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Söldnerehre (German Edition)

Söldnerehre (German Edition)

Titel: Söldnerehre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Burban
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zu lassen, ließ sie schwerer atmen.
    Warum er wütend war, konnte er selbst nicht einmal mit Sicherheit sagen. Es war nicht allein, dass sie ihre Zeit damit verschwendet hatten, diese armen Teufel zu beerdigen. Das konnte es einfach nicht sein. Vielmehr nagte an ihm, dass diese … diese Frau ihn überhaupt dazu gebracht hatte, die Flüchtlinge zu beerdigen.
    Menschen außerhalb seiner Söldnertruppe kümmerten ihn nicht. Es war mehr als eine Einstellung. Es war ein Credo, das er sich über Jahre sorgfältig erarbeitet und kultiviert hatte, und darauf war er stolz. Und nun hatte Lyra es geschafft, dass er tatsächlich seinen Hals riskierte für so etwas Abstraktes wie Nächstenliebe. Die Menschen waren tot, um Himmels willen. Niemanden hätte es geschert, wenn sie sie hätten liegen lassen. Nun hatten sie ein deutliches Zeichen hinterlassen, dass sie hier gewesen waren.
    Ein tief hängender Zweig versperrte ihm den Weg. Kilian packte ihn grob und bog ihn zurück, damit er passieren konnte. Sobald er vorbei war, ließ er ihn los und der Zweig peitschte in seine alte Position zurück.
    Er grinste, als ein kurzes und schmerzerfülltes »Au!« hinter ihm die Stelle markierte, an der der Zweig Lyra ins Gesicht schlug. Aus irgendeinem, leicht sadistischen Grund fühlte sich Kilian plötzlich besser. Die nächsten Meter legte er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht zurück – bis sich Lyra erneut zu Wort meldete.
    »Die Kinder können nicht mehr weiter«, schrie sie ihn an. »Sie müssen sich ausruhen. Es ist mir gleichgültig, wenn du auf mich wütend bist, aber lass es nicht an ihnen aus. Halt sofort an!«
    Der Söldner stoppte so abrupt, dass Lyra gegen seinen breiten Rücken prallte und schnell zwei Schritte rückwärtsging. Er drehte sich langsam um, damit sie den Anschein von Würde wahren konnte. Dass ihm daran überhaupt gelegen war, gab ihm jedoch zu denken.
    Nach und nach kam die ganze Gruppe zum Stehen und Kilian realisierte, dass er mit seinem forschen Gang sowohl seine Söldner als auch ihre Schützlinge weit hinter sich zurückgelassen hatte.
    Die Kinder konnten kaum noch ihre Augen offen halten. Darian trug sogar eins der Kinder in den Armen, die Kleine namens Saria. Die beiden hatten offenbar einen Narren aneinander gefressen und das ungleiche Paar war kaum noch auseinanderzubringen. Saria trug weiterhin die viel zu große Weste Darians und schlief friedlich in den riesigen Armen des hünenhaften Kriegers.
    Seine Söldner boten einen ähnlich abgerissenen Eindruck wie die Kinder. Sie schleppten sich mehr oder weniger durch die Gegend und würden allem Anschein nach jede Sekunde schlappmachen. Faris Lenard hingegen wirkte überraschend frisch und grinste ihn mit einem jugendlichen Lächeln an, als würde er Kilians Gedanken bezüglich seiner körperlichen Verfassung erraten.
    Kilian kam zu dem Schluss, dass es keinen großen Sinn hatte, die Reise heute Nacht fortzusetzen, und mit einer knappen Geste forderte er die anderen auf, das Lager herzurichten. Kollektives erleichtertes Aufstöhnen war die Antwort.
    Darian legte die Kleine sanft auf den Boden, was ihm ein spöttisches Schmunzeln von Kurta und Vekal einbrachte. Ohne sie zu beachten, packte er seine Axt und begann damit, kleinere Bäume, Büsche und Sträucher zu beseitigen und so eine ansehnliche Lichtung inmitten des Waldes zu schaffen. Zwar war dies ein ebenso großer Hinweis für jeden Verfolger, dass sie hier gewesen waren, wie das Bestatten der Leichen, aber das machte inzwischen keinen großen Unterschied mehr. Mit etwas Glück hatten sie sich bereits weit genug vom Schauplatz des Überfalls entfernt, um jeden abzuschütteln, der sich vielleicht an das Verfolgen ihrer Fährte gemacht hatte.
    »Warum bist du so sauer?«, fragte Lyra nicht minder wütend.
    Kilian setzte sich auf den kalten Boden und begann wortlos damit, kleine Grasbüschel aus dem Boden zu rupfen. Dass er damit wie ein bockiges Kind wirkte, nahm er jedoch nur am Rand zur Kenntnis. Lyra setzte sich neben ihn. Er bemerkte aus dem Augenwinkel, wie sie ihn mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen musterte.
    »War es denn wirklich so schlimm?«, fragte sie ohne erkennbaren Anlass.
    »Was?«
    »Etwas für andere zu tun. Mitgefühl zu zeigen.«
    »Falls jemand die Gräber findet …«, begann er.
    »… dann weiß derjenige, dass wir dort waren«, beendete sie den Satz für ihn. »Das wiederholst du ständig. Ist das denn der wirkliche Grund?«
    Nun sah er sie überrascht an.

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