Sog des Grauens
ging an der dünnen Linie von bewaffneten Männern entlang. Jedem der Männer stellte er eine Frage und verteilte Munition aus einer Kiste, die zwei Mann ihm hinterhertrugen. Als er zu Causton kam und die Frage stellte, riß Causton nur das Schloß seines Gewehres auf, um zu zeigen, daß das Magazin leer war. Der Sergeant drückte ihm zwei Streifen Munition in die Hand und ging weiter.
Causton sah zu den Lastwagen hinüber. Gewehre wurden von einem abgeladen und an die unbewaffneten Männer ausgegeben. Sie reichten bei weitem nicht für alle. Er spielte nachdenklich mit der Munition in seiner Hand und sah einen der Lastwagen wegfahren, mit Benzin, das aus den anderen stammte. Serrurier gingen Treibstoff, Waffen und Munition aus, oder, was wahrscheinlicher war, er hatte genug davon, aber am falschen Ort zur falschen Zeit. Es war sehr wahrscheinlich, daß seine Nachschuborganisation schrecklich durcheinander war, als Folge von Favels unerwartet erfolgreichem Vorstoß.
Er lud sein Gewehr und steckte den anderen Streifen Munition in die Tasche. Serruriers Nachschubschwierigkeiten würden möglicherweise den Tod eines guten Auslandskorrespondenten herbeiführen; dies war ganz bestimmt kein gesunder Aufenthaltsort. Trotz seiner Abneigung gegen Schußwaffen hielt er es doch für gut, bereit zu sein. Er sah sich um und wägte seine Chancen davonzukommen. Aber er mußte leider feststellen, daß sie gleich Null waren. Aber wer wußte, was ein Wechsel des Kriegsglücks bringen würde?
Es wurden wieder Befehle geschrien, und die Männer trotteten wieder los, diesmal im rechten Winkel zu ihrer ursprünglichen Marschrichtung aus dem Stadtzentrum, und Causton schloß daraus, daß sie sich parallel zur Kampffront bewegten. Sie gerieten in eine der ärmsten Gegenden von St. Pierre, eine Ansammlung von Hütten aus flachgeklopften Kerosintrommeln und Wellblech. Es waren keine Zivilisten zu sehen; entweder hielten sie sich in den primitiven Behausungen verborgen, oder sie hatten sich eilig davongemacht.
Die Marschrichtung änderte sich wieder auf den Kampflärm zu und sie kamen auf ein offenes Gelände, eine der sich in die Vororte hineinschiebenden Landzungen. Hier wurden sie angehalten und zu einer langen Linie auseinandergezogen, und Causton dachte sich, daß sie hier wohl Stellung beziehen sollten. Die Männer begannen sich einzugraben. Sie hatten keine Werkzeuge und benutzten nur ihre Bajonette, und Causton tat eifrig das gleiche.
Er fand, daß man ihm einen übelriechenden Fleck zum Sterben zugeteilt hatte. Dieses offene Gelände in der Nähe der Hüttenstadt war ein Müllplatz, auf den die wenig hygienebewußten Bürger alles warfen, wofür sie keine Verwendung mehr hatten. Unvorsichtigerweise stach er mit seinem geliehenen Bajonett in einen aufgedunsenen Hundekadaver, der unter einem Haufen Asche halb vergraben war – schrecklich stinkende Gase entwichen mit einem leisen Zischen, und Causton würgte es. Er begab sich etwas zur Seite und fing wieder zu graben an. Diesmal hatte er mehr Erfolg und fand, daß das Graben auf einem Müllplatz einen Vorteil hatte – es war sehr leicht, ein mannsgroßes Loch auszuheben.
Als er sich eingegraben hatte, sah er sich um, zuerst nach hinten, in der Hoffnung auf einen Fluchtweg. Direkt hinter ihm lag der Sergeant. Er sah hart und unerbittlich aus, und der Lauf seines Gewehres zeigte nach vorn, vielleicht absichtlich, direkt auf Causton. Hinter dem Sergeanten, eben vor der ersten Reihe von Hütten, lagen des Hauptmanns Bullenbeißer, ihre leichten Maschinengewehre in Stellung, bereit, jeden niederzumähen, der davonlaufen wollte. Und hinter den Soldaten war der Hauptmann selbst, von hinten führend, aus der Deckung hinter einer Hütte. Neben der Hütte stand der Jeep mit laufendem Motor, und Causton vermutete, daß der Hauptmann sich absetzen würde, wenn die Linie durchbrochen würde. In der Richtung war nichts zu machen.
Er wandte sich nach vorn. Der offene Geländestreifen dehnte sich nach beiden Seiten aus, so weit er sehen konnte, und er war wohl einen halben Kilometer breit – oder vielleicht vierhundert Meter. Auf der anderen Seite standen die besser gebauten Häuser der wohlhabenderen Bürger von St. Pierre, deren Exklusivität durch diesen Streifen Niemandsland hervorgehoben und gegen die Hütten abgeschirmt wurde. Dort drüben wurde offensichtlich gekämpft; Granaten krepierten mit schrecklicher Regelmäßigkeit und warfen großzügig Teile von brauchbaren Wohnhäusern
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