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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Beck
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genoppte Gummimatte. Sie hatten wieder sicheren Boden unter den Füssen. Von Tobler blieb erneut stehen: «Wissen Sie, wir müssen um jeden Kunden kämpfen. Wenn die Al-Bader-Familie bei uns bleibt und mehr investiert, muss ich meinen Anteil an der Bank vielleicht nicht an die Anfänger in Zürich verkaufen. Die machen im Moment heftig Druck.» Von Tobler fixierte Winter mit seinem gewohnten Blick: «Winter, ich zähle auf Sie.»
    Von Tobler trat durch die zweite Schiebetür. «So, und jetzt gehe ich mich umziehen.» Einer der Führungsgrundsätze des vornehmen Berner Adels war: Gouverner, c’est prévoir . Führen heisst voraussehen. Der alte Fuchs hatte einen Reserveanzug mitgebracht.
    Aber Morde hatte er nicht kommen sehen.
    Oder doch?
    Nach Mitternacht war das Fest vorbei.
    Winter setzte sich im Extrazug ins letzte Abteil und gab vor zu schlafen. Die Schläfe lehnte an der kühlen, beschlagenen Scheibe.
    Zahnräder und Hirn ratterten.
    War das Geständnis in der Eishöhle echt gewesen, oder hatte der Alte nur eine Riesenshow abgezogen? Wie betrunken war von Tobler wirklich gewesen? Wollte er ihn auf eine falsche Fährte locken? Seine Gedanken drifteten zu Anne. Er hatte nicht wie von Tobler den Mut gehabt, ihr seine Gefühle zu gestehen. Und jetzt war es zu spät. Was machte Fatima? War sie im Spa sicher? Winter döste. Mit einem unsanften Ruck hielt der Zug in der dunklen Nacht.

7.   August 01:22
    Im ausgestorbenen Hotelflur angekommen, öffnete Winter vorsichtig seine Zimmertür. Seine Sinne waren gespannt. Alles ruhig. Eine der Nachttischlampen neben dem Doppelbett brannte. Im gedämpften Lichtkegel sah er die beinahe geschlossene Verbindungstür zu Fatimas Zimmer. Es war nach ein Uhr. Hatte er etwas anderes erwartet?
    Er blieb einen langen Moment bei der Verbindungstür stehen und lauschte, hörte aber nichts.
    Er zog die Krawatte aus, nahm eine Flasche Mineralwasser und setzte sich aufs Bett.
    Auf dem Kopfkissen sah er das einfach gefaltete Blatt Papier: «Lieber Tom, vielen Dank, dass du mir heute den Gletscher gezeigt und das Leben gerettet hast.» Ein Lächeln huschte über Winters Gesicht. «Ich hatte einen gemütlichen Abend im Spa und bin jetzt so entspannt, dass ich schlafen muss! Ich hoffe, du hattest eine nette Party. Gute Nacht. Fatima.»
    Erschöpft liess er sich rücklings aufs Bett fallen.
    Irgendwie glücklich. Die kleine Notiz bedeutete Winter viel. Sollte aus der Bekanntschaft eine Beziehung werden? Anne war erst vor zwei Wochen ermordet worden. Welche Absichten hatte Fatima? Sie war selbstständig, unkompliziert und doch geheimnisvoll. Und unheimlich sexy. Aber wie konnte eine Beziehung mit diesen Berufen und auf diese Distanz funktionieren? Vielleicht sollte er Al-Baders Jobangebot doch annehmen?
    Anne.
    War von Tobler wirklich verliebt gewesen? Hatte er den Liebesbrief mit den zeitlosen Formulierungen ernst gemeint? Oder hatte von Tobler als begnadeter Verkäufer und Schauspieler alles nur vorgetäuscht? Gefühle konnten nicht gemessen werden. Er schloss die Augen. Sein Gehirn lag wie ein schwerer schwarzer Klumpen im Schädel.
    Er stand auf, löschte das Licht und ging mit der Flasche auf den Balkon. Gedankenlos starrte er in die Nacht. Während der Fahrt war er todmüde gewesen. Aber das Gemisch aus ungelösten Fragen und unverdautem Alkohol hielt ihn wach.
    Seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Die Konturen eines zugespitzten Gartenpavillons und der Tannen im Hotelpark zeichneten sich ab. Das Rauschen der Bäume vermischte sich mit dem Gurgeln der nahen Aare, die hinter dem Park über ein niedriges Wehr fiel.
    Er setzte sich auf die gusseiserne Bank und dachte nach. Die kühle Stille und Geborgenheit der Dunkelheit befreiten seine Gedanken. Ungebunden reisten sie kreuz und quer durch Raum und Zeit. Winter zog in seinem Kopf Verbindungslinien, die er während der Hektik des Tages nicht gesehen hatte.
    Die Wanderung mit Fatima, die so wunderbar friedlich begonnen hatte, die in die Tiefe fallenden Bretter, der Gletscher und die dunkle Staumauer. Der mächtige Finanzkonzern und die kleine Bank. Bekam er bald einen neuen Chef? Stochern im Käsefondue, die Röhrensysteme unter St. Petersburg voller Scheisse. Martis Cohiba verglühte wie eine Lunte im Schnee. Der Altar mit den beiden Erzengeln und dem davorknienden von Tobler im ewigen Eis.
    Winter erschrak.
    Und erwachte.
    Er war eingenickt.
    Ein Geräusch hatte ihn geweckt.
    Hatte jemand die Zimmertür geöffnet?
    Winter rührte

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