Söldner des Geldes (German Edition)
wieder auf der Terrasse. Winter sagte auf Französisch: «Komm. Ich bin dahinten.»
Tibère hielt eine vorbeigehende Kellnerin am Arm fest und bestellte einen Cocktail, den Winter nicht kannte. Tibère erklärte der hübschen Kellnerin detailliert, was er wollte, und setzte sich dann zu Winter.
«So, schön, dass es dieses Mal geklappt hat!»
Winter sah, dass sich eine junge Frau zum Mann mit dem Gel setzte. Dieser erhob sich halb aus seinem tiefen Sessel. Sie küssten sich. Aus der Distanz sah es echt aus. Er überreichte ihr die Blumen. Entweder gehörten sie wirklich zusammen, oder die Frau war für die Überwachung des Parkplatzes verantwortlich gewesen.
Tibère erzählte eine Anekdote eines Touristen, der heute Morgen Wertsachen und seine Ausweispapiere in ein Schliessfach mit Nummernschloss legte, am Nachmittag den Schlüssel verlor, den Sicherheitscode vergessen hatte und sich nicht ausweisen konnte, weil sein Pass im Schliessfach war. Dilemma. Winter hörte mit einem Ohr zu, grinste und sah, wie die Frau nun mit dem Oberkellner bei der Glastür sprach.
Nach einer Weile gingen sie ins Restaurant. Tibère hatte nach Winters Anruf einen Tisch mit Aussicht im hinteren Teil reserviert. Winter hatte einen guten Überblick über die Gäste und teilte seine Aufmerksamkeit durch drei: ein Drittel für Tibère, ein Drittel für die Aussicht und ein Drittel für die Beschatter.
Als sie bestellten, betrat das junge Paar den Speisesaal und erhielt einen Tisch zugewiesen, der zwei Reihen von ihnen entfernt war. Die telefonierende Frau war verschwunden, und die beiden dicklichen Männer sassen noch immer auf der Terrasse.
Nach dem Lachscarpaccio kam der Rotwein. Tibère verkostete den Wein, nickte, und der Kellner füllte die ballonförmigen Gläser zu einem Drittel. Sie stiessen klangvoll an, wünschten sich Gesundheit. Winter roch am Glas, trank einen Schluck: «Gute Wahl, Tibère.»
«Danke. Der Besitzer des Weinberges ist ein Kunde von uns. Ich kaufe jedes Jahr ein paar Kisten bei ihm. Er schaffte es, den Zonenplan seiner Gemeinde so abzuändern, dass ein Teil seines Rebberges in die Bauzone kam. Jetzt ist er Privatier. Aber er ist einer der unglücklichsten Menschen, die ich kenne, denn er langweilt sich fürchterlich.»
«Tja, Geld allein macht nicht glücklich.»
«Aber es beruhigt.» Sie lachten, dann fragte Tibère ernst: «Hast du schon etwas herausgefunden?»
Winter erklärte Tibère seine Nachforschungen. Sie besprachen den Plan des Abends. Winter beschrieb das Verhalten der verdächtigen Personen. Tibère sass mit dem Rücken zu den Beschattern. Er musste sich nicht umdrehen. Auch er hatte sich aus professioneller Gewohnheit die Leute in seinem Umfeld eingeprägt. Er erinnerte sich daran, die junge Frau, die den Blumenstrauss erhalten hatte, in einem Auto auf dem Parkplatz gesehen zu haben. Winter fragte: «Ein VW Passat mit Zürcher Nummer?»
«Ja, rückwärts parkiert. Sie tat so, als ob sie sich schminken würde.»
Die Steaks kamen. Es gab Gerüchte, dass die Bank von Tibère einen spezialisierten Teil des Finanzkonzerns hinter Winters Bank übernehmen wollte. Gerüchte waren Gerüchte. Sie drifteten durch die Spekulationen. Das Gespräch verschob sich zu Winters Haus, zur unvollendeten Terrasse. Als die doppelten Espressi kamen, waren die beiden Freunde wieder auf dem aktuellsten Stand. Sie freuten sich auf das spezielle Dessert.
Das Pärchen hatte auf ein Dessert verzichtet und war nun ebenfalls beim Kaffee. Die beiden Geschäftsmänner hatten sich erst vor einer halben Stunde ins Restaurant verschoben und warteten auf den Hauptgang. Die telefonierende Frau war verschwunden. Wartete sie auf dem Parkplatz?
Nach einigem Hin und Her konnte Winter Tibère die Rechnung abnehmen. Heute hatte er eindeutig die besseren Argumente. Schliesslich arbeitete Tibère im Moment sozusagen für ihn. Als sie scherzend das Restaurant verliessen, sahen sie in den Augenwinkeln, dass einer der Geschäftsmänner aufstand. Und der junge Mann mit dem Gel wedelte mit dem Portemonnaie.
Tibère und Winter stiegen langsam die Treppe hoch. Oben angekommen, schauten sie sich gemächlich um. Die Sonne war vor etwa einer halben Stunde untergegangen. Am Himmel glühte rosa ein verlorenes Quellwölkchen.
Die beiden machten einen Verdauungsspaziergang. Sie schlenderten der schmalen Strasse entlang, welche sich hoch über dem See durch die Weinberge schlängelte. Der Teer strahlte die während des Tages gespeicherte
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