Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
schon fast mittelalterlichen Gier bemerkte ich recht spät, wie langsam und gesittet Daxx sein Sushi aß. Trotz seiner guten Erziehung stand es im Gegensatz zu dem, was ich von ihm kannte.
„Schmeckt dir dein toter Fisch nicht?“, fragte ich in der Hoffnung, ein wenig witzig zu klingen.
„Doch. Ist lecker. Willst du mal probieren?“, sagte er und hielt mir mit den Plastikstäbchen ein undefinierbares Stück entgegen, an dem er gerade abgebissen hatte. Normalerweise wäre ich nicht darauf eingegangen, aber die Tatsache, dass seine Lippen das Stück rohen Fischs berührt hatten, machte es für mich zu etwas besonderem. Der Ekel davor wurde überdeckt von der Liebe zu ihm. Abgesehen davon schmeckte es gar nicht mal so übel. Während ich kaute, sah ich, dass es ihn freute, sein Essen zu probieren. Trotzdem hatte er nicht den für ihn typischen Glanz in den Augen. Ich benötigte nicht lang, bis mir klar wurde, was an ihm nagte.
„Du machst dir Sorgen um Sinh.“
Daxx zögerte einen Moment, dann nickte er vorsichtig. Vielleicht hatte er Angst, wir würden meinen ursprünglichen Plan doch noch umsetzen und ihn nach San Angelo zurückschicken.
„Das musst du nicht. Ich bin mir sicher, er ist dort in den besten Händen.“
„Das ist er in jedem Fall“, sagte Alain, der gehört hatte was ich gesagt hatte. „Das Community Medical Center ist keine Provinzklinik. Da ich nicht wusste, ob dein Bruder privatversichert ist, habe ich für seinen Aufenthalt bar und im Voraus bezahlt. Du hättest die leuchtenden Augen dieser Halbgötter in Weiß sehen sollen. Glaub mir, er wird dort verwöhnt wie Gott in Frankreich.“
Daxx zeigte ein verlegenes Lächeln und ich war beiden dankbar, besonders Alain.
„Hör zu, Daxx“, sagte ich. „Wenn es dich beruhigt, sehe ich eben nach ihm.“
Diese Idee war mir gerade erst gekommen. Ich wunderte mich, dass ich sie nicht schon früher gehabt hatte, andererseits auch wieder nicht, berücksichtigte man die Tatsache, dass wir seit dem Unfall in permanentem Trouble gesteckt hatten.
„Häh? Jetzt sofort? Wie denn?“
„So, wie ich auch nach dir gesehen habe, als du im Wagen der Entführer warst.“
Das durch Alains Aussage entstandene Lächeln auf Daxx’ Gesicht verwandelte sich nun endlich in ein breites, strahlendes Lachen.
„Fab! Und das geht wirklich?“
„Bei dir hat es doch auch funktioniert, oder?“
„Ja! Ja, stimmt. Oh Mann, würdest du das tun?“
„Für dich doch immer.“
Aber das war nicht die ganze Wahrheit. Ich tat es für mich genauso wie für ihn. Daxx liebte seinen Bruder auf vielschichtige Art und Weise, als Familienmitglied, als Lover und aus Selbstverliebtheit, so seltsam das auch klingen mochte. Ich hatte nur einen der drei Gründe, aber mein Gefühl war mindestens so stark wie seins.
Ich konzentrierte mich, ließ meinen Geist den Highway zurückwandern, schneller als das Licht, ohne allerdings den Kontakt zur Realität ganz aufzugeben. Alain, Daxx, den Wagen, die Straße, all das nahm ich wie in Trance noch immer wahr, abgedunkelt bis zur beinahen Finsternis und zu einem leisen Flüstern gedämpft. Ich wagte es nicht, ganz zu verschwinden, für den Fall, dass wir in Schwierigkeiten gerieten.
Wie schon in Daxx’ Fall musste ich nicht wirklich nach Sinh suchen. Ich konnte nicht einfach in den Geist irgendeiner beliebigen Person eindringen, daher war, abgesehen von meinen beiden Mitfahrern, Sinhs Aura die einzige hell leuchtende Stelle in der düsteren, farblosen Landschaft hinter uns. Nach nur wenigen Sekunden hatte ich ihn erreicht.
Samstag, 30. Juni 2012 – 12:43 Uhr
San Angelo
Allgemeine Raumzeit
Er schlief, das spürte ich an der Ruhe, die von ihm ausging. Seine Schmerzen waren mit Medikamenten zumindest zeitweilig unterdrückt worden, aber es war deutlich, dass er sich nicht mehr in ernster Gefahr befand. Ich war nicht nur in seinem Kopf, ich konnte mein körperloses Wesen regelrecht umhergehen lassen und mir seine Umgebung ansehen. So also hatte Alain das damals gedeichselt, als der General früher als erwartet nach Hause kam.
Sinh lag allein in einem geräumigen Doppelzimmer. Die unteren drei Fuß der Wände in einem warmen Erdton gestrichen, die darüber liegenden Bereiche in hellem Ocker, wirkte das Zimmer regelrecht gemütlich. An der breiten, den Betten gegenüberliegenden Wand, hing ein großer flacher Fernseher oder Monitor. Darunter stand ein schmaler Tisch mit Zierdeckchen und Trockengesteck, umringt von zwei
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