Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
streng und hart ist, wie er gerade bei seinen abendlichen Auftritten im Speiseraum wirkt.
„Bitte, meine Brüder, wartet doch nicht auf mich.“
Jeden Abend begrüßt er seine Brüder auf eine ähnliche Weise. Schon jetzt, nach gerade einer Woche, findet Lithan diese falsche Bescheidenheit nervig und respektlos. Gerade die jungen Mönche haben mit den langen Wartezeiten zwischen den Speisungen ihre Schwierigkeiten. Wartet an einem normalen Tag ein üppiges, reich gedecktes Frühstück und abends, zwölf Stunden später, das gemeinsame, meist wenig aufwendige Abendmahl auf die Brüder, so gibt es außer dem morgendlichen, wenig geschmackvollen Mashat-Tee, der aus im Kloster angebauten Kräutern gebrüht wird, nur abends etwas Herzhaftes und Gehaltvolles zu essen.
Yuthian wirkt, während er langsam an seinen Brüdern vorbei läuft, nicht vollends selbstgefällig. Doch noch bevor sich Yuthian setzen und das Abendmahl somit offiziell eröffnen kann, läuten die Glocken vom Haupttor des Klosters. Yuthian schließt genervt die Augen, legt die Servierte auf seinen Schoss und spricht in die Runde: „Bithan, Lithan, Watin. Geht ans Tor und schaut nach, wer es wagt, unsere göttliche Ruhe zu stören.“
Während Bithan und Watin anzusehen ist, dass sie lieber sitzen bleiben und etwas essen würden, freut sich Lithan auf die Abwechslung, auch wenn ihm vor Hunger der Magen in den Kniekehlen hängt. Die drei stehen auf, verbeugen sich kurz zur Bestätigung in Richtung des Klostervaters und eilen zum Haupttor.
„Gott möchte bestimmt nicht, dass ich hier den Laufburschen spiele“, meint Bithan hechelnd.
Lithan kann sich einen ironischen Kommentar nicht verkneifen: „Auf keinen Fall. Ihr zwei Einfaltspinsel seid ohne Frage für Höheres auserkoren.“
„Was ist denn mit dir los?“, möchte Watin wissen, der einfach zu naiv ist, um Lithans zynische Bemerkung zu verstehen.
„Ach, gar nichts“, antwortet Lithan, kurz bevor die drei das Haupttor erreichen. Er weiß, dass er mit den zwei Jungs keine Diskussion über den Sinn und Unsinn organisierter Religion führen braucht.
Während Lithan die an der Wand angebrachte Schließvorrichtung betätigt, öffnen Bithan und Watin die beiden Flügel des Haupttores. Als sich dieses vollständig geöffnet hat, stellen sich die drei vor den Eingang zum Kloster und staunen. Vor ihnen steht eine Einheit der hurthischen Armee. Die Soldaten haben einen langen, quälenden Weg hinter sich. Die Narben, das Blut auf ihren Rüstungen und die erschöpften Gesichter machen den drei jungen Mönchen klar, dass die Soldaten auf ihrem Weg zum Kloster einige Strapazen über sich ergehen lassen mussten.
„Wir müssen mit eurem Ordensvater sprechen!“ Es ist Botin Eisenfels, der es tatsächlich geschafft hat, seine Einheit zum Kloster zu führen. Obwohl auch ihm die Erschöpfung anzusehen ist, wirkt er ausgesprochen höflich. Watin und Bithan ist anzumerken, dass sie von der stolzen Erscheinung des Hauptmannes beeindruckt sind.
Lithan versucht, sich ein Überblick über das Geschehen vor dem Klostertor zu verschaffen. „Welches Anliegen dürfen wir unserem Ordensvater melden?“
Um den drei jungen Mönchen die Dringlichkeit seines Anliegens zu verdeutlichen, gibt Botin seinen Kameraden den Befehl, das Blickfeld freizumachen und den Grund ihrer weiten Reise zu enthüllen. Watin und Bithan trauen ihren Augen nicht. Beide sind tatsächlich derart gefestigt in ihrem Glauben, das ihnen bei diesem Anblick Tränen in die Augen schießen. Hecktisch nehmen beide ihre Beine in die Hand und laufen zurück in den Speiseraum.
Lithan schaut ihnen verwundert hinterher, zieht irritiert die Augenbrauen hoch und schaut Botin an. „Die sind beide als Kinder vom Pferd gefallen, glaub‘ ich.“
Watin und Bithan erreichen nach einem kurzen Spurt den Speiseraum, in dem ihre Brüder bereits mit dem Abendmahl begonnen haben.
Da Watin zu sehr außer Atem ist, stupst er Bithan an die Schulter, als Aufforderung, Bericht zu erstatten. „Einhörner, gütiger Vater. Vor dem Tore stehen Einhörner.“
Die Ordensbrüder schauen den Jungen etwas ungläubig an, denn so weit im Süden gibt es seit dem dritten Feuerkrieg keine Einhörner mehr. Diese waren zum eigenen Selbstschutz dazu gezwungen, sich in die kriegerischen Handlungen zwischen den Menschen und den Verbündeten der Feuerkönige einzumischen. Viele Einhörner fanden in den Kämpfen gegen die Finstertal-Trolle und den Bergriesen den Tod. Als der Krieg zu Ende
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