Söhne der Erde 25 - Das Reich Der Zeitlosen
Bruchteil einer Sekunde an ihren Augen vorbeizuziehen schien - das alles schoben sie auf Nervenanspannung und Erschöpfung. Daß ringsum im Licht des roten Mondes ganz leicht die Luft flimmerte, hielten sie für eine natürliche Erscheinung, wie sie auch über den Wüsten des Mars oder den sonnendurchglühten, frostzerfressenen Tälern des Merkur auftrat. Ken Jarel und Raul Madsen hatten weder den Kampf um die Sonnenstadt miterlebt noch die Ereignisse im Bermuda-Dreieck. Sie kannten das gespenstische Gefühl der Zeitverschiebung nicht, wußten nicht, was es war, das sich da von einer Sekunde zur anderen um sie aufgebaut hatte, sie unsichtbar machte, sie von der »Kadnos« abschnitt und gleichsam in einem Loch im Gefüge von Zeit und Raum verbarg.
Ken Jarel wartete mit wachsender Ungeduld darauf, daß sich der kleine Stoßtrupp meldete.
Nach einer Weile beugte er sich vor und tippte die Kennung des zweiten Bootes in den Bordkommunikator. »Raul, kannst du mich hören?«
»Ja.«
»Sie müßten längst zurück sein, verdammt. Ich werde versuchen, Charru oder Mark zu erreichen und ...«
»Lieber nicht«, unterbrach ihn Madsen. »Du weißt, daß die Handkommunikatoren einen ziemlich durchdringenden Summton von sich geben.«
»Und du weißt, daß wir nirgends einen Hinweis auf Leben entdeckt haben. Wer immer den Planeten bewohnt haben mag, muß ihn schon vor langer Zeit verlassen haben. Also wo ist die Gefahr?«
»Du sprichst von Leben, so wie wir es verstehen«, sagte der alte Merkur-Siedler ruhig. »Vielleicht existiert hier etwas, das zu fremd für uns ist, um es richtig zu deuten.«
»Um so mehr Grund, uns um die anderen zu kümmern. Ich werde dieses verdammte Loch im Felsen suchen und ...«
Ken Jarel stockte.
Das Zeitfeld schützte ihn, aber es verbarg die Umgebung nicht vor seinen Augen. Jenseits des Bereiches flimmernder Luft dehnte sich schwarze, verbrannte Wüste, von dem großen roten Mond in geisterhaft düstere Beleuchtung getaucht. Im ersten Moment hatte Ken den Eindruck, als ob nur ein Wechsel in den Lichtverhältnissen die malvenfarbenen Schatten veränderte und die Felsen mit einem seltsamen Rubinglanz überzog. Dann begann sich tief im Herzen der Schatten etwas zu bewegen. Ken hielt den Atem an.
»Raul!« preßte er hervor. »Schau dir das an!«
Der alte Mann blieb ruhig. Oder vielleicht waren seine Augen nicht mehr scharf genug, um Einzelheiten zu erkennen.
»Staubwirbel?« fragte er gedehnt.
»Nein! Erstens weht kein Wind, zweitens gibt es hier keinen Staub ...«
Jarel verstummte erneut.
An einem Dutzend Stellen ringsum hatten sich leuchtende Flecken gebildet: rubinrotes Licht, das sich nicht ausbreitete, nicht die Umgebung erhellte, sondern in sich selbst zu kreisen schien. Jetzt war die Erscheinung auch für Raul Madsen nicht mehr zu übersehen. Ken hörte einen scharfen Atemzug durch den Lautsprecher.
»Was kann das sein, Raul? Verdammt noch mal, was ...«
»Vielleicht - eine Art von Irrlichtern Oder etwas wie das sogenannte Elmsfeuer auf dem alten Segelschiff, das Charrus Leute auf der Erde benutzt haben.«
Ken Jarel schluckte.
Die leuchtenden Phänomene wuchsen, strahlten heller.
Jetzt blitzte im Zentrum der rotierenden Bewegung etwas auf wie blaues Feuer, zuckte und wand sich, leckte nach allen Seiten gleich peitschenden Tentakeln. Kens Kiefer schmerzte, so hart preßte er die Zähne zusammen. Er wußte nicht, was er vor sich sah. Aber er spürte die tödliche Gefahr mit jeder Faser.
Gefahr nicht nur für die Boote, sondern vor allem für die Männer, die in der Höhle verschwunden waren. Das glaubte er jedenfalls.
Mit einem Ruck beugte er sich vor, und seine Hand fiel auf die tote Taste, die das Funkgerät auf Alarmkommunikation schaltete.
*
Für ein paar Sekunden hatte Charru das Gefühl, als habe sich der Zeitablauf verlangsamt.
Er hörte Crests Stimme und sah, wie der Uranier das Lasergewehr hochriß. Ktaramon hob in einer hilflosen Geste der Abwehr die schlanken weißen Hände. Charru wußte, daß der Fremde fähig war, sich durch einen winzigen Zeitsprung zu retten, sich unsichtbar und unverwundbar zu machen. Aber Ktaramon war kein Magier. Auch er konnte Schrecken empfinden. Auch er kannte die tödliche Lähmung des Schocks, die schnell genug abzuschütteln es der Erfahrung eines ganzen Lebens in Gefahr und Kampf bedurft hätte.
Charru handelte, noch ehe sein Gehirn einen bewußten Befehl formte.
Mit einem Hechtsprung schnellte er auf den Uranier zu und schlug die
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