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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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weiteren Gedanken daran zu verschwenden schien. Diese Nacht, so hatte sie gehofft, würde darüber hinausführen und das ein oder andere Geheimnisse offenbaren. Pustekuchen! Cassian war kein Rätsel, sondern eine schwere Prüfung, und da sie vor Prüfungen nicht zurückscheute, dachte sie nicht daran, die Grotte zu verlassen.
    Die Arme verschränkt, beobachtete sie sein Treiben an der Wand. Er versuchte tatsächlich, einen der Steinquader zu lösen und stocherte mit einem Dolch an den Ritzen entlang. Mörtel bröckelte hervor. Cassian schob die Finger hinein und versuchte, den Stein zu lösen. Um nicht abermals rüde angebellt zu werden, schwieg sie. Sollte er doch auf den Knien rutschen und die Grotte auseinander nehmen. Die Rechnung für den Schaden würde sie ihm persönlich präsentieren. Ihr Ärger über diese Nacht, die sowundervoll begonnen hatte und dennoch misslungen war, ließ kein Bedauern zu, als er sich die Fingerknöchel aufschürfte. An seinen Unterarmen sprangen Muskeln hervor. Sein Zerren würde zu nichts führen, da der Quader zu groß war, um von einem Mann bewegt zu werden, so stark er auch sein mochte.
    Zu ihrer Verblüffung knirschte es, und der Stein bewegte sich ein Stück vor. Dadurch konnte Cassian ihn besser fassen und zog das schwere Teil aus seiner Verankerung. Als er den Quader beiseite schob, kam ein Loch zum Vorschein, in das er mit dem Licht hineinleuchtete.
    Dort, wo Florine Erdreich vermutet hatte, war nichts davon zu sehen. Aus dem Loch gähnte Finsternis, in die Cassian bäuchlings hineinrobbte. Das letzte, was sie von ihm sah, waren die Sohlen seiner Stiefel. Ungläubig starrte sie auf den Durchlass, der ihn verschluckt hatte. Tatenloses Herumstehen lag ihr überhaupt nicht. Ihr Unbehagen konnte sie nur loswerden, indem sie ihm folgte. Sie kniete sich nieder und beugte sich vor. Von der Schwärze, die ihr entgegengähnte, ließ sie sich nicht abhalten. Ohne auf die Dreckflecken zu achten, die ihr Hemd beschmutzten, schob sie sich durch das Loch, die Augen auf einen kleinen Lichtkegel am Ende eines Ganges gerichtet. Eines Ganges, den es nicht geben durfte. Was hatte ihr Nachbar zu einer solchen Wühlarbeit verleitet? An manchen Stellen wuchs Wurzelwerk aus der Decke, das Gefälle war steil und verlieh ihrem Lauf Schwung. Sie eilte auf Cassian zu, der reglos dastand und auf eine Mulde im Boden blickte. Er drehte sich nicht zu ihr um.
    »Gottes Knochen, du sollst ins Haus gehen! Komm nicht näher!«
    Zwar wurde sie etwas langsamer, jedoch dachte sie nicht daran stehen zu bleiben oder gar umzukehren. Sie wollte wissen, was der Zweck dieses Ganges war, der sich am Ende zu beiden Seiten teilte. Da war eine Mulde, und sie wollte erfahren, was es dort zu sehen gab. Als sie es dann sah, schlug ihr Magen Kapriolen.
    »Was ist das?«
    »Ein Nest.«
    Nein. Kleine Vögel lagen in Nestern, Mäuse, Ratten und Hasen auch, aber deren Nester waren mit Federn oder dem eigenen Fell gepolstert. Was hier in langen Strähnen im Stroh verflochten war, hatte hingegen große Ähnlichkeit mit menschlichem Haar. Und darin lagen vier welpengroße … sie wusste nicht, was es war. Nackte Kreaturen, deren Fratzen ein wenig an Mopshunde erinnerten. Es waren ihre Leiber, die Florine mit Entsetzen erfüllten. Sie schienen furchtbar verkrüppelten Säuglingen zu gehören. Missgeburten mit durchsichtigen Krallen.
    »Sind das … Hunde?«
    »Nein.«
    Daran hatte sie auch nicht wirklich geglaubt. Die Kreaturen wimmerten, als Cassian das Licht tiefer hielt. Sie erkannten im Feuer eine Gefahr und wanden sich wie obszöne Würmer umeinander. Nach kurzem Zögern zog er das Öllicht zurück und sah über die Schulter zu Florine. Er war bleich, Schweiß perlte auf seiner Stirn.
    »Ich kann sie nicht am Leben lassen, doch wenn ich sie töte …«
    »Könnte das Feuer um sich greifen und zu einem Brand führen«, vollendete sie seinen Satz.
    Cassian wich ihrem Blick aus. »So nah an eurem Haus. Verdammt.«
    Vor Ekel ballte Florine die Fäuste. Das Gezücht schien direkt dem Höllenschlund entstiegen, dämonische Ausgeburten waren es. Allein der Gestank, der aus diesem abartigen Nest aufstieg, drehte ihr den Magen um und konnte nicht natürlich sein. Diese Kreaturen waren weder Mensch noch Tier und stanken nach gärendem Aas, nach Seuche und Zersetzung. Ein Odem war es, den sie nicht zuordnen konnte, doch wenn sie ihn mit einem verband, dann mit der Einsicht, dass es dieses Übel nicht geben durfte. Ihre Worte kamen

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