Söldnerehre (German Edition)
Kundschafter. Von Misstrauen gegen den Moyri war nichts mehr zu spüren. Während der Belagerung und der Schlacht im Moyri-Lager hatte sich der Bogenschütze den uneingeschränkten Respekt der Varis-Soldaten erworben.
Immer wieder ertappte sich Kilian dabei, wie er sich verstohlen umsah, ständig auf der Suche nach sie verfolgenden Moyri-Truppen. Es konnte nicht lange dauern, bis die ihre Spur wieder aufnahmen, falls es nicht bereits der Fall war. Miriam – nein, Königin Miriam – war eine zu wertvolle Beute, um sie entkommen zu lassen. Pollok würden schon die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, um seine Männer zur Eile anzutreiben. Und sie würden Polloks Strafen mit Sicherheit mehr fürchten als die Varis-Schwerter. Und die Varis würden sterben, um ihre neue Königin zu beschützen.
Feldwebel Marek trieb sie gnadenlos an, um eine möglichst große Entfernung zwischen die Flüchtlinge und den Feind zu bringen. Inzwischen wusste jeder in ihrer Gruppe über Miriams Herkunft Bescheid. Kilian schmunzelte amüsiert, als er mehrmals bemerkte, wie sich Varis-Soldaten wie zufällig in ihrer Nähe aufhielten. Ihre Hände lagen locker auf ihren Schwertern. Die Soldaten betrachteten sich selbst als Leibwache und Garde ihrer neuen Königin. Und niemand, der ihr Böses wollte, sollte auch nur in ihre Nähe gelangen.
Die Zivilisten betrachteten sie mit einer Mischung aus tief empfundener Hochachtung und Hoffnung. Ein Umstand, der Kilian mit Besorgnis erfüllte. Verzweifelte Menschen, die hofften, neigten zum Fanatismus. Und Kilian hielt sich von solchen Individuen so fern wie nur irgend möglich.
Miriam schien von alledem nichts mitzubekommen. Vielmehr verbrachte sie die meiste Zeit damit, sich um ihre Geschwister zu kümmern. Sie redete den älteren gut zu und spielte mit den jüngeren. Das Lachen der Kinder war eine angenehme Abwechslung verglichen mit den Strapazen der vergangenen Tage. Ansonsten wurde nur wenig geredet. Das Gros ihrer Gruppe beschränkte sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Nur einmal erhaschte Logan einen kurzen Blick auf Logan, der sich angeregt mit Jesy unterhielt. Die ehemalige Sklavin musterte den Kopfgeldjäger mit einem unverwechselbaren Funkeln in den Augen, etwas, das Logan völlig entging. Kilian schüttelte schmunzelnd den Kopf. Männer sahen manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht.
»Was ist so komisch?«
Kilian warf einen Blick über die Schulter.
»Logan«, erwiderte er knapp. »Ich glaube, er hat keine Ahnung, dass sich die Kleine in ihn verliebt hat.«
»Ja«, antwortete Lyra und verfiel neben ihn in Gleichschritt. »Männer sind manchmal schwer von Begriff.«
Kilian zog eine Augenbraue hoch. »Meinst du damit jemand Bestimmten?«
»Das kannst du halten, wie du willst«, lächelte sie. Sie zögerte einen Moment. »Danke.«
»Wofür?«
»Dass du bei uns geblieben bist.«
»Wir haben immer noch einen Auftrag auszuführen.«
»Ist das alles? Nur der Auftrag?«
Kilian kannte sich mit den Gefühlsregungen von Frauen nicht unbedingt gut aus, doch ihn beschlich das unangenehme Gefühl, sie gerade gekränkt zu haben. »Nein, nicht nur«, sagte er. Ihm war selbst bewusst, wie furchtbar unzureichend diese Aussage war, doch ihm fiel beim besten Willen nichts Besseres ein.
»Und welche Gründe kann es für dein Bleiben noch geben?« Sie sah ihn herausfordernd an.
»Nun, das ist kompliziert.«
»Ist es das?«
»Ja. Belassen wir es einfach dabei.«
»Ganz wie du willst«, sagte sie und ließ sich zu Miriam und den Kindern zurückfallen.
Kilian fühlte Wut in sich aufsteigen, ohne so recht zu wissen, auf wen oder warum er wütend war. Ein Kichern fachte seine Wut zusätzlich an.
»Was willst du, Silas?«
»Gar nichts«, erwiderte der Barde immer noch aufs Höchste amüsiert. »Ich musste nur gerade daran denken, dass viele Männer den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen.«
* * *
Feldwebel Marek ließ die Gruppe bis weit nach Einbruch der Nacht marschieren. Erst dann bedeutete er ihnen, ein Lager aufzuschlagen. Die Soldaten machten sich sofort daran, den Bereich ihres Lagers abzusichern und Wachen aufzustellen, während die Zivilisten Holz sammelten, Feuer entfachten und mit dem Zubereiten des kargen Abendessens begannen.
Eigentlich hätte es nur eine dünne Suppe aus Rüben und verschiedenen Gemüsesorten gegeben, doch Kurta verschwand für eine Stunde im Wald und kehrte mit mehreren Hasen zurück. Falls überhaupt möglich steigerte es sein
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