Söldner des Geldes (German Edition)
wollen nur, dass wir uns nicht einmischen. Neutralität ist unsere Stärke, Winter.» Er klopfte Winter gönnerhaft auf den Oberschenkel. «Stellen Sie Ihre Untersuchung ein und konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche: Die Sicherheit der Bank. Der nächste Überfall kommt bestimmt.»
Hatte von Tobler recht? Was nützte es, im Nebel herumzustochern? Was gingen ihn Hahnenkämpfe verfeindeter Clans oder innerfamiliäre Machtkämpfe im Nahen Osten an? Er rieb sich den Hals. Er hatte seine Pflicht getan. Er würde mit Stefan reden und ihn anweisen, bei verdächtigen Beobachtungen sofort Bescheid zu sagen. Er würde die Sicherheitsfirma in Moskau anrufen und die Sicherheitsstufe des Begleitauftrages zwei Stufen hochschrauben. Viel mehr konnte er im Moment nicht tun. Von Tobler war gewarnt. Laut sagte er: «Okay. Danke. Und entschuldigen Sie die Störung.»
«Keine Ursache. In meinem Alter ist man nicht unglücklich, wenn man Pause machen darf. Meine Frau war gerade daran, mich in Grund und Boden zu spielen.» Von Tobler grinste, trank sein Glas aus, und sie standen auf.
«Ich finde den Weg. Und ein tolles Fest heute Abend! Das Wetter sieht schon einmal gut aus.» Winter schaute in den Himmel.
«Ein Gewitter kann man nie ausschliessen.»
Von Tobler schüttelte Winter die Hand, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: «Entspannen Sie sich. Geniessen Sie den freien Tag.»
Auf dem Weg zu seinem Wagen schaute er bei Stefan vorbei. Der Sicherheitsraum war im abseitsstehenden ehemaligen Haus des Gärtners untergebracht. Sie diskutierten zusätzliche Massnahmen, und Winter erhöhte auch hier die Sicherheitsstufe. Er wies Stefan an, noch heute das Gelände rund um das Anwesen sorgfältig unter die Lupe zu nehmen.
1. August 11:20
Auf dem Weg nach Hause hielt Winter in einem Gartenrestaurant an. Auch hier war das Servierpersonal daran, Girlanden, Lampions und rot-weisse Fähnchen aufzuhängen. Er setzte sich in den grossen, mit Kies bedeckten Garten und bestellte einen doppelten Espresso mit einem Glas Wasser.
Ein paar alte Männer spielten Karten. Die Sonne schien durch die Platanen und warf ein unregelmässiges Muster auf die roten Blechtische.
Als die Getränke kamen, fragte er nach einem Telefon. Die Bedienung kam aus Osteuropa, und er musste seinen Wunsch wiederholen. Mit dem drahtlosen Telefon aus der Wirtsstube rief Winter Tibère an. Mobilnummer: Telefonbeantworter. Fixe Nummer in der Bank: Telefonbeantworter. Private Nummer: Telefonbeantworter. Vielleicht war Tibère schon wieder unterwegs oder hatte keine Lust, den Hörer abzunehmen.
Er rief seinen eigenen Telefonbeantworter ab und hörte Fatimas Stimme: «Hallo, Winter. Hoffentlich geht es dir gut.» Hatte sie gelächelt, als sie die Nachricht auf Band sprach? «Machst du heute eine Party? Ich habe Neuigkeiten. Ruf mich bitte an.» Pause, dann mit hoffnungsvollem Unterton: «Bis bald.»
Winter hörte die Nachricht noch einmal ab, schrieb die Nummer von Fatima auf einen Bierdeckel und lehnte sich zurück. Es war schön, von Fatima zu hören. Er trank den doppelten Espresso in einem Zug, spülte die Brühe mit Wasser hinunter und wählte dann die lange Nummer in Ägypten.
Nach zweimaligem Klingeln meldete sich Fatima und sagte etwas auf Arabisch. Es tönte sehr energisch.
Er sagte: «Ich bin es. Winter. Ich rufe aus der Schweiz an und habe gerade deine Nachricht gehört.»
Fatima wechselte ins Englische: «Hallo, Winter. Gut, von dir zu hören.» Sie schien sich tatsächlich zu freuen. «Feierst du heute die Geburt deiner Nation?»
«Ja. Die Schweiz ist eine alte Dame, gegründet 1291.»
«Gratuliere zum Geburtstag. Aber das ist nichts gegen Ägypten.»
Winter dachte an die Telefongebühren für einen Anruf auf ein ägyptisches Mobiltelefon, wollte sich nicht auf eine kulturhistorische Diskussion einlassen und sagte deshalb: «Wie geht es dir? Hast du den Job angenommen?»
«Mir geht es gut, und ja, der Präsident hat mir sein Vertrauen geschenkt. Ich werde versuchen, den ägyptischen Frauen ein gutes Vorbild zu sein.» Sie hatte Winters Worte nicht vergessen. Sie fuhr fort: «Ich habe übrigens mit Al-Baders jüngerem Bruder gesprochen und herausgefunden, dass sie in Amerika keine Bank gründeten. Die Frau in Bergen hat das nicht ganz richtig verstanden. Al-Baders haben zusammen mit einem Harvardprofessor einen Private-Equity-Fonds aufgebaut, der global in Infrastrukturen investiert.»
Winter schluckte. Von Tobler und Al-Bader hatten die gleichen
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