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Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Titel: Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Sicherheitsvorschriften verlangten, daß sich an solchen Besprechungen jeweils höchstens zwei Gefangene gleichzeitig beteiligten. Ein Kontakt untereinander war so gut wie unmöglich, da ihnen die Schlafmasken immer nur für kurze Zeit abgenommen wurden. Außer Katalin hatten sie alle eine Vernehmung unter Wahrheitsdrogen hinter sich - ein völlig normaler Vorgang für die marsianische Justiz. Das Gericht beschränkte sich darauf, Tatsachen zu werten statt sie erst noch herauszufinden. Und nicht einmal das. Im Regelfall ergab sich die Wertung von selbst aus den wissenschaftlichen Gutachten. Bei der Vorverhandlung war es Conal Nord gelungen, einem dieser Gutachten erfolgreich zu widersprechen, doch das mußte nicht viel bedeuten.
    Ein Schauprozeß, hatte Mark gesagt. Eine Farce...
    Aber für Charru zählte vor allem eins: daß der Beschluß des Gerichts, diesen Prozeß überhaupt zu eröffnen, seine Freunde in Zukunft zumindest davor schützte, willkürlich umgebracht zu werden. Lieber sterben als in Gefangenschaft leben - das sagte sich leicht. Aber zuschauen zu müssen, wie Frauen und Kinder starben oder Wehrlose ermordet wurden, war eine andere Sache. Charru wußte, daß er die bittere Lektion jenes Augenblicks, als er sich zur Kapitulation entschlossen hatte, nie mehr vergessen würde.
    Er fühlte sich erschöpft, obwohl er in den letzten Tagen fast ständig unter dem Einfluß der Maske geschlafen hatte. Auch Conal Nord wirkte nervös.
    »Ich habe vergessen, Sie über einen bestimmten Punkt zu informieren«, sagte er. »Im Moment ist er belanglos, aber ich möchte, daß Sie vorbereitet sind, wenn bei der Verhandlung die Rede darauf kommt. Vielleicht können Sie sich vorstellen, daß es seinerzeit nicht ganz einfach war, Präsident Jessardin zu überzeugen. Er hätte Manes Kane lieber gewähren lassen, weil er der Ansicht ist, daß ein Internierungslager die Probleme lediglich verewigt.«
    »Und wie haben Sie ihn überzeugt?« fragte Charru.
    »Indem ich ihm einen Weg zeigte, sämtliche Sicherheitsrisiken zuverlässig auszuschalten. Sie werden also möglicherweise vor Gericht von der geplanten Entwicklung eines neuen Projektes Mondstein hören, das...«
    Charrus Kopf ruckte hoch.
    »Nein!« sagte er tonlos.
    »Hören Sie mir zu, Charru...«
    Conal Nord legte ihm mit einer impulsiven Bewegung die Hand auf die Schulter. Charru schüttelte ihn heftig ab.
    »Nein!« stieß er hervor. »Das können Sie nicht wollen, nicht wirklich! Das wäre schlimmer als der Tod, das ...«
    »Unsinn!« fuhr ihn der Venusier an. »Sie haben zwanzig Jahre in der Welt unter dem Mondstein gelebt und Ihr Leben in dieser Zeit sehr entschlossen gegen jeden Angriff verteidigt, oder?«
    »Wir waren Tiere für euch! Spielzeug! Versuchsobjekte, die ihr nach Belieben...«
    »Das neue Projekt wäre kein wissenschaftliches Experiment, sondern eine Welt, in der ihr frei leben könntet. Die Entwicklung würde zwar Jahre in Anspruch nehmen, aber... «
    »Frei leben unter euren Augen, unter euren Beobachtungsinstrumenten? Von euch kontrolliert, belauscht und...«
    »Es gibt andere Lösungen. Erinnern Sie sich an Luna! Glauben Sie im Ernst, das Leben unter einem neuen Mondstein wäre schlimmer als eine Strafkolonie?«
    Charru schwieg ernüchtert.
    Er wußte, daß der Venusier recht hatte. Aber er wußte es nur mit dem Verstand, er konnte nichts daran ändern, daß ihm das Projekt Mondstein immer noch als schlimmstes Verbrechen erschien, das die Marsianer an seinem Volk begangen hatten.
    »Ich werde Ihnen die Gelegenheit verschaffen, mit den anderen zu sprechen«, sagte Conal Nord. »Sorgen Sie bitte dafür, daß niemand auf das Wort Mondstein mit einem wilden Ausbruch reagiert. Wenn zum Beispiel Karstein versucht, dem Richter an die Kehle zu springen, wird man ihn bestenfalls auf dem schnellsten Weg in eine psychiatrische Klinik schaffen.«
    »Gut«, sagte Charru nur.
    Als er in Begleitung von zwei Uniformierten den Raum verließ, hatte er sich wieder in der Gewalt, aber ihm war immer noch zumute, als habe ihn der Venusier ins Gesicht geschlagen.
    *
    Das Klopfen an der Tür ließ Lara aus ihren Gedanken auffahren.
    Sie wußte, daß es nur David Jordan sein konnte. Ihr Vater war im Gerichtsgebäude, und andere Kontakte hatte sie in Kadnos nicht mehr. Der Prozeß lief seit zwei Stunden. Grundsätzlich war die Öffentlichkeit zugelassen. Aber Conal Nord hatte verhindert, daß sich seine Tochter der Quälerei des Zuhörens aussetzte, indem er ihren Namen

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