Söldner des Geldes (German Edition)
Hoffnung stirbt zuletzt.»
Von Tobler war erschöpft: «Ich dachte, sie habe mir verziehen.»
Winter ging um den Altar herum und half von Tobler aufzustehen. Sie setzten sich in die vorderste Reihe auf die grünen Isoliermatten. Von Tobler war nur noch ein alter und frierender Mann in einem schmutzigen Anzug.
«Es ist schon gut. Beruhigen Sie sich.»
Von Tobler: «Sie können sich ja nicht vorstellen, was ich alter Idiot dann gemacht habe.»
«Sie haben Anne einen Liebesbrief geschrieben.»
«Sie wissen das?» Von Tobler schniefte, er wischte sich die Tränen aus den Augen und schaute Winter erstaunt an.
«Ich habe den Brief gelesen. Er war sehr schön.» Das stimmte. Winter hatte den altmodischen, aber galanten Stil bewundert. Er wünschte sich, er hätte den Mut gehabt, Anne seine Liebe in solchen Worten zu gestehen.
«Wirklich?»
«Ja.» Vergebung.
Von Tobler zog ein Taschentuch mit eingesticktem Monogramm hervor und wischte sich die Stirn. Mit einem flachen Lächeln und ruhiger Stimme: «Sie hat nicht reagiert. Wahrscheinlich wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Ich habe es nicht mehr ausgehalten und sie angerufen.»
«Am Nachmittag vor dem Absturz.»
«Ja. Zuerst wollte ich es ihr persönlich sagen. Ich bin zu ihrem Büro gegangen, aber sie war nicht da und das Büro abgeschlossen. Ich habe sie aus dem Konferenzraum daneben angerufen, und wir haben uns verabredet.»
Winter nickte. Der Anruf von 16 : 55 Uhr. Der IT -Berater hatte von Tobler treffend beschrieben.
«Sie wollte unsere Beziehung sofort geklärt haben. Wir haben uns in einem Café getroffen. Sie war aufgewühlt und hat mit der Kündigung gedroht. Sie wusste, was sie wollte.»
Winter musste lächeln. Anne konnte sehr, sehr deutlich werden, wenn es sein musste. Offenbar hatte sie sich an diesem unsäglichen 24. Juli entschieden, mit von Tobler Klartext zu reden. Anne hatte in der Tiefgarage den Liebesbrief noch einmal gelesen, ihn unter die Sonnenblende gesteckt und ihre Waffe unter dem Sitz vergessen.
«Ich wollte nur, dass wir uns aussprechen. Aber Anne ist einfach aufgestanden, hat ‹Jetzt ist Schluss!› gesagt und ist gegangen. Das waren ihre letzten Worte. Am Abend haben Sie angerufen und gesagt, sie sei tot.»
Von Tobler stützte seinen Kopf in die Hände, und den Geräuschen nach begann er wieder zu schluchzen: «Hätte ich sie nur zurückgehalten.» Winter legte von Tobler tröstend einen Arm um die Schulter: «Da können Sie nichts dafür. Das war Schicksal.»
Nach einer Weile richtete von Tobler sich wieder auf und lehnte sich zurück. Winter sagte: «Ich glaube, es ist besser, wenn wir zurückgehen.»
Sie standen auf. Die Glieder waren steif vor Kälte und Müdigkeit.
«Bitte behalten Sie das für sich.» Dem Tonfall nach war es keine Bitte, keine Frage und auch kein Befehl, sondern einfach eine Feststellung. Von Tobler wusste, dass er Winter vertrauen konnte.
«Nur wenn Sie mir meine Münze zurückgeben.»
Von Tobler klaubte sie mit klammen Fingern hervor: «Hier. Geld regiert die Welt.» Und nach einer langen Pause: «Danke.»
Sie gingen zurück.
Vorbei an den kalten Adlern, Bären und Eskimos aus Eis.
Als die Schleuse in Sicht kam, fragte Winter: «Herr von Tobler, wann haben Sie eigentlich Muhammed Al-Bader das letzte Mal getroffen?»
«Ich habe mich schon gefragt, wann Sie mir diese Frage stellen würden.» Von Tobler hielt auf dem Glatteis einen Moment inne, wandte sich Winter zu und erklärte: «Ich habe das Oberhaupt der Familie Al-Bader am 20. Juli in Oslo getroffen, um ihn zu überzeugen, in unsere neuen Private-Equity-Fonds zu investieren. Ich bin extra hingeflogen.»
«Und? Waren Sie erfolgreich?»
«Ich glaube schon. Die Schweiz als neutrales, sicheres und stabiles Land war ein unschlagbares Argument. Er hat mir zugesagt, das Angebot ernsthaft zu prüfen.»
«Wollte Al-Bader das Geld in Amerika abziehen und zu uns transferieren?»
«Ich habe keine Ahnung? Warum?»
«Al-Bader soll mit der ‹Pyramid Investment Partners› nicht mehr zufrieden gewesen sein.»
«Sie meinen, mit diesem Farmer?» Er schnaubte: «Seine Pyramiden sind nur ein Trick, um die Scheichs anzulocken. Alles Schall und Rauch. Light and Sound. »
«Kennen Sie Farmer?»
«Nein, aber meine alten Freunde in Amerika halten nichts von ihm. Er ist ein Wolf im Schafspelz. Al-Bader war sich auch nicht sicher. Er hat sich in Oslo jedenfalls bei mir nach Farmer erkundigt.»
Sie traten durch die erste Tür der Schleuse. Eine
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