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Söhne und siechende Seelen

Söhne und siechende Seelen

Titel: Söhne und siechende Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alper Canıgüz
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ist eine andere Geschichte. Da wir keinen ähnlich begeisterten Deppen für das Tor fanden wie Hakan, musste sich jeder von uns für ein Tor in den Kasten stellen. Um, wie ich meine, dem Kasten entfliehen zu können, hatte Cemalettin den erstbesten Ball, der herangekullert kam, freundlich hereingebeten, und wir waren überzeugt, dass Celal der Hänfling, der mosernd den Posten übernahm, es genauso machen würde. Eigentlich waren wir durchweg gute Spieler, doch Teamgeist war bei uns praktisch nicht vorhanden.
    Es waren gerade einmal zehn Minuten vergangen, als das Desaster nahte. Das Desaster hieß Gazanfer und war Cemalettins zweitältester großer Bruder. Ein jämmerlicher Taugenichts von achtzehn Jahren, der immer mit einem kranken Grinsen herumlief. Nachts klaute er Autoradios, tagsüber schikanierte er die Kinder in der Nachbarschaft. Er tauchte plötzlich aus dem Nichts auf, schnappte sich ihre Murmeln, stibitzte ihren Ball und verprügelte jeden, der sich ihm in den Weg stellte, begleitet von einer Fluchkanonade. Wie auch immer er es angestellt haben mochte, aber er hatte zwei der räudigen Straßenköter des Viertels zu seinen Sklaven abgerichtet. Rex und Pluto nannte er sie. Ein Ausbund an Kreativität. Sobald Gazanfer dieses seltsame Pfeifen von sich gegeben und mit seinem Finger auf jemanden gezeigt hatte, verwandelten sich diese trägen Viecher in tobsüchtige Monster und hefteten sich dem Opfer sabbernd an die Fersen. Und Gazanfer beobachtete die Szene in Begleitung lautstarker Lachsalven. Es hatte bestimmt Hunderte von Beschwerden bei seinen Eltern gegeben, doch leider für die Katz. Einmal vermöbelte er seinen großen Bruder Zafer mitten auf der Straße dermaßen, dass alle anfingen, echten Horror vor ihm zu kriegen. Im Gespräch mit Augenzeugen begriff ich, dass die Leute nicht etwa deshalb in Angst und Schrecken versetzt waren, weil Gazanfer seinen Bruder krankenhausreif geschlagen hatte, sondern weil er dabei wilde Flüche auf dessen Mutter ausstieß. Nach Ansicht der Beobachter drehte Gazanfer beim Prügeln derart durch, dass er sogar vergaß, dass es sich bei besagter Mutter auch um seine eigene handelte. Das war natürlich Unsinn. Es handelte sich bei ihm um einen simplen Ödipuskomplex. Wie dem auch sei, jedenfalls hatte jeder die Nase gestrichen voll von Gazanfer. Nur Cemalettin mochte ihn ein wenig. Er versuchte seinen Bruder mit der Behauptung in Schutz zu nehmen, dieser habe als Kleinkind eine üble Hirnhautentzündung erlitten und würde sich deswegen so benehmen. Allzu glaubhaft erschien mir das nicht. Der Typ war schlicht und ergreifend ein Psychopath. Das eine oder andere Mal hatte er sich mit Gruppen angelegt, bei denen ich auch dabei war, aber nie war es zwischen uns zu einer Konfrontation Mann gegen Mann gekommen. Natürlich wusste ich nur zu gut, dass es eines Tages passieren würde. Und jener Tag war ebendieser Tag.
    Als Gazanfer, flankiert von seinen beiden Tölen, auftauchte, brach Burhan sofort das Spiel ab und schnappte sich den Ball. Immerhin war er der Besitzer.
    »Was soll das, du Schwuchtel«, sagte Gazanfer, »versteckst du den Ball etwa vor deinem Kumpel Gazanfer?«
    Burhan war acht und der größte Rowdy unter uns. Reichlich cholerisch war er obendrein. »Red vernünftig«, gab er mit hochrotem Kopf zurück.
    Die Spucke, die Gazanfer zwischen den Zähnen hindurchschleuderte, legte die vier, fünf Meter Distanz zwischen den beiden zurück und landete in Burhans Gesicht. Burhan quittierte dies mit einem Stein, den er sich vom Boden schnappte und Gazanfer mit aller Kraft an den Kopf schmiss. Leider verfehlte er sein Ziel. Gazanfer gab seinen Hunden den Befehl zum Angriff, und sofort fielen Pluto und Rex wie tobsüchtig über Burhan her. Burhan versuchte zu entkommen, doch vergebens. Die Köter warfen den armen Kerl zu Boden und begannen, ihn überall zu beißen. Der Junge hatte den Ball weggeworfen, trat wild um sich und versuchte mit den Armen sein Gesicht zu schützen.
    »Hör doch endlich auf, bitte!«, schrie Cemalettin und klammerte sich an die Hose seines Bruders. Ein Fehler. Er hätte sich nicht in die Reichweite des rechten Arms dieses Bekloppten begeben dürfen.
    »Ich mach dich platt, du Hurensohn!«, mit diesen Worten knallte Gazanfer seinem Bruder eine schallende Ohrfeige ins Gesicht.
    Die Yaprak-Sträßler hatten sich längst verdünnisiert. Auch unsere Mannschaft machte sich langsam aber sicher bereit zur Flucht. Celal der Hänfling trat an mich heran.
    »Lass

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