Söhne der Erde 25 - Das Reich Der Zeitlosen
die Filterstäbe. Hinter sich spürte er Laras gespanntes Schweigen. Sie hat sich verändert, dachte er. So zielstrebig, ihrer selbst und ihres Weges so sicher ... nie vorher war ihm klarer gewesen als jetzt, daß sich das Rad nicht zurückdrehen ließ. Lara konnte nicht mehr als normale Bürgerin der Vereinigten Planeten leben. Sie würde weiter ihrem Traum nachjagen. Und wenn sie endlich begriff, daß es nur ein Traum war, würde sie daran zerbrechen.
Conal Nord wandte sich langsam um und betrachtete das schmale, schöne Gesicht unter dem blonden Haarhelm.
Lag es wirklich nur zwei Jahre zurück, daß sie sich anläßlich seines Staatsbesuches auf dem Mars seit langer Zeit zum erstenmal wieder getroffen hatten: Vater und Tochter, aber einander fast fremd? Oder nein, nicht wirklich fremd, dazu waren sie sich zu ähnlich. Beide verband ein tief verborgenes rebellisches Erbe, das zu wecken es nur eines Anstoßes bedurfte. Und beiden war die Begegnung mit den Flüchtlingen aus der Mondstein-Welt zum Schicksal geworden.
Zwei Jahre - und eine Welt von Erfahrungen ...
Laras Augen forschten in den Zügen ihres Vaters. Die schmalen, gebräunten Hände umspannten die Lehnen des weißen Schalensitzes.
»Wirst du Davids Antrag unterstützen?« wiederholte sie ihre Frage von vorher.
Conal Nord zuckte die Achseln. »Das ist nicht die Aufgabe des Generalgouverneurs, sondern ...«
»Die zuständigen Gremien der Universität werden genau die Empfehlung geben, die du wünschst. In Jupiter City trägt man sich ohnehin mit dem Gedanken, die Erde als Experimentierfeld zu benutzen - David weiß es, obwohl Kadnos es offenbar lieber totschweigen möchte. Und Professor Koslow wurde bekanntlich in die Wüste geschickt, nämlich zum Saturn versetzt, wo er ...«
»Was ihr tut, ist gefährlich, Lara«, unterbrach sie ihr Vater. »Koslow wollte es zu gründlich machen, deshalb ging es für dich gut. Hätte sich Präsident Jessardin nicht persönlich eingeschaltet, wärest du - und David ebenfalls - jetzt in einer äußerst schwierigen Situation.«
»Aber daß sich Jessardin eingeschaltet hat, spricht doch dafür, daß er vielleicht mit sich reden läßt, oder?« beharrte Lara. »Du mußt es versuchen, Vater! Du mußt einfach!«
»Und wozu? Wem nützt es, wenn es tatsächlich gelingt, die Klimaveränderung auf Terra rückgängig zu machen?«
»Auf jeden Fall nützt es den Menschen auf der Erde«, sagte Lara bitter. »Denn es sind Menschen, die dort leben. Und dann würde es diese ... diese schreckliche Idee überflüssig machen, die du dir in den Kopf gesetzt hast: ein neues Projekt Mondstein.«
»Die schreckliche Idee hat Jessardin damals immerhin davon abgebracht, nach der Besetzung Merkurs die Gefangenen liquidieren zu lassen. Lara, du weißt, daß die Barbaren nie mehr auf der Erde leben werden. Ihre Freilassung ist nicht durchzusetzen. Mit keinem Mittel und unter keinen Umständen. Und was die Bewohner Terras betrifft ...«
»Zählen sie nicht?«
»Nicht für diejenigen, die in diesem Fall die Entscheidung zu treffen hätten.« Conal Nord seufzte und schüttelte den Kopf. »Es ist sinnlos, Lara. Und deine Ressentiments gegen ein neues Mondstein-Projekt sind unvernünftig. Du weißt, daß es diesmal kein Forschungsobjekt sein würde, sondern eine Welt, deren Bewohner zwar gefangen wären, aber ein menschenwürdiges Leben in Freiheit führen könnten.«
»Freiheit? Nennst du das Freiheit? Glaubst du, Charru oder Mark würden es akzeptieren?«
»Charru und Mark sind mit der »Kadnos« verschollen und werden nicht zurückkommen«, sagte der Generalgouverneur hart. »Und für die anderen wäre die neue Mondstein-Welt im Vergleich zu dem Lager auf Uranus das Paradies. Ihre Freiheit steht nicht zur Debatte, das läßt sich nun einmal nicht ändern. Es geht lediglich um die Frage ihrer Unterbringung.«
Lara schwieg einen Moment. Die grünlichen Tupfer in ihren braunen Augen hatten sich verdunkelt.
»Trotzdem könntest du versuchen, etwas für die Erde zu tun«, sagte sie leise. »Wenigstens versuchen, Vater! Ein ganzer Planet stirbt. Die Verantwortlichen müssen doch inzwischen begriffen haben, daß das ein ungeheuerliches Verbrechen ist.«
Conal Nord wußte es besser.
Die Verantwortlichen würden nie begreifen, weil für sie nur der Zweck zählte, gleichgültig, welche Opfer er kostete. Der Venusier löste sich vom Fenster und ging zu seinem Schreibtisch. hinüber. Der beschwörende Blick seiner Tochter folgte ihm. Er setzte
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