Söldner des Geldes (German Edition)
Rücken. Die Fahrt nach Wien war lang, aber ereignislos gewesen. Er war rechtzeitig am Treffpunkt. Pünktlichkeit. Ausgerechnet der neue Kontaktmann aus der Schweiz verspätete sich.
Als der massige Geländewagen hinter ihm hielt und zweimal mit der Lichthupe blinkte, warf Piet die Zigarette aus dem Fenster und murmelte: «Lieber spät als nie.» Er stieg aus und musterte Max.
Das Bleichgesicht warf Piet wortlos einen Umschlag zu. Ein dickes Bündel Tausender. Schweizer Franken. Bei diesem Preis half Piet sogar mit, die schweren Militärkisten aus dem niedrigen Campinganhänger des BMW s in den Laderaum des Geländewagens zu tragen. Gehörte alles zum Service.
Deshalb entsorgte Max seinen Lieferanten auch erst nach dem Umladen. Ein gezielter schallgedämpfter Kopfschuss. Max nahm den braunen Umschlag wieder an sich und verstaute Piet im Campinganhänger.
* * *
Während Winter an einem Rotlicht bei den Faneuil Markthallen gedankenverloren einer geführten Touristengruppe aus Asien zuschaute, fragte er sich, wie es mit Fatima weitergehen sollte. Sie hatte ihn angerufen. Warum? Was wollte sie? Er war sich nicht sicher, und als das Taxi wieder anfuhr, entschied er sich, das Weitere auf sich zukommen zu lassen.
Winter bezahlte den Taxifahrer und betrat die Eingangshalle des Hotels. Das Parker war alt, mindestens hundertfünfzigjährig, aber frisch und stilvoll renoviert. Viel poliertes Holz an den Wänden, riesige Leuchter und livrierte Pagen mit goldenen Gepäckwagen. Winter wich einer amerikanischen Grossfamilie aus, ging am Empfang vorbei und nahm den Lift in den sechsten Stock. Mehr rote Teppiche, die den Schall schluckten. Er hielt vor der Nummer 62, klopfte und sagte: «Ich bin es.»
Das Sicherheitsschloss wurde zurückgedreht, die Tür öffnete sich einen Spalt, und Winter sah Fatimas Gesicht, das breite Lächeln, die grossen braunen Augen und die langen schwarzen Haare.
«Komm rein.»
Winter trat ein. Fatima stand in der Mitte des Zimmers. Sie trug eine weisse Bluse mit grossem Kragen, eine filigrane Goldkette und schwarze Hosen. Die Uniform der erfolgreichen Geschäftsfrau. Aber auf den zweiten Blick wirkte sie müde, erschöpft und ein wenig zerbrechlich. Unter den Augen erkannte Winter dunkle Ringe, die nicht allein von der Zeitverschiebung her stammen konnten.
Sie streckte Winter auf Bauchhöhe halbherzig die Unterarme entgegen, Handflächen halb nach oben. Die Geste war eine Mischung zweier gegenläufiger Impulse: Auf der einen Seite wollte sie Winter umarmen. Auf der anderen Seite wollte sie fragend Distanz halten. Gebeugte Ellbogen. Wie beim Katzenbuckel. Die Hinterbeine der Katze wollten vorwärts und angreifen. Die Vorderbeine wollten aus Angst zurückweichen. Und der Rücken in der Mitte krümmte sich zum Buckel. Winter hatte das bei Tiger immer wieder beobachtet.
Er stellte seinen Rucksack auf einen grossen Kofferständer neben der Tür, machte drei Schritte auf Fatima zu und fasste sie an den Schultern. Die weisse Bluse fühlte sich von der Stärke steif an. Fatima roch frisch geduscht.
Sie deuteten je drei Küsse an.
Winter lehnte sich zurück und sagte lächelnd: «Es ist schön, dich wiederzusehen.» Fatima hielt ihn einen Moment fest und suchte mit ihren grossen braunen, aber müden Augen sein Gesicht ab. Eine Hand löste sich, und Fatima strich sanft über seine Schläfe. «Schmerzt es noch?»
«Nein, manchmal juckt es noch ein wenig, aber du hast mich gut verarztet.»
Sie drückte für einen Moment ihren Kopf an seine Brust, umarmte ihn fest und trat dann zurück. Mit einer raschen Kopfbewegung wischte sie das verrutschte Haar zurück über ihre Schulter.
«Danke, dass du gekommen bist.»
Er schaute sich um. Die schweren Vorhänge der Suite waren zugezogen, die Polstergruppe in der Sitzecke war üppig mit grossen Kissen bestückt. Auf dem antiken Schreibtisch stand ein aufgeklappter Laptop. Daneben eine Flasche Mineralwasser und Papiere. Fatima war schon wieder am Arbeiten. Die Suite war l-förmig und hatte ein riesiges Doppelbett mit dicken, dekorativen Tagesdecken und dunkelroten Zierkissen. Der kleinere Flügel mit der Sitzgruppe konnte mit einer Schiebetür abgetrennt werden.
«Hübsches Zimmer.»
«Ja. Ich liebe alte Hotels. Die haben einfach mehr Charakter als diese modernen Blöcke.»
«Ich habe Hunger. Darf ich dich zum Essen einladen?» Winters Magen erinnerte ihn daran, dass er sich seit dem Frühstück nur flüssig ernährt hatte.
«Ja, das wäre mir ein
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