Söldnerehre (German Edition)
und die Liebenden hörten Dutzende von Stimmen verhalten kichern. Sogar Feldwebel Mareks Stimme konnte Kilian aus der Kakofonie deutlich heraushören. Lyras Gesicht färbte sich von einer Sekunde zur nächsten in ein prächtiges Rot.
Und Kilian wäre am liebsten vor Scham im Boden versunken.
17
Ephraim setzte sich ruckartig auf. Sein Zelt, das fast nur aus Bärenfellen bestand, roch nach Weihrauch, verschiedenen Kräutern und ranzigen Körperausdünstungen. Er fühlte sich schwach und ausgelaugt. Seit fast drei Tagen hatte er nichts mehr gegessen.
Ein dünner Blutstrom floss aus seinem rechten Nasenloch. Mit einer ungeduldigen Geste wischte er es beiseite. Es fiel kaum Licht durch die Felle in seine provisorische Wohnstatt. Trotzdem vermochte er mühelos die verrenkten, verdrehten Leiber dreier seiner Akolythen zu erkennen, die neben ihm lagen. Ihre starren Gesichter waren noch im Tod von Schrecken und Schmerz gezeichnet.
Es war ein hoher Preis, den das Ritual forderte, doch Ephraim bezahlte ihn, ohne einen Gedanken daran zu verlieren. Diesen Preis hatte er schon öfters bezahlt und er würde ihn auch in Zukunft zahlen. Dieses Ritual war notwendig, um mittels seines dritten Auges den Blick in die Ferne schweifen zu lassen. Der Schamane hatte diese Fähigkeit bereits des Öfteren eingesetzt, um Coyle Polloks Feinde auszuspionieren, und hatte damit so manche Schlacht zum Besseren gewendet. Jedoch nicht so dieses Mal.
Das Zelt zitterte leicht und Ephraim hielt sich fest, um nicht vor Schwäche umzukippen. Er würdigte die Leichen seiner ehemaligen Schüler kaum eines Blickes. Natürlich sagte er ihnen nicht, was ihnen bevorstand, wenn er sie zu solchen Ritualen einlud. Es war leichter, unwissende Lämmer zur Schlachtbank zu führen.
Ephraim erhob sich unsicher, wankte zum Eingang und schlug das Fell, das als Tür diente, zur Seite. Sein bloßer, schweißnasser Oberkörper fröstelte in der kalten Morgenluft. Trotzdem genoss Ephraim das Gefühl der Winterkälte auf seiner gepeinigten Haut. Die Kälte würde helfen, die Strapazen der vergangenen Nacht zumindest zu verdrängen, wenn schon nicht zu vergessen.
Coyle Pollok ritt an die Seite des Zelts und ließ seinen Hengst in einen gleichmäßigen Trab übergehen, um mit den fünfzig Sklaven Schritt zu halten, die Ephraims Heimstatt wie eine Sänfte trugen. Die Sklaven waren größtenteils Kriegsgefangene und ständig darum bemüht, ihre Last so ruhig wie möglich zu tragen, um Erschütterungen zu vermeiden. Vor einer Woche erst hatte Coyle Pollok auf Ephraims Bitte hin fünfzehn Sklaven vierteilen lassen, weil sie das Zelt nicht ruhig genug gehalten hatten und dadurch ein wichtiges Ritual vereitelt worden war. Offenbar hatte die Lektion gewirkt. Dieses Sklaven strengten sich besonders an. Sie würden laufen und ihre Last tragen, bis sie vor Erschöpfung tot zusammenbrachen. Als hätten seine Gedanken diese Reaktion ausgelöst, stürzten zwei Sklaven. Die anderen beachteten sie nicht und trampelten über sie hinweg. Die Plätze der zwei wurden umgehend von neuen Sklaven eingenommen. Auch sie würden laufen und ihre Aufgabe erfüllen, bis sie zusammenbrachen. Die Alternative wäre sehr viel unangenehmer.
An Polloks Seite ritten stolz die allgegenwärtigen Elitekrieger der Eisernen Schakale, die charakteristischen zwei Schwerter auf dem Rücken. Bereit, ihren Herrn jederzeit mit ihrem Leben zu verteidigen. Ihre Gesichter waren von ihren Masken verdeckt, doch Ephraim wusste, dass ihre Mienen bar jedes menschlichen Ausdrucks waren, abgesehen von ihrer Verehrung Polloks. Die einzigen sichtbaren Gesichtspartien waren ihre Augen. Und diese wirkten wie Eis: kalt, leblos und tödlich.
Ephraim beugte sich vor, um einen Blick den Weg zurückzuwerfen, den sie gekommen waren. Polloks Heerscharen marschierten in endlosen Reihen dahin. So viele, dass sich ihre Anzahl am Horizont verlor. Die Armee wand sich einer Schlange gleich durch das Land; eine Schlange, die alles verschlang, was sich ihr in den Weg stellte. Kavallerie ritt an der Spitze, am Ende sowie an beiden Flanken. Das Zentrum der Marschkolonne bildeten Speerträger, Schwertkämpfer und Bogenschützen. Die Männer hielten erschöpft die Köpfe gesenkt. Sie marschierten schon beinahe einen vollen Tag ohne Rast. Pollok würde sie bald ausruhen lassen müssen. Andernfalls würden viele zusammenbrechen.
Es war dennoch eine beeindruckende Zurschaustellung militärischer Macht. Allein diese Armee umfasste
Weitere Kostenlose Bücher