Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes
der Duft ihres Alphas, der starke Laubgeruch, unter den sich bittersüßes Gras mischte. Im ganzen Haus war es zu riechen, und im ganzen Haus war er zu hören. Über ihnen polterte es, und das glockenhelle Lachen einer Frau drang zu ihnen.
»Zerlegen sie das Bett?«
»Das klang eher nach der Kommode am Fenster.«
Niemand aus Cassians Rudel konnte lange den Mund halten. In allem fanden sie einen Anlass zur Diskussion, und das Verhalten ihres Leitwolfs war ein interessantes Rätsel, über das sie sich die Köpfe zerbrechen konnten.
»Irgendwann müssen sie mal ruhen.«
»Seitdem wir hier rumsitzen habe ich von Ruhe nichts mitbekommen.«
»Schließlich muss jeder zwischendurch etwas trinken oder essen.«
»Oder sich einfach unterhalten.«
Alle Blicke richteten sich auf Sarah, deren Gesicht so verkniffen war, als stecke ihr ein Essigschwamm in der Kehle.
»Du wärest die einzige Mätresse, mit der er sich jemals unterhalten hätte.«
»Wir haben uns unterhalten, ausführlich und sehr lange. An dem Tag vor meiner Wandlung war es.«
»Dieses Gespräch hat er mit jedem von uns geführt. Das zählt nicht.«
Alles winkte ab und richtete die Aufmerksamkeit zurück auf die Zimmerdecke. Unartikuliert brüllte Cassian seine Lust heraus.
»Ob nicht lieber jemand nachsehen sollte? Am Ende quält sie ihn.«
»Unfug, als würde er sich freiwillig quälen lassen. Sie ist eine kleine Person. So viel Kraft hat sie nicht. Wenn er so weitermacht, müssen wir sie garantiert mit den Füßen voran aus dem Haus tragen.«
»Die ist schon etliche kleine Tode gestorben und lebt noch immer«, zischte Sarah.
»Vielleicht ist es ja Cassian, der letztendlich hinausgetragen werden muss.«
Ruben war nicht gestattet, lange über diesen Scherz zu lachen. Juvenal erstickte jede Erheiterung. Seine Stimme zwang das Rudel, enger zusammenzurücken, bis es zu einem Pulk wurde, über den das Oberhaupt der Sippe seinen Unmut ergoss.
»Respekt! Verstanden? Dort oben ist mein Sohn, dein Bruder und euer Alpha. Ihr schuldet ihm Achtung. Ihr seid Zeugen eines seltenen Augenblicks. Euer Leitwolf erwählt sich soeben seine Gefährtin, ob euch das passt oder nicht.«
Juvenal selbst passte es absolut nicht, aber zum Einschreiten war es viel zu spät. Ruben räumte das Schwert fort und bedauerte Cassian. Angeblich wurde durch eine Gefährtin vieles leichter, aber irgendwie klang es im Moment nicht danach.
»Wie lange dauert denn diese Wahl?«
»In den nächsten zwei bis drei Tagen braucht keiner von uns mit ihm zu rechnen.«
Nicht wenig beeindruckt sah das Rudel in die Runde. Juvenal zückte seine Taschenuhr.
»In etwa zwei Stunden wird es zunächst ein Ende haben. Dann braucht er etwas zu essen. Bertrand, alles Fleisch in der Küche kurz in der Pfanne wenden, nur für das Mädchen muss es gut durchgebraten sein. Falls wir Leber im Haus haben, bekommt er sie roh. Dazu Milch.«
Bertrand, der schon auf dem Weg in die Küche gewesen war, blieb stehen. »Er mag keine Milch.«
»Diesmal wird er sie mögen. Jemand soll Milch besorgen, sitzen ja genug hier herum. Wird’s bald! Ich weiß, was er braucht. Habe das selbst durchgemacht.«
Nach und nach trollte sich das Rudel, die einen um Bertrand in der Küche zu helfen, die anderen schwärmten aus, um frische Milch aufzutreiben.
»Ruben! Du kommst mit mir. Ganz in der Nähe muss ein Einstieg zu den Katakomben sein, und ich denke nicht daran, hier herumzuhocken und mich durch Cassians Treiben kirre machen zu lassen. In der nächsten Vollmondnacht werden wir die Namenlosen aus den Katakomben locken, etwa zwei Meilen von hier, befindet sich ein freies Feld, das sich für unsere Zwecke eignet. Sofern ich diesen Einstieg finde.«
»Was ist mit den Vampiren?«, fragte Ruben. Etwa ein halbes Dutzend war in der Nähe. Einer von ihnen saß sogar oben auf der Dachterrasse.
»Mica lässt das Haus beobachten, mehr nicht. Wäre er auf eine Auseinandersetzung aus, hätte er längst zugeschlagen.«
»Niemand kann das Rudel schützen, wenn wir gehen. Cassian ist kaum …«
»Wir beide und diese schwatzhaften Komödianten können wenig gegen ein halbes Dutzend Vampire ausrichten. Mir ist nach einem Kampf. Nimm das Schwert mit. Falls uns ein Namenloser über den Weg läuft, will ich es an ihm ausprobieren. Los geht’s!«
Sie spazierten durch den von Feldern beherrschten Vorort, ohne ein Ziel vor Augen. Juvenal wandte sich mal nach links, dann wieder nach rechts und fluchte und brummte im Wechsel. Es fuchste ihn,
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