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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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leben.
    Aber ich will nicht, dass du zu diesen Menschen gehörst. Ich gebe mir alle Mühe, dich mit deinen historischen Wurzeln bekannt zu machen. Nur so wirst du zum Menschen. Nur so bist du mehr als ein nackter Affe. Nur so wirst du nicht im leeren Raum schweben.
    »Nur so wirst du zum Menschen. Nur so bist du mehr als ein nackter Affe ...«
    Sofie starrte noch eine Weile durch die kleinen Löcher in der Hecke in den Garten. Jetzt war ihr langsam klar, wie wichtig es ist, seine historischen Wurzeln zu kennen. Dem Volk Israel war es jedenfalls wichtig gewesen.
    Sie selber war einfach nur ein zufälliger Mensch. Aber wenn sie ihre historischen Wurzeln kannte, wurde sie etwas weniger zufällig. Sie selber lebte nur wenige Jahre auf diesem Planeten. Aber wenn die Geschichte der Menschheit auch ihre eigene Geschichte war, war sie in gewisser Weise viele tausend Jahre alt.
    Sofie sammelte alle Blätter auf und kroch aus der Höhle. Mit munteren Sprüngen lief sie durch den Garten und auf ihr Zimmer.

Das Mittelalter
    ... ein Stück des Weges zurückzulegen ist nicht dasselbe wie sich zu verlaufen ...
    In der nächsten Woche hörte Sofie nichts von Alberto Knox. Sie bekam auch keine Karten mehr aus dem Libanon, aber sie redete immer wieder mit Jorunn über die Karten, die sie in der Majorshütte gefunden hatten. Jorunn war völlig außer sich gewesen. Aber als dann nichts mehr geschah, verlor sich ihr erster Schrecken bei Hausaufgaben und Federball.
    Sofie las Albertos Briefe viele Male und suchte einen Hinweis, der die Sache mit Hilde erklären könnte. Auf diese Weise konnte sie sich auch ausgiebig die Philosophie der Antike einverleiben. Es fiel ihr bald nicht mehr schwer, Demokrit und Sokrates, Platon und Aristoteles auseinander zu halten.
    Am Freitag, dem 25. Mai, stand sie vor dem Herd und kochte das Abendessen, weil ihre Mutter bald von der Arbeit nach Hause kommen würde. Das war ihre übliche Freitagsverabredung. Heute kochte Sofie Fischsuppe mit Klößen und Möhren. Ganz einfach.
    Draußen war Wind aufgekommen. Während Sofie im Kochtopf rührte, drehte sie sich um und sah aus dem Fenster. Die Birken wiegten sich wie die Ähren.
    Plötzlich schlug etwas gegen die Fensterscheibe. Wieder fuhr Sofie herum und jetzt entdeckte sie ein Stück Pappe, das an der Fensterscheibe klebte.
    Sofie trat ans Fenster und sah, dass es sich um eine Ansichtskarte handelte. Durch das Glas las sie: »Hilde Møller Knag, c/o Sofie Amundsen ...«
    Das hatte sie sich ja gleich gedacht. Sie öffnete das Fenster und holte die Karte herein. Die war ja wohl nicht den weiten Weg vom Libanon hergeflogen?
    Auch diese Karte war datiert: »Freitag, 15.6.«.
    Sofie nahm den Topf vom Herd und setzte sich an den Küchentisch. Auf der Karte stand:
    Liebe Hilde!    Ich weiß nicht, ob du immer noch Geburtstag hast, wenn du diese Karte liest. Einerseits hoffe ich das ja, jedenfalls habe ich die Hoffnung, dass noch nicht zu viele Tage vergangen sind. Dass für Sofie eine oder zwei Wochen verstreichen, bedeutet ja nicht, dass es uns genauso geht. Ich komme am 23.6. nach Hause. Dann werden wir lange auf der Hollywoodschaukel sitzen und zusammen auf den See blicken, Hilde. Wir haben uns viel zu sagen. Grüße von Papa, den der jahrtausendelange Streit zwischen Juden, Christen und Moslems bisweilen deprimiert. Immer wieder muss ich mich daran erinnern, dass alle drei Religionen auf Abraham zurückgehen. Aber dann müssen sie doch auch zum selben Gott beten? Hier unten sind Kain und Abel immer noch nicht fertig damit, einander totzuschlagen.
    PS. Würdest du vielleicht Sofie grüßen? Armes Kind, noch hat sie nicht begriffen, wie alles zusammenhängt. Aber das hast du vielleicht?
    Sofie beugte sich erschöpft über die Tischplatte. Ganz sicher und gewiss war jedenfalls, dass sie nicht begriff, wie alles zusammenhing. Und Hilde begriff das also vielleicht?
    Wenn Hildes Vater Hilde bitten konnte, Sofie zu grüßen, dann musste das bedeuten, dass Hilde mehr über Sofie wusste als Sofie über Hilde. Es war alles so kompliziert, dass Sofie sich lieber wieder dem Kochtopf zuwandte.
    Eine Karte, die ganz von selber gegen das Küchenfenster klatschte. Luftpost im wahrsten Sinne des Wortes ...
    Kaum hatte sie den Topf wieder auf den Herd gesetzt, als das Telefon schellte.
    Wenn das nun ihr Vater war! Wenn er bloß nach Hause käme, dann würde sie ihm alles erzählen, was sie in den letzten Wochen erlebt hatte. Aber es war wohl nur Jorunn oder Mama ... Sofie

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