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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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dass er nicht mehr genau wusste, wo sich der Einstieg in die Katakomben befand, falls es ihn überhaupt gab, so weit am Rande von Paris. Immer wieder fuhr er mit der Hand durch sein schwarzes Haar, bis es nach allen Seiten abstand und das Sippenoberhaupt einem Vagabunden immer ähnlicher wurde. Die Sommerhitze hatte sie auf Westen und Gehröcke verzichten lassen, und da niemand sonst sich zu dieser Stunde in den Ausläufern von Paris aufhielt, klafften ihre Hemden bis zum Bund ihrer hellen Hosen. Schweiß hatte sich in Rubens Halskuhle gesammelt, er wischte ihn fort. Bei diesem Wetter war die geringste Bewegung eine Mühsal, und der Gedanke daran, was Cassian sich derzeit abverlangte, erfüllte ihn gleichzeitig mit Mitgefühl und Faszination.
    »Hat Cassian die richtige Wahl mit dem Mädchen getroffen?«, fragte Ruben.
    »Die Frage verdient keine Antwort.«
    »Sie ist eine Sterbliche. Mutter beispielsweise war eine Alpha.«
    »Es gibt nur wenige Alpha-Wölfinnen, und das gibt nicht den Ausschlag. Es geschieht, oder es geschieht eben nicht. Es ist wie im Kampf. Entweder du überlebst es, oder du überlebst es nicht.«
    »Dann könnte Cassian etwas dabei zustoßen?«
    »Ihm ist bereits etwas zugestoßen, Ruben, und nun lass mich mit deiner Neugier zufrieden. Du wirst schon alles darüber herausfinden, wenn es dir eines Tages widerfährt.«
    Sie waren im Schatten des Bicêtre angelangt, doch die Düsternis der hohen Mauern und die Dünste aus dem Inneren waren nicht an Rubens Schauder schuld. Er hatte bisher keine Vorstellung davon gehabt, wie die Begegnung mit einer künftigen Gefährtin verlief und war persönlich auch nicht versessen darauf gewesen. Letztendlich kam er zu dem Schluss, dass ihm nichts daran lag, in die Fänge einer Gefährtin zu gelangen, obwohl er überbordende Ausschweifungen nicht unbedingt für eine Strapaze hielt. Ihm reichte der Spaß, den er mit Frauen hatte, völlig aus, nach mehr verlangte er nicht. Geschweige denn, dass er Lust verspürte, zu einem schreienden, winselnden Etwas zu werden. Es schien ein ähnlicher Wahnsinn, wie er hinter den hohen Mauern zu finden war, vor denen er stand. Juvenal war in einem Dornengestrüpp verschwunden und raschelte darin herum.
    »Ich habe den Einstieg gefunden. Hierher, und hilf mir dabei, die Steine fortzuräumen. Wo bleibst du?«
    Ruben zwängte sich in das Gestrüpp und fragte sich, ob eine Gefährtin etwas an dem Befehlston seines Vaters ändern würde, der seine Söhne herumscheuchte und von ihnen den Gehorsam braver Hütehunde erwartete.

     
    »Du raubst mir die letzten Kräfte«, hatte Cassian gesagt und war mit einem glücklichen Grinsen über diese Tatsache aus dem Bett gestiegen.
    Wo immer er hingewollt hatte, sein Ziel erreichte er nicht mehr. Auf Florine machte es den Eindruck, als habe ihm jemand den Teppich unter den Füßen fortgerissen, so plötzlich kam er zu Fall und krachte zu Boden. Sie war sofort aus dem Bett gesprungen, um ihm aufzuhelfen, doch das war bei einem Mann von seiner Größe und Gewicht kaum möglich. Sie hatte sich vergeblich abgemüht, und er hatte unentwegt darauf beharrt, es ginge ihm gut. Bertrands Eintreten hatte sie unter den Schutz der Bettdecke flüchten lassen. Der Lakai half Cassian wieder auf die Beine, und sie konnte zusehen, wie er zurück ins Bett plumpste. Die Verwirrung, die über seine Züge huschte, hatte zum Lachen gereizt.
    Noch immer behielt sie ihn im Auge, aus Angst, er könne einen neuerlichen Schwächeanfall erleiden oder eher einen Würgereiz verspüren, nach all der rohen Leber, die er mit einem ganzen Krug Milch heruntergespült hatte.
    »Ich hasse Milch«, teilte er ihr mit und wandte sich der Fleischplatte zu.
    Die gebratenen Stücke darauf schwammen in ihrem eigenen, blutigen Saft, und er vertilgte eins nach dem anderen, ohne sich lange mit Kauen aufzuhalten. Unterdessen knabberte Florine an einem Hühnerschenkel und trank ein Glas Weißwein. Durch das offene Fenster konnte sie das Zirpen der Grillen hören. Es war windstill und die Luft im Schlafzimmer drückend.
    »Kannst du dich nach Belieben in einen Wolf verwandeln?«, fragte sie, nachdem Cassian sich daran machte, auch den zweiten Milchkrug zu leeren.
    »Hmhm«, war alles, was er herausbrachte. Mit dem Unterarm wischte er sich die Lippen. Er sah vor sich hin, nicht mehr ganz so bleich wie zuvor, und runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht, weshalb ich plötzlich dieses Verlangen nach Milch habe.«
    »Ich würde es gerne sehen,

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