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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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Der Revolver ging los, und Roseau drehte sich, verlor den Halt und stürzte vornüber in die Trümmer unter ihm. Sein Arm legte sich über die Schulter des Toten und der neuerlich aufgewirbelte Staub setzte sich wieder auf die offenen, verwundert blickenden Augen des Toten.
    Dawson holte tief Luft. »Jesus! War das ein unnachgiebiger Hund. Vielen Dank, Wyatt.«
    Wyatt zitterte. Er stand auf dem Sims und wartete, bis das Zittern aufhören würde. Dawson sah auf Roseau hinunter: »Er wollte Sie hineinziehen – ich tat es nicht, Wyatt. Ich habe ihm nichts erzählt.«
    »Ich hatte das auch nicht angenommen«, sagte Wyatt ruhig. »Wir wollen sehen, daß wir herunterkommen. Es ist hier jetzt nichts los, aber das könnte sich verdammt schnell ändern.«
    Langsam kletterten sie auf die Straße hinunter. Es war schwierig für Dawson, weil seine Hände schmerzten, aber Wyatt half ihm. Als sie auf dem Gehsteig standen, fragte Dawson: »Was tun wir jetzt?«
    »Ich gehe zurück zum Imperiale«, sagte Wyatt. »Ich muß Julie finden. Ich muß wissen, ob sie noch in St. Pierre ist.«
    »In welcher Richtung ist das?«
    »Quer über den Platz«, sagte Wyatt und zeigte die Richtung.
    Sie gingen über die Place de la Libération Noire, und Dawson starrte entsetzt auf die Folgen des Blutbades. Es lagen Leichen überall, zu Hunderten. Sie konnten nicht mehr als fünf Meter geradeaus laufen, ohne ausweichen zu müssen, und sie gaben es schließlich auf und stiegen über die Toten hinweg. Plötzlich drehte Dawson sich um und übergab sich; er hatte lange nichts gegessen oder getrunken, und sein Erbrechen war trocken und anstrengend.
    Wyatt stieß mit dem Fuß an etwas, das metallen und hohl klang. Er sah herunter und fand den Kopf eines Mannes; die Augen starrten ausdruckslos, und in der linken Schläfe war ein Loch.
    Es war der Bronzekopf des Serrurier-Standbildes.

5
    Causton marschierte nach dem Donner der Geschütze.
    Er schwitzte in der Sonnenhitze, während er frisch ausschritt nach der peitschenden Stimme des Sergeanten und überlegte, wie er sich aus dieser Patsche befreien könnte. Wenn er für einige Minuten aus der Marschkolonne herauskommen könnte, brauchte er nur die Bluse und das Gewehr wegzuwerfen, und er wäre wieder ein Zivilist; aber dafür bestand wohl wenig Aussicht. Die schon einmal Desertierten wurden sorgsam bewacht von Soldaten mit Maschinenpistolen, und der Offizier fuhr ständig in seinem Jeep vom einen zum anderen Ende der Kolonne.
    Er stolperte ein wenig und nahm dann wieder Schritt auf. Der Mann neben ihm sprach ihn in der Inselsprache an, offensichtlich fragte er etwas. Causton spielte den Stummen – im wahrsten Sinne des Wortes; er machte einige Bewegungen mit den Fingern und hoffte inbrünstig, daß der Soldat nicht merkte, daß er nur so tat. Der Mann stieß ein schrilles Lachen aus und stieß den Mann vor ihm ins Kreuz. Er hielt es offenbar für äußerst spaßig, daß sie einen stummen Soldaten in ihren Reihen hatten, und neugierige Blicke trafen Causton. Er hoffte, daß der Schweiß die Schuhkreme nicht zum Laufen brachte.
    Nicht weit voraus hörte er den Lärm von Infanteriewaffen – das Tack-tack eines Maschinengewehres und das unregelmäßige und sporadische Gewehrgeknatter – viel näher, als er erwartet hatte. Favel hatte die Front weit in die Vororte von St. Pierre vorgeschoben und verschoß, nach den Geräuschen zu urteilen, Unmengen von Munition. Causton zuckte zusammen, als hundert Meter rechts von ihnen eine Granate einschlug und einen Schuppen zerstörte, und das Marschtempo der Kolonne verzögerte sich merklich.
    Der Sergeant schrie, der Offizier schimpfte, die Kolonne wurde wieder schneller. Bald darauf bogen sie in eine Seitenstraße ab und hielten dort. Causton betrachtete interessiert die Armeelastwagen, die dicht aufgefahren am Straßenrand abgestellt waren. Er bemerkte, daß die meisten von ihnen leer waren. Er sah auch, daß Männer Benzin aus den Tanks einiger der Fahrzeuge abzapften und damit die Tanks anderer füllten.
    Der Offizier trat vor sie und redete wieder auf sie ein. Auf etwas, das offenbar eine Frage war, hoben mehrere der Männer die Gewehre und schwenkten sie, also tat Causton dasselbe. Auf ein kurzes Kommando von dem Offizier traten diese Männer heraus und stellten sich auf der anderen Seite der Straße an, Causton mit ihnen. Der Offizier zog offensichtlich die Bewaffneten heraus, so daß die übrigblieben, die ihre Gewehre weggeworfen hatten.
    Ein Sergeant

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