Söldnerehre (German Edition)
zu hasserfüllten Soldaten heran, die den Moyri ewige Rache schworen. So mussten sie nicht mehr gegen die nächsten Generationen kämpfen.
Zu guter Letzt hatten sie die Wagen angezündet und alles getötet, was noch lebte – sogar die Pferde und das restliche Nutzvieh. Die aufgedunsenen Leichen der Kühe und Schafe lockten bereits Schwärme von Fliegen an. Bald schon würde der ganze Ort ein Seuchenherd sein.
Die überlebenden Moyri waren weiter nach Westen geritten. Zweifellos auf der Jagd nach weiteren Flüchtlingstrecks. Da sie die Leichen und Pferde ihrer gefallenen Kameraden mitgenommen hatten, war es schwer, ihre jetzige Stärke einzuschätzen.
Darian gesellte sich zu ihm. Die schweigsame Präsenz seines alten Freundes war ihm Trost und Halt zugleich.
»Was denkst du?«, fragte der gewaltige Mann schlicht.
»Dass wir in großen Schwierigkeiten stecken. Die Moyri sind nicht weit voraus und reiten in die gleiche Richtung, in die wir ziehen. Das bedeutet Ärger.«
»Eine so große Gruppe muss die üblichen Routen benutzten«, gab Darian zu bedenken. »Diese Wälder sind kein Gelände für Kavallerie. Die Bäume stehen zu dicht. Es wäre ein Leichtes für uns, sie in unwegsamem Gelände zu umgehen.«
»Schon«, stimmte Kilian ihm zu. »Aber früher oder später müssen auch wir auf die Hauptstraße zurück und dann werden wir fast zwangsläufig auf sie treffen.«
»Dann knacken wir eben ein paar Moyri-Köpfe«, erwiderte der Riese achselzuckend.
»Es freut mich, dass dich deine Arbeit so begeistert«, antwortete Kilian mit wehmütigem Lachen. »Doch ich bezweifle, dass es so einfach werden wird.«
»Was schätzt du, wie viele es sind?«
Der Söldneranführer wurde schlagartig ernst. »Keine Ahnung. Aber egal, wie viele es sein werden, auf jeden Fall sind es mehr, als wir bewältigen können.«
Darian zeigte ein flüchtiges Lächeln. »Bereust du, dass wir den Auftrag angenommen haben?«
»In jeder Sekunde, die vergeht.« Kilian grinste ihn wölfisch an. »Aber wenigstens wird uns nicht langweilig.«
»Das wohl sicher nicht«, gab Darian ihm recht.
»Silas!«, rief Kilian dem Barden zu. »Wir brechen wieder auf. Beeil dich!«
»Ich komme.« Schon trottet der Barde mit gesenktem Kopf um die nächste Ecke. Kilian hatte den Eindruck, dass dem Mann eine Träne im Auge stand, und kurzzeitiges Mitgefühl bewegte ihn. Eine Gefühlsaufwallung, die er sofort unterdrückte. So war eben die Welt und sie würde sich auch nicht so schnell ändern. Das war auch gut so, denn sonst wären sie arbeitslos.
Als sie bei der Gruppe anlangten, wurden sie von neugierigen Blicken erwartet. Lyra lief aufgeregt hin und her und stoppte erst, als Kilian sie fast erreicht hatte.
Sie sah von einem zum anderen. »Was habt ihr entdeckt?«
»Frag lieber nicht«, antwortete Kilian und wollte an ihr vorbeigehen.
Doch sie packte ihn am Arm und riss den Söldner herum, sodass er ihr frontal gegenüberstand. »Ich frage aber«, beharrte sie.
Kilian überlegte, wie viel Kraft es kosten würde, sich loszureißen und Lyra einfach zu ignorieren. Er überlegte, ob er es überhaupt wollte. Auch, wenn der Anlass nicht angemessen war, aber ihre Nähe entfachte erneut Verlangen in ihm und er wunderte sich, was diese Frau für eine Wirkung auf ihn ausübte.
»Eine Flüchtlingskolonne«, erzählte er, ohne nachzudenken und ohne dass er überhaupt vorgehabt hatte, etwas zu sagen. »Die Moyri haben alle getötet, aber keine Sorge. Sie sind inzwischen weitergezogen.«
Lyra sah ihn aus großen Augen an, ließ seinen Arm los und taumelte einen Schritt zurück. Ihre Lippen formten Worte, doch die Stimmbänder brachten keinen Ton heraus. Eine Träne lief über ihre Wange. Dann eine weitere. Ruckartig drehte sie sich um und verbarg das Gesicht in ihren Händen.
Instinktiv streckte Kilian die Hände nach ihr aus. Bereit, sie zu trösten, in den Arm zu nehmen und zu wiegen wie ein Kind. Er verharrte mitten in der Bewegung und senkte die Hände wieder, als ihm klar wurde, was er gerade dabei war zu tun.
Was zum Teufel ist denn los mit mir? Ich bin doch sonst nicht so gefühlsduselig.
Die Kinder eilten zu Lyra und umschwärmten sie, breiteten die Hände aus und umfassten, so gut es ging, ihre Taille. Miriam war als Einzige groß genug, Lyra in den Arm zu nehmen.
Minutenlang war nur Schluchzen zu hören, als die Frauen und Kinder versuchten, sich gegenseitig Trost zu spenden.
»Wie viele?«, fragte Faris.
»Hä?« Kilian war durch den plötzlichen
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