Söldnerehre (German Edition)
Gegners auf ganzer Breite auf.
Karok Bula stolperte noch zwei Schritte, während das Blut in hellen Fontänen aus der Wunde schoss. Er seufzte ein letztes Mal und brach vor Kilians Füßen zusammen.
16
Im Morgengrauen setzte leichter Schneefall ein, löschte die immer noch schwelenden Brände und begrub die Spuren der Schlacht unter einem leichten Schleier aus jungfräulichem Weiß.
Der Tod ihres Anführers hatte den Kampfgeist der Moyri-Soldaten gebrochen und sie waren in die Wälder geflüchtet, kaum dass der Leichnam Karok Bulas die Erde berührte. Viele würden aus Angst vor Strafe nicht zur Moyri-Horde zurückkehren. Vielmehr würde schon bald dieser Teil des Waldes von Wegelagerern und Banditen wimmeln, wie Kilian aus Erfahrung wusste. Ein großer Teil der Moyri-Truppen wurde in den Dienst Coyle Polloks gepresst, sodass sie jede sich bietende Gelegenheit nutzten, um sich aus dem Staub zu machen, beispielsweise so eine wie diese Niederlage.
Trotz ihres Sieges war der Kampf lang, hart und brutal gewesen. Und der Preis furchtbar hoch.
Es wollte keine rechte Siegesstimmung unter den Überlebenden aufkommen. Zu viele Freunde und Verwandte hatten den Tod gefunden. Fast die Hälfte des Varis-Aufgebots war gefallen oder verwundet. Viele der Frauen, die dabei geholfen hatten, das Moyri-Lager in Brand zu stecken, waren von den Waffen der Moyri ebenfalls niedergestreckt worden.
Aron Melkit gehörte zu den Opfern. Der mutige kleine Bäcker hatte – nach allem, was Kilian zu Ohren gekommen war – gut gekämpft. Er war tapfer gestorben, als er die Frauen zu verteidigen versuchte, die die Pferde der Moyri forttrieben. Ohne Aron wären viele von ihnen nicht mehr am Leben.
Cadros Bals Tod riss eine tiefe Lücke in die Befehlsstruktur der Varis-Soldaten, die sein einzig verbliebener Feldwebel – Marek Serillek – nun zu füllen hatte. Trotz seines eher düsteren und zurückhaltenden Wesens hatte sich der stille, in sich gekehrte Feldwebel in der vergangenen Nacht den Respekt und die Zuneigung der Menschen erworben, für die er nun verantwortlich war.
Sie nannten ihn nun liebevoll einfach nur noch Feldwebel Marek. Er selbst tat so, als würde er davon nichts mitbekommen, doch Kilian war sich sicher, dass es ihm insgeheim gefiel.
Kilian bückte sich, hob einen Moyri-Pfeil vom Boden auf und wog ihn einige Minuten in den Händen, bevor er das Geschoss in der Mitte zerbrach und die beiden Hälften frustriert davonschleuderte.
»Alles in Ordnung?«
Kilian drehte sich nicht um und antwortete der unerwarteten Frage nicht, obwohl er Logans Stimme erkannte. Der Schnee knirschte unter den Stiefeln des Kopfgeldjägers, als dieser sich dem Söldner langsam näherte. Der Kopfgeldjäger trug einen Verband um die Stirn, wo ihn vergangene Nacht ein Kriegshammer gestreift hatte. Logan hatte Glück im Unglück gehabt. Hätte die Moyri-Waffe besser getroffen, wäre sein Kopf jetzt nur noch ein Klumpen Fleisch und Knochen.
Kilian hätte es nie zugegeben, doch er war dankbar für die stille, beruhigende Gegenwart Logans. In gewisser Weise war er der einzige Mensch ihrer kleinen illustren Gesellschaft, der imstande war, ihn auch nur halbwegs zu verstehen.
»Ja«, erwiderte Kilian wortkarg und beobachtete die Menschen ringsum, wie sie ehrfürchtig ihre Toten bargen und beiseiteschafften. Man war übereingekommen, ihre Gefallenen aus Zeitgründen auf einem einzigen großen Scheiterhaufen beizusetzen und anschließend sofort weiterzuziehen. Die Gefahr weiterer umherstreifender Plünderertrupps war nur allzu real. Alle wollten hier weg sein, falls weitere Moyri auf der Bildfläche erschienen. Kilian überkam der Verdacht, dass viele auch nur vor den Erinnerungen der vergangenen Tage zu fliehen versuchten. Er selbst bildete da keine Ausnahme.
Logan stellte sich neben ihn und folgte Kilians Blick, doch den Söldner beschlich das Gefühl, dass der Kopfgeldjäger ganz genau wusste, welche Gedanken ihn beschäftigten.
»Du solltest ihr nicht böse sein«, nahm Logan das Gespräch unerwartet wieder auf.
»Wem?«, fragte Kilian, obwohl er die Antwort bereits kannte.
»Du weißt genau, von wem ich spreche«, antwortete Logan, sein Gegenüber auf Anhieb durchschauend.
»Ich möchte nicht darüber sprechen.«
Logan schnaubte belustigt auf. »Doch, möchtest du. Du willst es nur nicht zugeben.«
»Sie hat mich belogen, Logan. Sie hat mich belogen. Mich und meine Leute.«
»Ja, um die Kinder zu schützen.«
»Das ist keine
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