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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Wolf. Seine Knochen brachen. Er schlidderte in die Straßenmitte und blieb mit bebenden Flanken liegen.

     
    Monsieur de Nerval war passionierter Jäger, und da sein Tag aufgrund dieser Passion sehr früh begann, fand ihn das Morgengrauen stets auf seinem Nachtstuhl vor. Ein unglaubliches Tosen verhinderte die nötige Konzentration, die der Hofbeamte für seine Verrichtung benötigte. Er brauchte eine Weile, um dieses eigenartige Kreischen seelisch zu verdauen, während sein körperlicher Verdauungsapparat vollständig zum Erliegen kam.
    Schließlich wagte er sich ans Fenster. Direkt auf der Straße vor seinem Haus lag ein Wolf. Trotz seiner ungewöhnlichen Farbe war eine Verwechslung mit einem Hund ausgeschlossen. Der Größe nach zu urteilen war es ein Rüde. Warum der Wolf dort lag oder was ihn in eine Ortschaft führte, kümmerte Monsieur de Nerval nicht. Ein bräunliches Wolfsfell, durchbrochen von einer Vanillefarbe unter der Schnauze und am Bauch, würde sich ausgezeichnet über dem Kamin machen. Für diese Trophäe musste er nicht einmal das Haus verlassen. Vor Aufregung über diesen Glücksfall versagte ihm die Stimme. Er rannte aus seinem Zimmer und fing sich endlich wieder.
    »Pierre. Pierre! Bringe er mein Gewehr! Beeile er sich! Schnell!«
    Als er endlich sein Gewehr in Händen hielt, es geladen hatte und an das Fenster zurückkehrte, um diesem Prachtexemplar von einem Wolf eine Kugel zwischen die Augen zu setzen, war die Straße leer. Weder ein Straßenköter, geschweige denn ein ausgewachsener Wolfsrüde geriet ihm ins Visier. Die Enttäuschung über die verpasste Gelegenheit legte die ohnehin sehr schlechte Verdauung des Höflings für die nächsten beiden Tage lahm.

     

3
     
    D
ie Lügen, zu denen Aymar de Saint-Germain griff, um der Langeweile in Paris beizukommen, hatten ihren Reiz verloren. Dank seiner Wortgewalt und einiger Gauklerkunststücke hatte er auf seinen Streifzügen durch die Salons sogar Louis XV. von seiner Unsterblichkeit überzeugt. Alle Welt glaubte daran, dass Saint-Germain der fleischgewordene Mythos war. Dabei war er nur ein Mann mit einem gewaltigen Problem, dem er bisher nicht beikommen konnte. Wahrlich, er hatte alles versucht und war vor nichts zurückgeschreckt. Das Ergebnis war niederschmetternd. Das Haus, in dem er stand, schlug zusätzlich auf sein Gemüt. Von außen wirkte es unbewohnt, von innen verkam es. Die Wandspiegel waren blind geworden, die Möbel ähnelten gedrungenen Schatten. Es versetzte ihm jedes Mal einen Stich. Er konnte sich nicht daran gewöhnen, auch wenn er die Spinnweben in den Ecken ignorierte und den Blick auf sein Gegenüber lenkte. An ihm richtete sich sein ganzes Sehnen aus. Bisher war es unerfüllt geblieben.
    Der eigentliche Mythos saß an einem Kamin, obwohl darin kein Feuer brannte. In ihm vereinte sich Schönheit, Geschmeidigkeit und die Zeitlosigkeit der ewigen Jugend. Die Jahrhunderte waren an dem Goldenen vorüber gezogen, ohne erkennbare Spuren zu hinterlassen. Sein Aussehen ließ auf einen jungen Mann schließen. Die Kräfte, die in ihm schlummerten, blieben hinter einem glatten Antlitz verborgen. Er starrte in den Kamin, als sei dieser ein schwarzer Schlund, in den er sich stürzen wollte.
    Saint-Germain schluckte. Seit fünf Jahrzehnten diente er dem Vampir, gehörte zu den wenigen Sterblichen, die seine Geschäfte tätigten, ihm dem Anschein von Normalität ermöglichten und sich seines Vertrauens rühmen konnten. Die Erinnerung an andere Zeiten war in ihm wach geblieben, und wenn es nach ihm ginge, mussten sie zurückkehren. Ja, er sehnte beinahe sogar Marie Brel zurück, obwohl er sie verabscheut hatte. Dieses Nichts, diese stinkende Tochter eines Schäfers aus dem Poitou. Ihr war es erlaubt gewesen, den Goldenen bei seinem Namen zu nennen. Mica hatte sie ihn genannt und war dadurch zu einer Auserwählten unter den Sterblichen und den Vampiren geworden. Maries Tod hatte das Licht in diesem Haus gelöscht und das Lachen des Goldenen gleich dazu. Nach nahezu zwei Dekaden fiel es Saint-Germain noch immer schwer, seine Eifersucht im Zaum zu halten und zusätzlich seinen Zorn über eine zu Staub zerfallene Frau, deren Ableben sich zu einer Katastrophe ausgewachsen hatte.
    Die Liebe, die der Goldene für Marie empfunden hatte, war so überlebensgroß gewesen wie alles andere an ihm. Dabei war dieses Weib nicht klüger gewesen als die Schafe, die sie einst hüten musste. Sie war noch nicht sehr alt gewesen. Für junge Menschen blieb

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