Söldner des Geldes (German Edition)
Wagen waren vorwärts parkiert. Nur zwei Fahrer hatten sich die Mühe gemacht, ihre Wagen rückwärts zu parkieren.
«Le Baron Tavernier» hatte eine Lounge unter freiem Himmel für die Drinks und einen überdachten, verglasten Teil für das Essen. Die Gäste trafen sich draussen, tranken einen Aperitif oder zwei und setzten sich dann für das Essen in den wettergeschützten Teil. Es war noch früh am Abend und sowohl Terrasse als auch Restaurant nur zu knapp der Hälfte belegt.
Winter liess sich in einen der quaderförmigen, dick gepolsterten Korbstühle sinken, bestellte ein Glas des lokalen Weissweines und wartete auf seinen Freund. Das Panorama war grandios, aber Winter arbeitete.
Das Restaurant lag am Hang und war nur durch eine Treppe zu erreichen. Sowohl Speiserestaurant als auch Terrasse waren durch Mauern und Hecken vor neugierigen Blicken abgeschirmt.
Winter studierte die Gäste und überlegte sich, wie er die Beschattung angehen würde. Die Beobachter wussten Ort und Zeit des Treffpunktes. Sie wiegten sich in Sicherheit und würden schon da sein.
Wahrscheinlich in einem Radius von zwanzig Metern.
Wahrscheinlich beobachtete jemand den Parkplatz.
Wahrscheinlich in der Nähe des Ausgangs.
Wahrscheinlich hatten sie einen Tisch reserviert.
Das Problem der Verfolger war, dass sie den Informanten nicht kannten und nicht wissen konnten, ob das Restaurant nur als Treffpunkt diente oder ob sie länger bleiben würden. Um alle Optionen abdecken zu können, würden sich die Beschatter so aufstellen, dass sie sich rasch in alle Richtungen verschieben konnten.
Winter tippte auf einen Mann und eine Frau, die als Paar posieren würden. Das war in der Lounge am unauffälligsten. Oder auf zwei Männer, die ein Geschäftsessen vorschützen würden.
Winter fasste vier Personen ins Auge. Ein junger Mann mit Anzug und Gel in den Haaren, der in einem Korbstuhl nahe des Eingangs sass und einen Strauss roter Rosen vor sich auf dem Tisch liegen hatte.
Am Nachbartisch sassen zwei ältere Männer in Anzügen und mit gelockerten Krawatten, beide mit Bauchansatz und Aktenkoffer. Sie hatten Papiere vor sich. Verkäufer. Winter hatte beim Betreten der Terrasse Wortfetzen auf Deutsch wahrgenommen. Der eine trank eine Cola, der andere hatte ein Whiskyglas vor sich stehen.
Die dritte Kandidatin war eine etwa dreissigjährige, elegant gekleidete Frau im Eingangsbereich. Sie ging mit einem Mobiltelefon hin und her. Gestikulierte mit lateinischem Temperament. Winter konnte den Gesichtsausdruck nicht erkennen. Stand sie in Verbindung mit einem Partner, der den Parkplatz überwachte. Heute waren telefonierende Frauen wie früher die zeitungslesenden Männer. Auffällig unauffällig.
Der Wein kam zusammen mit einer Schale voller exotischer Nüsse. Winter bestand darauf, sofort zu bezahlen. Ein erster Test. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie die Frau immer noch telefonierte, die beiden älteren Männer weiterdiskutierten und der junge Mann nach seinem Mobiltelefon griff. Rief er seine Freundin an, oder informierte er seinen Partner?
Winter machte eine innere Wette: Erster Platz der Jüngling mit Gel, zweiter Platz die telefonierende Frau, dritter Platz die beiden Geschäftsmänner.
Der junge Weisswein war erfrischend kühl und spritzig. Er trank einen zweiten Schluck, stellte das Glas auf den Tisch.
Zeit für den zweiten Test.
Er stand auf, zog seine Jacke aus und legte diese zur Markierung seines Territoriums über die Stuhllehne. Er schlenderte zum Speiserestaurant, öffnete die Glastür und erkundigte sich beim Oberkellner nach der Toilette. Dabei sah er, dass die Frau am Mobiltelefon ihm ein paar Schritte gefolgt war und ihren Oberkörper in seine Richtung gedreht hatte. Sie war an ihm interessiert. Ob beruflich oder anderweitig, wusste er noch nicht. Er ging auf die Toilette. Als er sich die Hände wusch, betrat einer der beiden Geschäftsmänner mit Bauchansatz die Toilette. Das Rennen war wieder offen.
Zurück auf der Terrasse, sah er Tibère die Treppe herunterkommen. Er war guter Laune, trug einen hellen Leinenanzug, ein offenes weisses Hemd und spitze Lederhalbschuhe. Elegant wie immer. Tibère war in den Klubs und Bars von Genf und Umgebung zu Hause. Er war ein «filou», ein Schlitzohr. Sie schüttelten sich die Hand, klopften sich auf die Schulter und versicherten sich gegenseitig, wie toll es war, einander wiederzusehen.
Der junge Mann mit Gel und die Frau am Eingang telefonierten. Auch der Geschäftsmann war
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