-Programm gebracht hatte.
    Seit der Besetzung Merkurs ließ das Interesse der Öffentlichkeit an den Vorgängen rasch nach. Die Bürger der Vereinigten Planeten betrachteten es als selbstverständlich, daß die Behörden Probleme schnell, gründlich und perfekt lösten. Das Vertrauen in die Sicherheit war nur für kurze Zeit und nur oberflächlich erschüttert worden. Jetzt breitete sich wieder Beruhigung aus. Niemand interessierte sich sonderlich für das weitere Schicksal der Merkur-Rebellen.
    Genau wir alle anderen stand Lara auf, als der Richter den Raum betrat.
    Vergeblich versuchte sie, in seinem Gesicht zu lesen. Die Angeklagten wandten ihr den Rücken, das Profil ihres Vaters wirkte hart und angespannt. Er hatte nicht versucht, ihr falsche Hoffnungen zu machen. Daß er nicht mehr erreichen konnte, als - vielleicht - das Leben der neun Männer zu retten, war von Anfang an klargewesen. Und Conal Nord hatte auch nicht verschwiegen, worauf die letzten Fragen des Richters gezielt waren: auf die Möglichkeit, die Angeklagten nicht gleich zu behandeln, sondern einen von ihnen als Hauptschuldigen.
    Nur einen...
    Mark Nord hätte auf die gleichen Fragen nicht anders geantwortet, aber ihn hatte man nicht gefragt. Mark war Conal Nords Bruder, und - bewußt oder unbewußt - der Richter blieb davon nicht unbeeindruckt.
    Lara grub die Fingernägel in die Handballen. Die gestelzten Eröffnungsfloskeln nahm sie kaum wahr. Der Richter faßte knapp zusammen, was sich bei der Beratung an wichtigen Gesichtspunkten ergeben hatte.
    »... ist das Gericht der Auffassung der Anklagevertretung gefolgt, soweit es sich um die Bewertung der Tatsachen handelt. Die Anerkennung einer Notwehrsituation muß abgelehnt werden. Die diesbezüglichen Ausführungen der Verteidigung wurden jedoch als strafmildernd berücksichtigt.
    Lara schloß die Augen und öffnete sie wieder. Ihr Vater mußte tatsächlich alles getan haben, was menschenmöglich war. Milderungsgründe wurden vor dem marsianischen Hochgericht sonst sehr selten anerkannt.
    »Nicht zu verkennen ist andererseits, daß es sich bei den Angeklagten um eine Gruppe von Rädelsführern

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