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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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stimmen?«
    Olymp zuckte die Schultern. »Was weiß denn ich? Es ist deine Aufgabe für Ordnung zu sorgen, nicht meine.«
    Der große Kastenwagen hatte eine erste Ahnung aufkeimen lassen. Florine fürchtete, dass sie zur Gewissheit wurde. »Hat es gepoltert und gekracht?«
    »Es klang nach einem Brüllen. Keine Ahnung, was heute Nacht geschehen soll, aber sollte es sich um Folter handeln, geht es zu weit. Madame sagt stets …«
    »Mist!«
    Sie lief zur Pforte und öffnete sie. Auf den flachen Steinstufen brannten die Öllampen friedlich vor sich hin. Sie setzten sich bis ans Ende des Ganges fort. Vor einer Stunde hatte sie die Lampen entzündet und nichts von Unruhe wahrgenommen. Auch jetzt blieb alles ruhig. Dennoch, sie musste nachsehen. Madame Chrysantheme schwenkte gerade eine Sauciere, parlierte gar mit Madame de Pompadour, und würde ohnehin nur in Aufregung geraten, sobald sie von einer Unregelmäßigkeit erführe.
    »Gib mir den Schürhaken.«
    »Welchen Schürhaken? Ich trage doch keinen Schürhaken mit mir herum.«
    »Dann besorge einen. Mach schon!«
    »Lucas sollte nachsehen.«
    »Den Schürhaken, Olymp. Mit etwas Glück ist es nur ein Ziegenbock, und damit werde ich allein fertig.«
    »Was für ein Ziegenbock?«
    Erklärungen kosteten zu viel Zeit. Während sie herumstanden und disputierten, nahm der Festschmaus seinen Lauf. Nach einem kleinen Stoß gegen die Schulter setzte sich Olymp in Bewegung. Ihr Morgenmantel wehte auf, als sie nach einer provisorischen Waffe davoneilte. Florine blickte die karg erleuchtete Treppe hinab und horchte auf ein Geräusch, das Aufschluss gab. Womit musste sie rechnen? Hoffentlich war es ein halbwegs zahmes Tier. Waren Nutztiere zahm? Als Kind der Pariser Gassen wusste sie es nicht. Etwas Kaltes traf auf ihre Handfläche. Olymp drückte ihr einen Schürhaken in die Hand. Asche klebte an seinen Enden. Es war ein bewährtes Teil aus der Küche und kein leichter Ziergegenstand.
    »Los geht’s!«, wurde sie von Olymp angespornt.
    »Du kehrst umgehend zurück nach oben und bleibst dort. Es fehlt noch, dass du zu allem Ärger gesehen wirst. In dieser Aufmachung. Mit der Haube siehst du aus wie eine Gewitterhexe.«
    Eingeschnappt zog Olymp eine Schnute und trollte sich. Um ganz sicher zu gehen wartete Florine, bis das Mädchen die Treppe zum Obergeschoss genommen hatte, ehe sie in das Gewölbe hinab ging. Die Lichter warfen monströse Schatten über Wände und Decke. Was immer Olymp gehört hatte, es wiederholte sich nicht. Durch das massive Holz am Ende des Ganges drang kein Laut. Geradezu verdächtig still war es.
    Sie besann sich auf Saint-Germains Anweisung und fragte sich, was sie sich bei einem Übertritt einhandeln würde. Den Schlüssel hatte sie ihm zwar vor Eintreffen der Gäste überreicht, aber ein Zweitschlüssel steckte in ihrer Rocktasche. Jedes Zimmer besaßeinen. Vorbereitung für jeden Fall und zu jeder Stunde, das war ihre Devise. Zum Tragen war sie bisher nicht gekommen. Noch konnte sie umkehren und jegliches Ungemach dem Verursacher überlassen. Im schlimmsten Fall wurde Madame de Pompadour von einem Ziegenbock über den Haufen gerannt. Eine Katastrophe. Das Ohr an das Holz gedrückt, hoffte Florine auf ein Blöken. Es hätte sie immens beruhigt. Leider blieb es aus.
    Neun Jahre hatte es gebraucht, um ihre Stellung bei Madame Chrysantheme auszubauen. Irgendwann, davon ging sie fest aus, würde sie das Haus ihrer Dienstherrin übernehmen und die Tradition von Exklusivität und Eleganz fortführen. Die Segel vor einem blöden Vieh zu streichen, kam nicht in Frage. Ein letztes Mal holte sie tief Luft und öffnete die Tür. Durch einen winzigen Spalt wagte sie einen Blick in den Raum. Bei aller Prahlsucht hatte Saint-Germain die Zeit gefunden, die Kerzen zu entzünden. Zu je einem Dutzend steckten sie in vier mannshohen Kandelabern und verströmten den Duft von Orangenblüten. Schalen mit Eis, auf dem der Kaviar kühlte, warfen ihr Licht zurück. Das Eis war schwer zu beschaffen gewesen mitten im Sommer. Sein Tropfen war das Einzige, was zu hören war. Kein wild gewordenes Vieh stürmte ihr entgegen. Dadurch ermutigt lehnte sie den Schürhaken an die Wand und schob die Tür ganz auf.
    Bei allen ihr bekannten Heiligen – viele waren es nicht – damit hatte sie nicht gerechnet.
    Ein Mann war an die Eisenringe gekettet. Außer einer Art Schurz trug er nichts am Körper. Die silbernen Handschellen hingen unbenutzt herab, ersetzt von dicken Ketten aus Eisen.

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