Söldnerehre (German Edition)
gefiel es ihm kein bisschen.
Ganz toll, jetzt bin ich auch noch Kindermädchen!
* * *
Kilian und Logan sowie ihre Anhängsel waren aber nicht die Einzigen, die unterwegs waren. Nari Eskal ritt an der Spitze einer handverlesenen Truppe von Eisernen Schakalen durch das inzwischen wieder instand gesetzte Tor von Eriakum.
Träume von Ruhm, Reichtum und Ehre beherrschten seine Gedanken. Wenn er Logan und die Flüchtlinge zur Strecke gebracht hatte, würde er von Coyle Pollok mit Geschenken und Ehrungen regelrecht überhäuft werden.
Vor seinem inneren Auge stellte er sich die triumphale Rückkehr nach Eriakum vor. Wie er vor seinen Kriegsherrn trat, vor ihm niederkniete und sein Herr ihn über alle anderen Soldaten seines Heeres erhob. Ja, Nari Eskal ging in der Tat einer leuchtenden Zukunft entgegen.
* * *
Von einem Zimmer im höchsten Turm des Palastes von Eriakum beobachtete Coyle Pollok den Aufbruch der Eisernen Schakale. Selbst von hier aus war Nari Eskals aufgeplusterte Gestalt deutlich zu erkennen.
Ein guter Soldat, dachte der Kriegsherr mit einem Hauch Wehmut. Ein Jammer. Falls er diesen Auftrag überlebte, würde er ihn aus dem Weg räumen müssen, denn Eskal wusste dann bereits viel zu viel. Dinge, die besser ungesagt blieben und für immer in der Versenkung verschwanden.
4
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als die Gruppe den Ort des Gemetzels erreichte. Die ersten Anzeichen hatten sie schon von Weitem beobachtet. Dünne Rauchfäden am Horizont und Schwärme von Aasfressern am Himmel, die sich ihr Frühstück sichern wollten.
Es handelte sich um einen Wagentreck, der aus etwa zwei Dutzend abgetakelter, gerade mal fahrtauglicher Fuhrwerke bestand. Zu beiden Seiten der Straße stapelten sich die Leichen. Die Angreifer hatten keinen Unterschied zwischen Mann, Frau oder Kind gemacht und wahllos gemordet.
»Sie waren auf dem Weg nach Westen«, erklärte Silas und schüttelte angesichts von so viel Brutalität den Kopf.
»Ja, nach Erys«, nickte Kilian. »Flüchtlinge, die vor den Moyri davonrannten.«
»Hat ihnen ja viel genutzt«, sagte Darian ebenso fassungslos wie seine beiden Begleiter.
Der Rest seiner Truppe hatte hinter der nächsten Anhöhe Posten bezogen und passte dort auf Lyra und ihre Schützlinge auf. Der Söldneranführer hatte geahnt, was für ein Bild sich ihnen bieten würde, und wollte das den Kindern ersparen. Kilian und Darian hatten den Ort des Überfalls untersuchen wollen. Silas hatte sich ungefragt angeschlossen und jedem Versuch widerstanden, sich abweisen zu lassen.
»So viel sinnloses Blutvergießen.« Silas’ Stimme zitterte vor unterdrücktem Zorn. Seit er den Barden kannte, hatte Kilian ihn noch nie wütend erlebt. Silas war immer beherrscht. Immer gefasst. Bis heute.
»Warum haben sie das getan?«, fragte Darian. »Es gab absolut keinen Grund für diesen Angriff. Sie hätten die Leute ziehen lassen können. In Erys würden sie ohnehin in der Falle sitzen. Warum dieses Massaker?«
»Deshalb«, sagte Kilian und stieß eine der Leichen mit dem Fuß an. Die zerfetzte Kleidung des Mannes verrutschte und gab den Blick auf Teile einer blutverschmierten Rüstung frei. »Unter den Flüchtlingen hatten sich Varis-Soldaten versteckt, die ebenfalls versuchten, nach Erys zu entkommen. Dass sie hier waren, hat das Schicksal der Flüchtlinge besiegelt.«
Silas und Darian begannen, das Gelände nach Überlebenden abzusuchen. Kilian schüttelte über so viel Optimismus und Verschwendung von Zeit und Kraft nur den Kopf. Die beiden würden keine finden. Die Moyri waren in solchen Dingen gründlich. Er kniete sich auf den Boden und untersuchte aufmerksam die Spuren.
Schon sehr bald hatte er eine ziemlich genaue Vorstellung von dem, was hier vorgefallen war. Moyri-Kavallerie hatte die Kolonne von Osten her angegriffen. Mindestens dreihundert Mann. Sie waren in vollem Galopp und mit angelegten Lanzen in die Gruppe geprescht.
Obwohl überrascht und zahlenmäßig unterlegen, hatten sich die Varis verzweifelt gewehrt und den Moyri schwere Verluste zugefügt, aber letztendlich war die Übermacht zu groß gewesen. Weniger als dreißig Varis-Soldaten hatten einen Kreis um die letzten Zivilisten der Gruppe – hauptsächlich Frauen und Kinder – gebildet und dort ihr letztes Gefecht gekämpft.
Die Moyri hatten mitleidlos alle niedergemacht. Aus Sicht der Moyri ergab das sogar Sinn. Tote Frauen konnten keine Kinder mehr gebären und tote Kinder wuchsen nicht
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