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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Kindermädchens hatte ausgereicht, ihm jede Hoffnung zu nehmen. Im Schatten der Kathedrale Notre Dame hatte er die junge Frau gefunden, zumindest die Teile von ihr, die die Namenlosen nicht verschlungen hatten.
    »Meinen Fehler kann ich weder vor dir, noch vor mir entschuldigen, Kind.«
    »Zurück, Mica!«, grollte es in seinem Rücken.
    Cassian war bei ihnen angelangt. Auf seinem nackten Oberkörper spielten die Muskeln. Er war entschlossen den unterbrochenen Kampf fortzusetzen, Mica bis zum Sonnenaufgang aufzuhalten und beim ersten Morgenlicht seiner Schwäche auszusetzen. Der Wolf wollte töten, und Mica wollte exakt dasselbe. Aber nicht vor Florine. Seine Drohgebärde beschränkte sich auf einen langen, direkten Augenkontakt. Florine drehte sich langsam um, die Arme fest um ihre Taille geschlungen.
    »Was bist du?«
    Zorn und Kummer schwangen in ihrer Frage mit. Sie war viel zu aufgewühlt, um Angst zu verspüren. Sein Kind kannte keine Angst, das machte Mica stolz. Er rückte näher an sie heran. Cassian senkte den Kopf, der Wolf in ihm klemmte sicherlich in diesem Moment den Schweif zwischen die Hinterbeine. Er sah auf seine nackten Zehen, enthielt ihr das Quecksilber vor, das seine Augen ausfüllte.
    »Ich bin Cassian de Garou. Du kennst mich. Besser gar als manch anderer.«
    »Ich kenne Euch nicht!« Von trockenen Schluchzern unterbrochen, sprach sie weiter. »Wahrlich, für einen Ehrenmann hielt ich Euch von Anfang an nicht. Und die Unstimmigkeiten machten mich misstrauisch. Aber nichts hat mich darauf vorbereitet, dass ich … dass ich mich einem Tier überlassen habe! Das ist obszön! Ihr seid eine Bestie, schlimmer noch als ein Mörder! Ich will gar nicht wissen, wer oder was Ihr seid!«
    Blässe überzog Cassians Gesicht. Ihm fiel keine Erwiderung ein.
    »Er ist ein Werwolf«, sagte Mica.
    Mehr an Eingreifen hielt er nicht für nötig. Sie brachte Cassian ohne Unterstützung zur Strecke. Jeder Satz ein Peitschenhieb, der dem Wolf auf den Pelz brannte, sengend in seiner Grausamkeit. Es war interessant und für Mica ein Hochgenuss. Cassian rang um Fassung und eine Rechtfertigung. Mitsamt seinem Stolz blieb sie in seinem Halse stecken. Wenn er noch länger blieb, würde er an der Demütigung ersticken.
    Florine kannte die Wahrheit nicht, wusste nichts über Cassian de Garou und die Wolfsippen, oder gar etwas darüber, was die Menschheit ihnen zu verdanken hatte. Vor ihr stand ein Werwolf aus der ältesten bekannten Blutlinie. Kein Königsgeschlecht kam dem gleich. Er war der Sohn eines Fürsten, entsprang aus einer langen Reihe von Kriegern, die vor Jahrtausenden den Todesmut aufgebracht hatten, die Vampire herauszufordern. Ohne diese Sippen mit ihrer seltenen und gefährlichen Gabe, wäre der Mensch noch heute ein Herdentier, fügsam und dem Willen ihrer einstigen Götter unterworfen. Die Menschheit existierte, um das alte Volk zu nähren, und die Werwölfe hatten dieses von der Natur geschaffene Gesetz außer Kraft gesetzt. Viele von ihnen waren in diesem Krieg gestorben. Ihre Nachkommen waren stärker, mutiger und in der Lage, sich auf eine Weise zu verwandeln, die Florine richtig erkannt hatte. Cassian konnte zur Bestie werden. So genannt zu werden, würde er ihr jedoch niemals verzeihen.
    »Florine, du verstehst es nicht. Komm zu mir.« Er streckte die Hand nach ihr aus. »Mica ist ein Vampir. Der Großmeister des alten Volkes in Europa. Du darfst nicht bei ihm bleiben.«
    »Werwölfe! Vampire! Worauf muss ich mich als nächstes gefasst machen?«
    »Kind«, raunte Mica. Barsch schlug sie seine Hand beiseite. Das Erstaunliche daran war, dass sie ihn wahrhaftig erwischte und nicht ins Leere schlug. »Eines sage ich euch! Ich will nichts – absolut nichts – mit widernatürlichen Höllenkreaturen zu schaffen haben! Verschwindet aus meinem Leben! Ihr habt darin nichts verloren!«
    Mit sich überschlagender Stimme legte Florine die Zeigefinger zu einem Kreuz übereinander und wich zurück an das Haus, das sie betrachtet hatte. Weder Mica noch Cassian rührten sich. Nicht, dass ihnen gekreuzte Finger etwas ausmachten, sie wussten schlicht nicht, was zu tun war.
    »Ruhe da unten!«, schrie eine schrille Stimme aus einem Fenster.
    Florine trommelte mit den Fäusten an die Haustür. »Madame Balbeuf! Öffnet mir!«
    »Bist du das, Florine?«, gellte es von oben.
    »Macht auf! Schnell!«
    Der Frauenkopf, von einer Nachthaube zu einem Blumenkohl deformiert, verschwand vom Fenster. Mica spähte in den Himmel.

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