Söldner der Galaxis
für die Exoten buchstäblich eine Auserwählte von Kultis war. Sie war die Fleischwerdung der besten Eigenschaften, die ein Volk besitzen konnte, und sie wurde wie ein lebendes Kunstwerk verehrt. Es machte nichts, daß sie nicht immer glücklich war, daß sie, ganz im Gegenteil, die gleichen Sorgen und Kümmernisse wie ein normaler Mensch hatte. Das sahen die Exoten irgendwie nicht. Nein, wichtig waren lediglich die Fähigkeiten, die man in ihr gezüchtet und erzogen hatte. Diese Fähigkeiten zum Leben bewunderte man, nicht das tatsächliche Leben, das sie führte. Wenn sie durch ihre Fähigkeiten etwas erreichte, so war es ihre persönliche Belohnung.
Ähnlich war es mit Sayona, dem Mittler. In einem Sinne, den wiederum nur die Exoten verstehen konnten, war er das fleischgewordene Bindeglied zwischen den beiden Welten. In ihm ruhte die Fähigkeit, beide Welten zu verstehen, ihre Gemeinsamkeiten auszudrücken, sie einander näherzubringen …
Donal schreckte mit einemmal hoch, als er merkte, daß Sayona sprach. Der alte Mann redete schon eine ganze Weile, und Donal hatte die Worte durch sein Inneres fließen lassen, ohne sie zu beachten. Doch nun riß ihn ein Satz aus seinen Betrachtungen.
»Aber nein«, sagte Donal. »Ich dachte, das sei der normale Weg für jeden Kommandanten, den Sie anstellen.«
Sayona lachte vor sich hin.
»Wir sollten jeden Kommandanten diesen Tests aussetzen?« fragte er. »Nein, nein. Das würde sich bald herumsprechen, und wir bekämen nicht mehr die richtigen Leute.«
»Ich habe nichts gegen Tests«, meinte Donal.
»Ich weiß.« Sayona nickte. »Ein Test ist schließlich eine Art Wettbewerb; und Sie sind der geborene Kampfteilnehmer. Nein, wenn wir sonst einen militärischen Führer suchen, schauen wir uns seine Leistungen an wie jedes andere Volk auch.«
»Weshalb dann bei mir diese Abweichung?« fragte Donal und sah Sayona an. Die hellbraunen Augen des Alten blinzelten ein wenig.
»Nun, Sie interessierten uns nicht nur als Kommandant«, erwiderte Sayona. »Wie Sie wissen, waren unter Ihren Vorfahren Bewohner von Mara. Auch wenn die Gene jetzt in der Minderzahl sind, verdienen sie doch genauere Betrachtung. Und dann ist uns Ihre Persönlichkeit aufgefallen. Sie besitzen erstaunliche Fähigkeiten.«
»Fähigkeiten wozu?« fragte Donal.
»Zu großen Dingen«, sagte Sayona nüchtern. »Wir können sie natürlich nur auf Grund der Testergebnisse ahnen.«
»Darf ich fragen, was diese großen Dinge sind?« meinte Donal neugierig.
»Tut mir leid, nein. Die Antworten würden Ihnen auch nichts verraten – man kann sie nicht abgesondert betrachten, sondern immer nur im Zusammenhang mit der Persönlichkeit. Deshalb habe ich Sie herbestellt. Mich interessiert Ihre Philosophie.«
»Philosophie!« Donal lachte. »Ich bin ein Dorsai!«
»Jeder, auch ein Dorsai, jedes einzelne Lebewesen hat seine Philosophie – ein Grashalm, ein Vogel, ein kleines Kind. Die Philosophie des einzelnen ist nötig. Sie dient als Prüfstein für die Existenz. Außerdem sind Sie nur ein halber Dorsai. Was sagt die andere Hälfte?«
Donal furchte die Stirn.
»Ich bin nicht sicher, ob die andere Hälfte etwas sagt«, erwiderte er. »Ich bin Soldat, Söldner. Ich habe meine Aufgabe zu erledigen, und ich versuche immer, das so gut wie möglich zu tun.«
»Aber darüber hinaus …«, drängte Sayona.
»Nun, darüber hinaus …« Wieder runzelte Donal die Stirn. »Ich möchte dafür sorgen, daß alles reibungslos verläuft.«
»Merken Sie, was Sie sagen? Sie möchten dafür sorgen. Der Wunsch allein genügt Ihnen nicht. Sie müssen immer handeln, nicht wahr?«
»Aber jemand muß es doch«, sagte Donal. »Nehmen wir die zivilisierten Welten …« Er unterbrach sich.
»Weiter«, sagte Sayona.
»Ich wollte sagen – sehen wir uns die Zivilisation an. Überlegen Sie nur, wie wenig Zeit verging, seit auf der Erde der erste Ballon startete. Vierhundert Jahre? Fünfhundert Jahre? Und was haben wir in dieser Spanne alles erreicht!«
»Ja – und?«
»Mir gefällt das nicht«, sagte Donal. »Abgesehen von der Unsinnigkeit kommt es mir krankhaft vor. Was soll die technische Weiterentwicklung, wenn wir uns immer mehr aufsplittern? Jeder sucht Menschen seinesgleichen und kapselt sich dann mit ihnen zu einer geschlossenen Gemeinschaft ab. Das ist kein Fortschritt.«
»Sie huldigen dem Fortschritt?«
Donal sah ihn an.
»Sie nicht?«
»Vermutlich schon«, meinte Sayona. »Einer ganz bestimmten Art des Fortschritts.
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