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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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in Sofies Kopf. Sie versuchte, sich daran zu erinnern, was sie über Berkeley und die Romantiker gehört hatte. Und Alberto Knox fuhr fort:
    »Aber sie sollten sich deshalb nicht allzu viel einbilden. Und vor allem sollten sie nicht lachen, denn ein solches Lachen kann ihnen sehr schnell im Hals stecken bleiben.«
    »Wem denn?«
    »Hilde und ihrem Vater. Reden wir denn nicht von denen?«
    »Aber warum sollen sie sich nicht allzu viel einbilden?«
    »Weil es gar kein unmöglicher Gedanke ist, dass auch sie nur Bewusstsein sind.«
    »Wie sollte das möglich sein?«
    »Wenn das für Berkeley und die Romantiker möglich war, dann muss es auch für sie möglich sein. Vielleicht ist der Major so ein Schattenbild in einem Buch, das von ihm und Hilde handelt, aber natürlich auch von uns, die ein kleines Teilchen ihres Lebens ausmachen.«
    »Das wäre noch schlimmer. Dann wären wir nur Schattenbilder von Schattenbildern.«
    »Aber es ist denkbar, dass ein ganz anderer Autor irgendwo sitzt und ein Buch schreibt, das von diesem UN-Major Albert Knag handelt, der für seine Tochter Hilde ein Buch schreibt. Dieses Buch handelt von einem gewissen Alberto Knox, der plötzlich anfängt, Sofie Amundsen im Kløverveien 3 bescheidene Philosophielektionen zu schicken.«
    »Glaubst du das?«
    »Ich sage nur, dass es möglich ist. Für uns wäre dieser Autor ein verborgener Gott, Sofie. Obwohl alles, was wir sagen und tun, aus ihm entspringt, weil wir er sind , werden wir nie etwas über ihn wissen können. Wir sind in der allerinnersten Schachtel verstaut.«
    Jetzt saßen Sofie und Alberto lange stumm da. Sofie brach schließlich das Schweigen:
    »Aber wenn es wirklich einen Schriftsteller gibt, der sich die Geschichte über Hildes Vater im Libanon genauso ausdenkt, wie er sich die Geschichte über uns ausgedacht hat ...«
    »Ja?«
    »... dann ist es doch denkbar, dass auch er sich nicht allzu viel einbilden sollte.«
    »Wie meinst du das?«
    »Er sitzt also da und hat Hilde und mich irgendwo tief in seinem Kopf. Aber ist es nicht vorstellbar, dass auch er in einem noch höheren Bewusstsein lebt?«
    Alberto nickte mit dem Kopf.
    »Selbstverständlich, Sofie. Auch das ist möglich. Und wenn es so ist, dann hat er uns dieses philosophische Gespräch führen lassen, um diese Möglichkeit anzudeuten. Dadurch will er betonen, dass auch er ein wehrloses Schattenbild ist, und dass dieses Buch, in dem Hilde und Sofie ihre Leben leben, in Wirklichkeit ein Lehrbuch der Philosophie ist.«
    »Ein Lehrbuch?«
    »Denn alle Gespräche, die wir geführt haben, alle Dialoge, Sofie ...«
    »Ja?«
    »Sind in Wirklichkeit ein Monolog.«
    »Jetzt habe ich das Gefühl, dass sich alles in Bewusstsein und Geist auflöst. Ich bin froh, dass es noch ein paar Philosophen gibt. Die Philosophie, die so stolz mit Thales, Empedokles und Demokrit begonnen hat, kann doch wohl nicht hier stranden?«
    »Natürlich nicht. Ich werde dir von Hegel erzählen. Er war der erste Philosoph, der versucht hat, die Philosophie zu retten, nachdem die Romantik alles in Geist aufgelöst hatte.«
    »Ich bin gespannt.«
    »Um nicht von weiteren Geistern oder Schattenbildern unterbrochen zu werden, gehen wir hinein, ja?«
    »Sowieso ist es ein bisschen kühl.«
    »Abschnitt!«

Hegel
    ... vernünftig ist, was lebensfähig ist ...
    Hilde ließ den großen Ordner mit einem Knall auf den Boden fallen. Sie blieb auf dem Bett liegen und starrte die Decke an. Es schien sich alles zu drehen. Ihr Vater hatte es tatsächlich geschafft, dass ihr schwindlig geworden war. Dieser Schurke! Wie konnte er bloß!
    Sofie hatte also versucht, direkt mit ihr zu reden. Sie forderte Hilde auf, gegen ihren Vater zu rebellieren. Und es war ihr wirklich gelungen, einen Gedanken in Hilde einzupflanzen. Einen Plan ...
    Sofie und Alberto selber konnten ihrem Vater kein Haar krümmen, das war klar. Aber Hilde konnte! Und über Hilde auch Sofie.
    Hilde stimmte Sofie und Alberto darin zu, dass ihr Vater in seinem Spiel mit den Schattenbildern zu weit ging. Obwohl er Sofie und Alberto nur zusammengedichtet hatte, gab es doch Grenzen dafür, wie weit er in der Demonstration seiner Macht gehen durfte.
    Arme Sofie, armer Alberto! Sie waren gegenüber der Phantasie von Hildes Vater genauso wehrlos, wie eine Filmleinwand dem Filmvorführer gegenüber wehrlos ist.
    Natürlich wollte Hilde ihm einen Denkzettel verpassen, wenn er nach Hause kam. In scharfen Konturen sah sie noch im selben Augenblick die Skizze eines listigen

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