Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
spüren offenbar die Unruhe, die sich unter der Bevölkerung verbreitet. Sie wollen jedes Anzeichen eines möglichen Aufstandes verbrennen.“
„Und die Feuerkarden haben die Bevölkerung vorgewarnt? Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Keylin weiß, wie unberechenbar, brutal und kaltschnäuzig die Feuerkarden sind. Nach all den Jahrhunderten, denen sie unter der Herrschaft der Mächte des Feuers leben, haben sie nichts mehr mit der kardischen Kultur im Süden gemein. Die Karden mögen Verräter sein, doch sie sind nicht annährend so gnadenlos und unbarmherzig wie ihre Verwandten aus den Tälern zwischen den brennenden Bergen, die nun im Auftrag des Feuers die Stadt Vathexa besetzt halten.
„Das haben sie auch nicht“, stellt Nassox klar, „Sie haben uns, als Stadtrat, darüber informiert. Und wir haben entschlossen, uns dem Willen der Feuerkarden zu widersetzen, um dem Volk die Gelegenheit zu geben, die Stadt zu verlassen, bevor es zu spät ist.“
Keylin schaut auf den vor ihr versammelten Stadtrat. Die Volksvertreter sitzen voller Angst und mit gesenkten Häuptern an ihrem halbkreisförmigen Tisch.
Doch die junge Frau möchte sich nicht von der hoffnungslosen Fassungslosigkeit anstecken lassen und verbannt die Gedanken an ihre durch Drachenfeuer verbrannte Heimatstadt. „Wie kann ich Euch helfen?“
„Ich schicke Euch nach Bilanis Ixis“, verkündet Nassox, „Ihr sollt unser Volk in der sagettarischen Hauptstadt vor dem Widerstandsrat von Königin Lynarat vertreten.“
Zum ersten Mal erkennt der erfahrene Politiker Ratlosigkeit im Gesicht der jungen Widerstandskämpferin.
„Wieso ich? Warum nicht jemand vom Rat?“
„Müsst Ihr das wirklich fragen?“, spricht ihr Nassox respektvoll Mut zu und schenkt ihr ein wohlwollendes Schmunzeln, „Wer, wenn nicht Ihr, wäre für diese Aufgabe wohl besser geeignet.“
„Ich fühle mich geehrt, werde es aber so weit in den Westen kaum alleine schaffen“, zweifelt Keylin. Nassox erhebt sich von seinem Platz und geht auf die große, dunkle Holztür zu, für deren aufwendige, eingeschnitzte Verzierungen Keylin bereits bei ihrer Ankunft in der Ratskammer keinen Blick hatte.
„Das müsst Ihr auch nicht“, versichert ihr Nassox und winkt einen kräftigen, in voller Rüstung gekleideten Soldaten herein. Dieser nimmt umgehend Haltung an, als er vor den versammelten Stadtrat tritt. „Hauptmann Tanox Wyllisin meldet sich wie befohlen.“
Keylins Meinung zu den Wachen und den Soldaten des Rates lässt es nicht zu, Erleichterung bei seinem Erscheinen zu empfinden. Für sie sind die Wachen und die wenigen Soldaten, die die Feuerkarden zum Schutze des Rates dulden, nur Handlanger von Leuten, die gar nicht mehr wissen, auf welcher Seite sie eigentlich stehen.
„Der Hauptmann wird Euch begleiten, Euch schützen und mit Rat und Tat zur Seite stehen, während Ihr nach Bilanis Ixis reist.“
Doch noch bevor Keylin entscheiden kann, ob sie die Entscheidung des Ratsvorstehers anzweifelt und eine weitere, überflüssige Diskussion entfacht, läuten auch schon die Glocken der städtischen Wachtürme. Drachen . Zitternd und in Furcht erheben sich die Ratsmitglieder von ihren Stühlen.
„Sie sind da“, spricht Nassox das Undenkbare, das Offensichtliche aus, „Hauptmann, tut alles, um Keylin Andyrs nach Lithiqon zu bringen.“. Nassox reicht Keylin die Hand. „Von dort aus werdet Ihr mit einem valesianischen Himmelsschiff in den Westen reisen.“
„Aufregend“, meint Keylin und zieht zynisch die Augenbrauen hoch.
„Vollendet die Arbeit Eurer Eltern. Macht sie stolz. Macht uns stolz“, fügt Nassox hinzu.
Keylin nickt mit Tränen, die ihr bei seinen Worten in die Augen schießen.
„Wir sollten uns beeilen“, fordert Tanox Wyllisin, dem das lauter werdende Glockenläuten ebenfalls beunruhigt.
„Und bestellt Prinz Elythias einen respektvollen Gruß“, ruft Nassox den beiden hinterher. Tanox bestätigt seine Befehle mit einem kurzen Nicken, packt Keylins schmales Handgelenk und läuft mit ihr durch das Ratsgebäude nach draußen. In den Straßen der Hauptstadt ist das absolute Chaos ausgebrochen. Die Bevölkerung läuft, begleitet von den lauten Rufen der Glocken, schreiend und ziellos umher auf der Suche nach Möglichkeiten zu fliehen oder sich zu schützen. Viele, vor allem ältere Leute, wurden niedergestoßen und liegen nun totgetrampelt am Boden. Kinder stehen weinend in den Hausaufgängen, ohne zu wissen, ob ihre Eltern, die sie in dem heillosen
Weitere Kostenlose Bücher