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Soforthilfe bei Stress und Burn-out

Titel: Soforthilfe bei Stress und Burn-out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Kraemer
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Belastungen nur belastbarer und leistungsfähiger werden zu können - so wie man Muskeln aufbauen und trainieren kann -, fehlt einem der Zugang zu einer wichtigen Ressource. Darum ist es aus meiner Sicht nötig, sich selbst als Mensch zuzugestehen, dass die Hormonbildung ein eigener biologischer Prozess nach jeder Wahrnehmung ist, die im Körper geschieht, bevor die Information in den bewussten und damit willentlich steuerbaren Hirnteil eintritt.
    Die Wahrnehmung unserer gewohnten Kraft ist das Ergebnis unserer Prägung. Diese Prägung hat nur innerhalb unserer frühen Kindheit ohne unsere Beeinflussung stattgefunden. Spätestens mit der Pubertät beginnt die Möglichkeit, Entscheidendes dazu beizutragen. Und als Erwachsene haben wir die Möglichkeit, diese Prägung bewusst zu gestalten, anstatt sie zu verdrängen oder zu verleugnen. Dafür ist es nie zu spät: Gerade einmal bei 0,3 Prozent der Menschen liegt ein genetischer Defekt vor, der diese Gruppe davon abhält, aus ihren vorhandenen Ressourcen Neues zu kreieren. Es liegt also an jedem von uns, ob wir alles so belassen wollen, wie es ist, oder ob wir
an unserer Grundlage, in Belastungen gelassen zu bleiben, arbeiten wollen. Und diese Entscheidung muss und kann jeder selbst treffen.
    Diese Frage nach der eigenen Entscheidung bringt auch mich als Autor wieder einmal ins Spiel, da ich dieses Buch ja auch wegen meiner eigenen Burn-out-Erfahrung geschrieben habe: Gute Ratschläge anderen zu erteilen ist viel einfacher, als sich selbst rechtzeitig in der Stressspirale zu bremsen.
    Nachdem ich mir acht Wochen Auszeit gegeben und zehn Kilo abgenommen hatte, blickte ich ein wenig beschämt auf die letzten acht Monate. Eigentlich hätte ich diese Erfahrung ja nicht gebraucht, und in der Theorie ist alles so einfach … Obwohl ich ja angeblich weiß, wie ich auf Stress zu reagieren habe, gelang es mir nicht, die nötige Distanz zu bewahren. Ich leugnete viele meiner Bedürfnisse. Meine Entscheidungen wurden immer stressgesteuerter - ein nicht unbeträchtliches Risiko für einen unternehmerisch selbstständigen Menschen. Ich arbeitete mit einem Coach zusammen, und durch seinen reflektierenden Blick wurde mir klar, dass ich aufgrund meiner Prägung dazu neige, unter Stress mein Vertrauen in andere Personen zu verlieren: Je höher mein Stresspegel, desto größer die Tendenz, schwierige Aufgaben selbst zu übernehmen.
    Dies hatte nach zwei Seiten hin fatale Folgen: Zum einen wurden die zeitlichen Anforderungen an mich immer enger, die Ergebnisse mussten immer schneller erbracht werden (was im Übrigen nicht zur Qualitätssteigerung beiträgt). Dabei wurde ich gegenüber anderen Personen immer unzuverlässiger. Meine Kommunikation mit anderen wurde schneller und kürzer, was einige Missverständnisse
auslöste. Zum anderen ließen einige Mitarbeiter, die von ihrer Aufgabe »entlastet« wurden, immer mehr Aufgaben fallen und gingen in die Warteposition - denn mein Verhalten war für sie demotivierend. Und so wurde es immer ungemütlicher: Die Stressspirale begann sich immer schneller zu drehen.
    Um dies zu erkennen, musste ich durch meinen Körper gebremst werden. Es brauchte acht Wochen Auszeit mit Bewegungsübungen und Ernährungsumstellung, damit ich langsam wieder eine gewisse Klarheit über mich gewinnen konnte. Mit der dadurch gewonnenen Erkenntnis hatte ich aber auch eine neue Aufgabe: Trotz meiner Prägung musste ich lernen, anderen Menschen die Verantwortung nicht wegzunehmen, auch dann nicht, wenn ich dadurch von einem höheren Cortisolpegel gesteuert wurde. Ich hatte zu lernen, die Distanz nicht zu verlieren und selbst derart in der Balance zu bleiben, dass ich aus einer Grundgelassenheit heraus die nötigen Beurteilungen und Entscheidungen treffen kann.

Leistungsbereitschaft und Embodiment
    Embodiment drückt die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche aus. Diese gegenseitige Wechselwirkung achtsam wahrzunehmen, ist die Voraussetzung für einen bewussten Umgang mit Körper und Psyche in einem funktionierenden Gesamtsystem »Mensch«. Bei funktionalen Störungen ist erst recht das Zusammenspiel von Körper, Geist und Psyche gefordert und nicht die leider weitverbreitete getrennte Betrachtungsweise.
    Im Normalfall ist der menschliche Körper unser wichtigstes
Feedback-Instrument. Er kann uns spüren lassen, ob es uns gut geht oder schlecht.

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