Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
ergab.
Stattdessen zog ich ihn sanft an mich heran, schloss meine Augen und küsste ihn. Er schien überrascht, ließ es aber geschehen und genoss es – so glaube ich – genau wie ich. Lediglich unsere Zungenspitzen berührten sich, doch das war der Situation angemessen.
„Wofür war das denn?“, fragte er nach dem Kuss mit einem freudigen Staunen, das eigentlich nur Kindern vorbehalten ist. Unschuldig und wahrhaftig.
„Für deine Hilfe“, erwiderte ich mit einem Lächeln. Für einen Augenblick zeigte sein Gesicht Unverständnis und Stolz, unterschiedlich wie die zwei Theatermasken für Tragödie und Komödie, verschieden, aber zusammengehörig. Sein Versuch, beide Emotionen unter einen Hut zu bringen, wirkte niedlich.
Trotz aller bisherigen Vorkommnisse fühlte ich mich wohl. Die Art, wie mich unsere Reise den Zwillingen näher gebracht hatte, zeigte bereits jetzt schon ihre guten Seiten. Kein Kartenspiel, kein Cricket oder Ringen oder Anstreichen war dazu notwendig gewesen. Darüber war ich besonders froh, denn es hätte eine simple Wiederholung der Ereignisse von vor fünfzehn Jahren bedeutet, die einerseits nicht dieselbe Wirkung gehabt, und andererseits die kostbaren Momente mit Alain herabgesetzt hätten. Das hier war etwas neues, etwas anderes, das keinen Vergleich möglich machte. Genau so sollte es sein.
Aber ich spürte das Ende der Odyssee, die ich, so turbulent sie auch gewesen sein mochte, doch für alle Zeit als etwas Gutes in meinem Leben in Erinnerung behalten würde. Das Finale hatte ich herbeigesehnt, doch nun, als es in greifbare Nähe gerückt war, schien es, unabhängig von seiner Art, zu früh seinen Auftritt auf der Bühne meines Daseins gehabt zu haben.
Ich schwelgte bereits jetzt in glorifizierenden Erinnerungen an diese Zeit, obwohl die letzte und schwerste Hürde noch nicht genommen war. Wahrscheinlich, weil wir unserem Ziel so nahe gekommen waren, vielleicht, weil sich mein Denken gewandelt hatte. Ich hatte verstanden, dass man im Leben kämpfen muss für das, was man persönlich für wichtig und allgemein für richtig hielt. Ohne Kampf keine Belohnung, aber genau das stellte ihren Wert dar. Und für diesen Kampf, den auszutragen ich nun endlich bereit war, musste und wollte ich nun endlich bereit sein.
„Alain, hältst du es für möglich, dass wir kurz durch einen Drive Inn fahren?“, fragte ich nach vorn. „Nur ganz schnell. Von meinem gestrigen Abendessen ist nicht gerade viel übrig geblieben.“
„Können wir machen“, sagte Alain und schielte auf die Uhr in der Konsole. „Aber nicht hier in Bluff Dale. Die haben nicht einmal einen Zaun, über dem man ungewollt tot hängen könnte. Du musst dich bis Granbury gedulden.“
Alain behielt Recht. Bluff Dale spottete selbst der Beschreibung eines Dorfs, und Tolar, der nächste Ort auf unserer Strecke über die US-377, war kaum einen Deut besser. Granbury hingegen war schon wieder so groß, dass man es zumindest auf einer Karte finden konnte. Und sie waren im Besitz einer McDonalds Filiale, die wir ordentlich plünderten.
Entgegen meiner Vermutung bestellte Daxx für seine Verhältnisse wenig Essen an dem Drive Inn Schalter, dessen Soundqualität sich in den letzten anderthalb Jahrzehnten nicht nur deutlich verbessert hatte, sondern durch einen Monitor ergänzt worden war, auf dem man seinen Kellner sehen konnte. Okay, oftmals wirkt ein optischer Reiz hilfreich, um einen akustischen besser zu erkennen. Dementsprechend schien es nicht verwunderlich, dass die Fast Food Kette noch mehr Wert auf das Äußere ihrer Angestellten legte. Eine hübsche Rothaarige, die ihre Kopfbedeckung keck zur Seite geschoben hatte, nahm unsere Bestellung auf, während sie uns von einem ebenso hübschen Latino am Schalter ausgehändigt wurde.
Alain bekam mehrere große Tüten ausgehändigt, bezahlte und fuhr auf den Parkplatz, um unser Essen aufzuteilen. Ich bekam einen Cheeseburger mit Fritten, zwei Chickenburger süß-sauer, eine große Coke und Kartoffelstreifen, Alain ein gigantisches Käsesandwich mit Milchshake und Daxx eine Portion Sushi mit Reis und Mineralwasser. Wieder mal Asia-Wochen bei McDonalds. Aber Sushi? Welche Schrecken sollte die Zukunft noch für uns bereithalten?
Alain schaffte es, sein Essen während der Weiterfahrt einzunehmen, ohne eine größere Schweinerei zu erzeugen. Ich verschlang meine Burger regelrecht. Nach dem ersten Bissen war mir erst bewusst geworden, wie hungrig ich eigentlich war. In meiner
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